Dessauer Kommissarin schrieb Liebesbriefe an Halle-Attentäter
HALLE - Er zeigte keinerlei Reue - nicht einmal, als er Ende 2020 zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt wurde: Stephan Balliet (29), der rechtsradikale Attentäter von Halle, war und blieb stolz auf seine Tat. Das imponierte offenbar sogar einer Polizistin.
Laut Recherchen von „Süddeutscher Zeitung“, WDR und NDR wurde eine junge Kommissarin (Anfang 20) aus
Dessau (Sachsen-Anhalt) bereits im Frühsommer beurlaubt, weil sie die Nähe zum inhaftierten Synagogen-Attentäter gesucht habe. Zehn Briefe soll sie ihm geschrieben haben. Sie äußerte darin u.a. romantische Gefühle, aber auch Verständnis für den Anschlag.
Erst nach Monaten sei ihre Sympathie für den Terroristen im Kollegenkreis aufgefallen, als sie seine Tat relativiert haben soll. Daraufhin hätten die Beamten die Frau gemeldet. In Balliets Zelle wurden anschließend die Briefe gefunden. Die Polizistin soll einen falschen Namen und eine falsche Adresse genutzt haben.
Die Liebesbriefe schlagen nun sogar Wellen in der Politik. Sebastian Striegel, Grünen-Sprecher der Landtagsfraktion in Magdeburg, fordert eine lückenlose Aufklärung. Dafür müsse schnellstmöglich der Innenausschuss zusammenkommen. „Der Fall zeigt, dass
wir deutlich bessere Schutzmechanismen gegen rechtsextremistisches und antisemitisches Gedankengut innerhalb der Polizei brauchen“, sagte Striegel. Der Vorgang sei „unfassbar“.
Der Rechtsterrorist Stephan Balliet hatte am 9. Oktober 2019 schwer bewaffnet versucht, in die Synagoge von Halle einzudringen, um dort möglichst viele Jüdinnen und Juden zu töten. Als ihm das nicht gelang, erschoss er eine Passantin und einen Gast in einem Döner-Imbiss.