„Die Leute müssen wieder zueinanderfinden“
Bereitschaftspolizist beklagt vergiftetes Klima in Sachsen
LEIPZIG - Nahezu täglich Demo-Einsätze, Einschränkungen durch Corona-Maßnahmen und die zunehmende Alltags-Aggressivität bringen Sachsens Bereitschaftspolizei derzeit an die Belastbarkeitsgrenze. Im Gespräch mit der Morgenpost wünscht sich Hundertschaftsführer Mario Täuber (44) vor allem eines: eine Rückkehr zum respektvollen Miteinander.
Mario Täuber ist seit 1999 Polizist. Aktuell führt er eine Hundertschaft in Leipzig. Allein
in der Messestadt musste die Bereitschaftspolizei zwischen Dezember und Mai 68 Versammlungen absichern. Das waren mehr als doppelt so viele Einsätze wie im Vorjahreszeitraum. Hinzu kamen Einsätze in Dresden und im Erzgebirge, auch in anderen Bundesländern. Dreimal war Täuber mit seiner Hundertschaft in den vergangenen Monaten allein zur Absicherung von Demos in Berlin.
Einsatzreiche Phasen gebe es immer wieder, erklärt der Erste Hauptkommissar, der seit 2002 bei der „Bepo“ist. „Dieses Mal hat man jedoch nicht nur eine quantitative Belastung, sondern auch eine qualitative.“So habe sich das Verhalten gegenüber Polizisten verändert, speziell bei Versammlungen mit Corona-Bezug, erzählt Täuber. „Die Pandemie und die Auswirkungen sowohl auf die Gesellschaft als auch auf den Einzelnen haben extrem dazu beigetragen, das Klima zu vergiften.“Sachliche Argumente würden oftmals nicht mehr angenommen, beklagt der Hundertschaftsführer. Über Recht und Gesetz werde sich hinwegsetzt.
„Dazu kommt, dass die Corona-Beschränkungen
auch uns als Bereitschaftspolizisten treffen“, berichtet Täuber. Seine Beamten mussten deutliche Abstriche bei Fortbildungsmaßnahmen machen. „Teamsport und ähnliche Aktivitäten, die auch zur Entspannung beitragen, mussten ebenfalls zurückgefahren werden.“
Täuber hofft, dass sich das gesellschaftliche Klima bald entspannt. „Die Leute müssen wieder zueinanderfinden“, sagt er und fordert ein respektvolles Miteinander, vor allem im Diskurs. „Dafür sind wir gern zu haben.“