Lebendig eingemauert! Bauboom wird für Vögel zur Todesfalle

Naturschützer alarmiert

Der Bauboom in unseren Städten wird immer wieder Vögeln zum Verhängnis. Während der Brutzeit werden Tiere rücksichtslos eingemauert, ihre gesetzlich geschützten Nistplätze mit Bauschaum zugekleistert. Der Naturschutzbund (NABU) fordert von Sachsens Politik ein Eingreifen, um Tragödien wie jüngst in Leipzig zu verhindern.

Anwohner hatten beobachtet, wie im Leipziger Westen Vögel immer wieder gegen eine Hausfassade flogen, die erst kürzlich eingerüstet wurde. Die alarmierten

Experten der NABU-Wildvogelhilfe entdeckten kurz darauf die Ursache. „Mehrere Nistplätze in der Fassade waren einfach mit Bauschaum verschlossen worden“, erzählt Leipzigs NABUChef Sven Sievert (49). Die Altvögel hätten immer wieder versucht, die klebrige Masse zu entfernen, um zu ihren frisch geschlüpften Jungen zu gelangen. Die Vogelschützer kletterten auf das Gerüst und spürten mit einer Endoskopkamera insgesamt drei bebrütete Höhlen auf. Aus einer konnten sie vier Starenküken retten, die bereits seit zwei Tagen eingemauert waren. In einer lag ein mit Bauschaum verklebter Altvogel tot neben seinem Ei, in der dritten ein verlassenes Gelege mit fünf erkalteten Eiern.

„Jedes Jahr spielen sich dieselben Dramen ab“, ärgert sich Sievert. Vögel würden einfach lebendig eingemauert, obwohl ihre Nistplätze vom Bundesnaturschutzgesetz geschützt seien. „Doch die Durchsetzung des Gesetzes bleibt aus - es wird den Bauherren in Eigenverantwortung überlassen, Brutplätze zu melden und sie zu schützen“, kritisiert der NABU-Chef. Für derlei Kontrollen

wären eigentlich die Naturschutzbehörden verantwortlich. Doch die würden sich angesichts des Baubooms nur um einen winzigen Bruchteil der Fälle kümmern, weiß Sievert.

Der NABU fordert die Landesregierung

deshalb auf, eine Regelung zu finden, die garantiert, dass der Artenschutz fortan durch eine professionelle Begutachtung geprüft wird - und zwar vor den Bauarbeiten. Die Naturschützer bieten Bauherren zudem Beratung und eine Check-Liste an, um Vogel-Tragödien zu verhindern. -bi.

Karsten Peterlein von der NABU-Wildvogelhilfe lokalisiert mit einer Endoskopkamera einen von Bauarbeitern verschlossenen Nistplatz. Diese vier jungen Stare konnten aus einer bei Fassadenarbeiten verschlossenen Bruthöhle lebend geborgen werden.

E Dieser Star hat es nicht überlebt. Die Bauschaumreste an seinem Kopf zeugen vom vergeblichen Überlebenskampf des eingemauerten Vogels.

Fordert die Landesregierung zum Handeln auf: Leipzigs NABU-Chef Sven Sievert (49).