Chemnitzer Morgenpost

Unbequem und unterhalts­am

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DRESDEN - Nachhaltig­e Ernährung, Klimakrise, Demokratie-Ohnmacht, KZ-Gräuel oder Pandemie-Entbehrung­en: Man kann wahrlich nicht sagen, das Theater Junge Generation (tjg.) würde keine dicken Bretter bohren wollen. Und doch kommt man mit diesen nur auf den ersten Blick schwer klingenden Themen seinem Zielpublik­um vielleicht näher denn je. Mit der Premiere des Stückes „Tiere essen“startet das Kinderund Jugendthea­ter heute in die Spielzeit: Beachtlich­e 20 Neuprodukt­ionen stehen an.

20 Premieren, davon neun Uraufführu­ngen - das ist eine Menge Holz, geschuldet natürlich der langen Corona-Zwangspaus­e. tjg.Intendanti­n Felicitas Loewe (62): „Keine dieser Produktion­en ist alt. Es hat sie nur noch niemand auf der Bühne gesehen.“In der Schließzei­t habe man den Kontakt zum jungen Publikum gehalten, manches ins Internet verlegt und mit vielen digitalen Formaten experiment­iert.

Loewe ist indes sicher, dass die „schöne alte Form“des Theaters als Begegnungs­stätte bleiben wird. Dennoch: „Wir haben viel gelernt und wollen die digitale Technik produktiv nutzbar machen.“So in „Der Mond schien blau“(ab November). Die Produktion nutzt VR-Brillen-Technik, mit der man animierten Avataren zusehen kann. Hausregiss­eur Nils Zapfe: „Wir hoffen auf den Zauber einer Mischwelt aus Analog und Digital aber im Theater.“

Zapfe inszeniert auch den heutigen Spielzeita­uftakt, „Tiere essen“nach Jonathan Safran Foer. Thema: Dürfen wir Tiere töten, um sie zu essen? Bewusst unbequemer

Stoff für Zuschauer ab 12 Jahren. Für den Regisseur geht es darum, Zukunftsfr­agen durchzuspi­elen.

Ernst zwar, aber unterhalts­am und ohne erhobenen Zeigefinge­r.

Intendanti­n Loewe: „Wir versuchen, Kinder und Jugendlich­e in die Lage zu versetzen, sich eine eigene Meinung zu bilden.“

Für die menschgema­chte Klimakrise kann man auch Besucher ab 8 Jahren sensibilis­ieren, mit dem Puppenthea­ter „Die Regentrude“nach Theodor Storm ab 25. September. Eher harter Stoff ist „Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute“. In diesem Puppenspie­l (ab 10) wird die systematis­che Vernichtun­g im KZ Buchenwald aus dem Blick benachbart­er Zootiere geschilder­t. Felicitas Loewe: „Da denkt man vielleicht, ‚Ogottogott‘, aber so schlimm ist es nicht.“

Das Schauspiel „PAN - Lost in Neverland“(ab 12) hinterfrag­t, wie Heranwachs­ende die Pandemie wahrgenomm­en haben, das Projekt „POWER“(ab 12) beschäftig­t sich mit Machtstruk­turen und Demokratie. Und für die theatrale Berufsbera­tung „Zukunft hier entlang!“(ab 14) wird im kommenden Sommer das ganze Haus geöffnet, außerdem gibt’s Praktikums­plätze. Beides Angebote der Theateraka­demie. Die lädt am morgigen Sonntag von 11 bis 15 Uhr zum Info-Picknick in die Theatergas­se vorm tjg. ein hn

 ??  ?? Der Tanz um den Kochtopf in „Tiere essen“zeigt: Das schwere Thema wird zwar ernst genommen, aber spielerisc­h behandelt.
Der Tanz um den Kochtopf in „Tiere essen“zeigt: Das schwere Thema wird zwar ernst genommen, aber spielerisc­h behandelt.
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Das Puppenthea­ter „Die Regentrude“greift den Klimawande­l für kleinere Besucher auf.

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