Gulacsi & Co. glauben an sich
BUDAPEST - Peter Gulacsi legte nach seiner nächsten EM-Heldentat die Hand auf sein Herz und schmetterte gemeinsam mit Ungarns übrigen Fußball-Helden sowie 50 000 ekstatischen Fans die Nationalhymne.
Wieder einmal war der überragende Torwart von RB Leipzig zur kaum überwindbaren Ein-Mann-Mauer mutiert, an der im Hexenkessel von Budapest selbst Kylian Mbappé und Weltmeister Frankreich verzweifelten. Und Gulacsis Paraden hielten beim 1:1 (1:0) den Traum aller Ungarn am
Leben: Die Rache für das Wunder von Bern 1954.
„Ich bin unglaublich stolz, dass wir gegen das beste Team der Welt unentschieden gespielt haben“, sagte Gulacsi nach dem Achtungserfolg gegen die Franzosen:
„Wir haben unsere Chancen auf das Achtelfinale mit großem Kampfgeist und etwas Glück am Leben erhalten.“
Völlig entfesselt jubelte der 31 Jahre alte Schlussmann nach Abpfiff, sank auf die Knie und ballte die Hände zu Fäusten, während aus dem französischen Block Getränkebecher
auf ihn flogen. Das war aber egal, denn der Punkt fühlte sich an wie ein Sieg.
„Es ist gut, Ungar zu sein - wir haben den Weltmeister bekämpft“, schrieb die Sportzeitung „Nemzeti Sport“, auch Ministerpräsident Viktor Orban jubelte im Stadion mit den Zuschauern. Am Mittwoch hat der klare Underdog in der Todesgruppe F in München tatsächlich sein Finale um das Achtelfinal-Ticket. Bis zum Deutschland-Spiel werden in Ungarn nun sicher die Erinnerungen an das schmerzvolle 2:3 gegen die Deutschen im WM-Finale vor 67 Jahren aufblühen, aber Nationaltrainer Marco Rossi setzte lieber auf eine gesunde Mischung aus Euphorie und Bescheidenheit.
„Ich habe die EM immer im Fernsehen gesehen, jetzt bin ich 56, und ich fühle mich wie ein Kind im Freizeitpark“, sagte der Italiener, der von 1996 bis 1997 kurz für Eintracht Frankfurt gespielt hatte: „Ich sage jetzt aber nicht, wir fahren nach München und gewinnen dort. Wir werden nach München fahren und unser Bestes versuchen, um dort zu gewinnen.“