„Wir wollen Nord Stream 2“
DRESDEN - Morgen reist Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (45, CDU) nach Moskau. Neben einer Ausstellungseröffnung wird es auch Gespräche mit Politikern geben. Gestern veröffentlichten wir den ersten Teil des großen Morgenpost-Interviews mit dem Sachsen-MP. Dabei ging es um den russischen Impfstoff Sputnik V. Lesen Sie heute Teil 2 des Gesprächs zu weiteren politischen Themen.
MOPO: Die Beziehungen zwischen Russland und Deutschland waren schon einmal besser.
MP: Wir sind in einer extrem schwierigen Situation mit Russland. Es wird nicht viel gesprochen, es findet nicht viel Kooperation statt. Und in so einer Phase sind es oft die Kultur und die Wissenschaft, die dann trotzdem noch die Menschen zusammenbringen. Und darum haben wir und das Auswärtige Amt die Bemühungen der Staatlichen
Kunstsammlungen für die Ausstellung mit der Tretjakow-Galerie unterstützt. Dieses Projekt ist ein Türöffner, um auch über andere Sachen zu sprechen.
Auch über heikle Themen?
Wir sind hier in Deutschland viel zu sehr mit uns selbst beschäftigt. Immerhin haben wir in der Ostukraine einen Truppenaufmarsch, wie es ihn zuletzt 2014 gab. Es reicht ein kleiner Funken, um diesen Konflikt im Donbass wieder zum Brennen zu bringen. Wir werden die Gelegenheit nutzen, um in Moskau deutlich zu sagen: Es gibt ein Minsker Abkommen, es gibt als Format das Normandie-Verfahren - das sind die Orte und Regeln, nach denen man den Konflikt klären muss. Russland hat da eine ganz zentrale Rolle. Wir appellieren an die russische Seite, diese Verantwortung auch wahrzunehmen und diesen Konflikt nicht eskalieren zu lassen.
Sprechen Sie auch das Thema Krim an?
Das, was dort passiert, ist ein klarer Völkerrechtsbruch. Ich würde das dort auch so benennen.
Wer begleitet Sie?
Es kommt eine große Wirtschaftsdelegation mit. Russland ist ein wichtiger Partner. Wir wollen, dass diese Kontakte
weitergehen. Wir wollen nicht, dass sich Russland eher nach China orientiert.
Die USA fordern eine Einstellung von Nord Stream 2.
Wir wollen Nord Stream 2. Wir finden das Vorgehen Amerikas nicht akzeptabel. Es werden wirtschaftspolitische Interessen mit politischen vermischt. Da haben Russland und die Investoren unsere volle Unterstützung.
Das sehen andere Deutschland aber anders.
Man kann immer nur, auch in der innenpolitischen Debatte gegenüber den Grünen, beispielsweise sagen: Es braucht in der Außenpolitik Kontinuität und Verlässlichkeit. Man kann ein von Vorgängerregierungen vereinbartes Milliardenprojekt nicht aus innenpolitischen Gründen kaputt machen. Das würde weitreichende Folgen haben für das Verhältnis Russland-Deutschland. Das
in darf auf keinen Fall passieren.
Ihre Haltung, wenn Sie sie auch dort so formulieren, wird hierzulande nicht jedem schmecken.
Mit Sicherheit. Und es wird eine wüste Beschimpfung geben, dass wir das alles falsch einschätzen. Dass uns das alles nichts angeht. Schon allein deshalb machen wir diese Reise: Weil dieser Freistaat und die Menschen, die in ihm leben, schon eine sehr genaue Vorstellung von dem haben, was aus ihrer Sicht richtig ist, wofür sie eintreten.
Mit wem, außer dem Gesundheitsminister, sprechen Sie noch?
Mit dem Ministerpräsidenten. Mit Vertretern der Zivilgesellschaft, also durchaus auch der Opposition und Bürgerrechtsvertretern.