Wo das Publikum tanzt und tobt
Zweimal Jamie Cullum bei den Dresdner Musikfestspielen
Wild war es, laut und großartig - die Konzerte des britischen Popjazzers Jamie Cullum im Rahmen der Dresdner Musikfestspiele am Dienstag in der Gläsernen Manufaktur und tags darauf im Kulturpalast.
Popstars beim Klassikfestival, spätestens seit dem Auftritt von Eric Clapton (77) bei den Musikfestspielen 2019 ist das nicht mehr außergewöhnlich. Besonders ist es gleichwohl. Seit zwei Jahren waren das Kulti-Konzert wie das Sonderkonzert bei VW, aufgehalten von einem prominenten Virus, ein ums andere Mal verschoben worden. Nun ging es Schlag auf Schlag, Tag um Tag.
Im Quartett - Klavier, Gitarre, Bass, Schlagzeug - trat Cullums Band in der Gläsernen Manufaktur an, im Kulturpalast die Verdoppelung mit Bläsern und Backgroundduo. Das Programm beider Auftritte war weitgehend identisch, das Publikum größtenteils verschieden. So hatte jeder Fan sein einzigartiges Erlebnis. Wer beide Konzerte miterlebte, konnte doppelt genießen und dabei den Reiz der Unterschiede ausmachen, etwa in Form zweier fulminanter Soli an Bass (Loz Garratt) und Klarinette (Tom Richards) in „You And Me Are Gone“oder im gospelartigen A-cappella-Vortrag von „Mankind“, die im Kulti-Konzert einen Teil des musikalischen Mehrwerts bildeten.
Der Frontmann, Jamie Cullum, 42 Jahre alt, ist eine Rampensau. Ein hyperaktiver Entertainer wie Mick Jagger (78) zur besten Zeit, allgegenwärtig und selbst am Klavier immer in Bewegung, ausgenommen bei hier und da einer intimen Ballade. Mehr noch als Jagger versteht es Cullum, das Publikum einzubeziehen. Spätestens ab Hälfte der Shows hielt es niemanden mehr auf den Sitzen, tanzte und tobte das Publikum, wie es weder die kulturaffine Autofabrik noch der ehrwürdige Klassiktempel vorher erlebt haben dürften.
Inhaltlich verschränkte Jamie Cullum Jazz, Pop und Rock auf das Schönste, wobei eigene Nummern wie „Don’t Stop The Music“, „These Are The Days“oder „Twentysomething“mit Klassikern wie „I Get A Kick Out Of You“oder „What A Difference a Day Makes“- zwei von Cullums Lieblingssongs - abwechselten.
„Es war fantastisch!“, schwärmte ein beseelter Fan nach dem Konzert. Sicher ein mehrheitsfähiges Urteil. gg