Böttchers Wort zum Freitag
Was haben wir uns alle diese Zeit herbeigesehnt. Endlich wieder im Biergarten sitzen, endlich wieder ins Theater gehen, endlich wieder Kultur und Leben genießen! Und das ohne schlechtes Gewissen, dass man eventuell doch irgendeine Vorschrift übersehen haben könnte. Es geht wieder viel - ja fast alles - und trotzdem geht so gut wie gar nichts.
Da hat man als Künstler viele Monate zu Hause gesessen und auf den Startschuss gewartet. Der übrigens offiziell nie erfolgt ist. Keiner hat gesagt: So, Leute, nun fangt mal an zu planen! Nee, alle Infos mussten wir uns selber aus den Untiefen von Verordnungstexten und Verlautbarungen der Politiker ziehen. Also wieder Geld investiert. In Neuanfang, Werbung, Personal usw.
Viele, die für den Sommer Veranstaltungen auf die Beine gestellt haben, müssen sich jetzt bereits eingestehen: Das, was da in anderthalb Jahren kaputtgegangen ist, kannst du nicht mal eben reparieren. Auf der einen Seite fehlen den Veranstaltern und Gastronomen die Leute, weil die verständlicherweise längst das Weite gesucht haben - und auf der anderen Seite fehlt den Besuchern das Vertrauen. Gerade Letzteres wird nicht unbedingt durch Berichte über erneut steigende Inzidenzen und der drohenden vierten Welle (auf die man sich ja so gar nicht vorbereiten kann) gestärkt.
Also sind wir wieder die Gelackmeierten. Wenn wir keine Veranstaltungen anbieten, gehen wir irgendwann endgültig vor die Hunde. Bieten wir welche an, müssen wir damit rechnen, dass die Gäste aus Unwissenheit oder Angst fernbleiben. Klar kann man jetzt sagen: unternehmerisches Risiko. Aber hier sterben nicht nur Unternehmen. Hier stirbt Kultur.
Die Veranstalter brauchen wieder Sicherheit, dass ihre
Konzepte längerfristig tragen. Und ja, eventuell auch wieder finanzielle Unterstützung. Und wir brauchen Besucher, die wieder Vertrauen haben, sich aufraffen, Ängste überwinden und wieder in die Häuser, zu den Bühnen und Open Airs gehen. Sie sind bei uns sicher. Wenn wir wollen, dass es wie früher wird, müssen wir alle gemeinsam anfangen.
PS: Am 30. und 31. Juli bin ich im Augusto-Sommergarten am Haus der Presse in Dresden, mit meinem Programm „Blasenfrei zapfen“. Wer den Text gelesen hat, ahnt es schon: Restkarten verfügbar.
Schönes Wochenende, Euer Thomas Böttcher