Elfmeter-Held Jorginho! „Kalt wie ein Frosch“
LONDON - Jorginho schlug stolz auf das Italien-Wappen über seinem Herzen, als er die Squadra Azzurra auf die coolste aller Arten ins EM-Finale geschossen hatte. Vor Tausenden tobenden Tifosi im Wembley-Stadion zerrte er, der gebürtige Brasilianer, an dem azurblauen Leibchen, als wollte er sagen: Den Elfmeter habe ich nur für dieses Trikot verwandelt.
„Es fühlt sich wunderbar an“, sagte der Mittelfeldstratege des FC Chelsea, nachdem er das Elfmeterschießen im Halbfinale gegen Spanien (1:1 n.V., 4:2 i.E.) gewohnt lässig entschieden hatte. Eingesprungener Anlauf, federleichter Schuss ins rechte untere Eck, Tor. Das Algemeen Dagblad kommentierte: „Jorginho war beim entscheidenden Elfmeterschuss so kalt wie ein Frosch.“
Aber nicht nur wegen dieses Elfers ist der 29-Jährige ein Hauptgrund dafür, dass Italien im Endspiel in London nach dem zweiten EM-Titel nach 1968 greift. In der italienischen Heimat feierte ihn die Gazzetta dello Sport als „neuen Maestro“- eine klare Anspielung an den früheren Spielmacher Andrea Pirlo. Jorginho lenkt die Mannschaft bei dieser Europameisterschaft, wie Pirlo es einst tat. Auch am Champions-League-Sieg Chelseas hatte er mit seinen klugen Pässen einen Löwenanteil.
Als Jorge Luiz Frello Filho, wie Jorginho vollständig heißt, in der 50 000-Seelen-Stadt Imbituba in Brasilien aufwuchs, war an derlei überhaupt nicht zu denken. In eine Familie mit italienischen Wurzeln hineingeboren, weckte seine Mutter in ihm die Leidenschaft für den Fußball. Als Jorginho 15 Jahre alt war, lud ihn der damals drittklassige Klub Hellas Verona ein. Als Jugendlicher verließ er sein Elternhaus für ein ungewisses Abenteuer in Italien. Mit der Zeit kamen dem schmächtigen Jungen Zweifel. Teilweise lebte er in einem Kloster und von 20 Euro in der Woche. Es war seine Mutter, die ihn mit 17 davon abhielt alles hinzuschmeißen.