Wunsch und Wirklichkeit
P utin drosselt die Gas-Exporte nach Deutschland - wer noch glaubt, das wäre ein eher abstraktes Problem, sollte erst auf seine Steckdose und dann zum bunten Schornstein blicken. Dann wird die bevorstehende Krise plötzlich sehr konkret. M oderner, flexibler, umweltschonender - die neuen Gasmotoren im Heizkraftwerk Nord sollen noch dieses Jahr in Betrieb gehen. Trotz allem hält Eins weiter an diesem Vorhaben fest. Die beiden entscheidenden Fragen: Zu welchem Preis wäre das in diesem Winter überhaupt möglich? Und kann der regionale Versorger das am Ende noch selbst entscheiden? W enn Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in den nächsten Tagen die zweite von drei Stufen des „Notfallplans Gas“aktiviert, dürfte das einen spürbaren Preissprung zur Folge haben. Erst am Gasmarkt, später ganz konkret beim Preis pro Kilowattstunde Strom. Erdgas für Energie und Wärme zu verbrennen, würde zum teuren Unterfangen. S ollte im Herbst oder Winter trotz des hohen Preises zu wenig Gas-Angebot vorhanden sein, um die Nachfrage zu decken, muss die Bundesregierung die dritte Notfallstufe in Kraft setzen. Dann entscheidet nicht mehr der Markt, sondern zentral die Politik, wer noch Gas erhält und wer nicht. D as hätte wirtschaftliche, aber auch soziale Verwerfungen zur Folge, deren Dimension wir noch nicht abschätzen können. Und der Osten wäre besonders betroffen, denn hier ist die Abhängigkeit von Russland-Importen aus historischen Gründen am größten. A ngesichts dieser Perspektive dürfte es schwer vermittelbar sein, dass eine Großstadt wie Chemnitz Teile seiner Energieversorgung umstellt, während zeitgleich ganzen Wirtschaftszweigen das Gas abgedreht werden müsste. Noch ist das nur ein Worst-Case-Szenario. Allerdings eines, mit dem sich Chemnitz bereits jetzt auseinandersetzen sollte.