New York liegt in der Sächsischen Schweiz
Landesbühnen produzieren „West Side Story“für Felsenbühne Rathen
Musical, Oper, Ballett, Schauspiel: Wenige Stücke der Bühnenliteratur sind so anspruchsvoll und personalintensiv wie „West Side Story“, einfach weil sie all das in einem sind. Eine illustre Großproduktion, welche nun die Landesbühnen Sachsen auf der Felsenbühne Rathen stemmen, inszeniert vom Chef, Intendant Manuel Schöbel (61). Heute ist Premiere.
Die Bühne in der Felslandschaft der Sächsischen Schweiz, sie ist idealtypische Umgebung für romantische Opern wie „Der Freischütz“, Märchen wie „Das kalte Herz“oder Western-Stoffe von Karl May. Die heruntergekommenen Hinterhöfe des Molochs New York und ihr explosiver multikultureller Bevölkerungsmix, die „West Side Story“Schauplatz und Sozialgepräge geben, passten nirgendwo weniger als dort, möchte man meinen. Aber warum sich mit derartigem Realismus aufhalten, schließlich ist das Theater eine große wie großartige Illusionsmaschine. „Die Felsen haben etwas Archaisches. Sie sind ein grober Schauplatz und insofern den Wolkenkratzern von New York nicht unähnlich“, sagt Schöbel. Dass diese moderne Romeo-und-Julia-Adapation, die im Milieu rivalisierender Jugendbanden verankert ist, auch in Rathens Gebirgslandschaft funktionieren wird, bezweifelt eigentlich niemand. Ein Großstadt-Western für die Felsenbühne.
Ohnehin ist das Meisterwerk von Leonard Bernstein (Musik), Stephen Sondheim (Liedtexte) und Arthur Laurents (Libretto) ein Stück, das wie geschaffen ist für ein Mehrspartentheater, wie es die Landesbühnen sind. Sänger, Tänzer, Musiker, Schauspieler - alle Professionen, die das Stück fordert, lassen sich aus dem eigenen Ensemble besetzen. Trotzdem ist der
Personalbedarf so groß, dass auch mit Gästen gearbeitet wird. Ungefähr 50 Rollen umfasst das Stück, inklusive Zweitbesetzung sind annähernd 60 Personen eingebunden. Tony und Maria werden gegeben von Jannik Harneit und Anna Langner als Gästen, gespiegelt von einer Hausbesetzung des Theaters (Florian Neubauer, Franziska Abram).
Eine große Arbeit und besonders schön, findet Regisseur Schöbel, der vor allem die „gleichgewichtige Arbeit“mit Choreograf Marc Bollmeyer und Dirigent Hans-Peter Preu schätzt. Überhaupt kann ein Stadt- oder Regionaltheater freier mit dem Material arbeiten, als es internationalen Tourneeproduktionen in der Regel gestattet wird, für die etwa die Originalchoreografie von Jerome Robbins meist bindend ist. Es gebe für die LandesbühnenSachsenkeinesolcheVerpflichtung, so Schöbel. Allein Schauplatz und Zeitspanne - New York den 50er-Jahren - seien vorgegeben.
Auch Steven Spielberg in seinem aktuellen Remake der Robert-Wise-Verfilmung von 1961 bleibt jener Zeit verhaftet. Anfang des Jahres kam der Film in die deutschen Kinos, auch Manuel Schöbel hat ihn sich angesehen. Einfluss auf seine Regiearbeit habe das nicht gehabt, sagt er. Schöbel: „Es ist immer anregend zu sehen, wie andere auf einen Stoff schauen. Letztlich ist das Theater aber ein zu unterschiedliches Medium, als dass sich vom Film etwas abkupfern ließe.“
So wird die Radebeul-Rathener Fassung etwas sehr Eigenes sein. Umso mehr gilt das, da nicht die englischsprachige Originalfassung, sondern die deutschsprachige Fassung von Frank Thannhäuser und Nico Rabenald gespielt wird. Bis 10. Juli sind zwölf Vorstellungen angesetzt. in