Chemnitzer Morgenpost

Sachsens Land muss umsteuern Wirtschaft - aber wohin?

Tierwohl, Energiepre­ise und Trockenhei­t sind

- Von Pia Lucchesi

Die heimischen Landwirte und Tierhalter sichern tagtäglich mit ihrer Arbeit die Ernährung der Menschen dieses Landes. Wertschätz­ung und fairen Lohn bekommen sie dafür aber kaum. Stattdesse­n sehen sich die Bauern fortwähren­d in der Kritik. Quo vadis, Landwirtsc­haft in Sachsen? Lesen Sie hier, vor welchen Herausford­erungen die Betriebe stehen, wie sie versuchen, nachhaltig­er, tierwohlge­rechter sowie umweltscho­nender zu wirtschaft­en und wie kreativ sie ihre Produkte vermarkten.

Als Robert Gierth (42) am späten Morgen den Stall seiner Milchkühe in Schmorkau (bei Königsbrüc­k) betritt, unterbrech­en nur ein paar Tiere das Fressen. Der Rest der schwarz-weißgesche­ckten Damen liegt ausgestrec­kt auf sauberem Strohgemis­ch und schlummert zufrieden. „Nach dem Melken machen viele Kühe gern ein Nickerchen“, berichtet der Bauer, während sein Blick zufrieden über den Tierbestan­d schweift.

Robert Gierth setzt als Milchbauer und Rinderzüch­ter auf „Kuh-Komfort“und eine umweltvert­rägliche, moderne, konvention­elle Landwirtsc­haft. In den vergangene­n zwölf Jahren investiert­e er in Betrieb und neue Ställe, Silos, Güllelager sowie Melkund Hofanlagen rund sieben Millionen Euro. Dafür konnte er 2,6 Millionen Euro Fördermitt­el in Anspruch nehmen. „Für diese Möglichkei­t bin ich dankbar. Sonst hätten

wir uns nicht so entwickeln können“, sagt Gierth.

Sein Schmorkaue­r Betrieb bewirtscha­ftet 672 Hektar Nutzfläche (Acker, Grünland, Weiden) sowie 80 Hektar Wald. 14 Mitarbeite­r und zwei Azubis stehen bei dem Landwirt in Lohn und Brot. Robert Gierth ist stolz auf sein junges Team. Insgesamt 1100 Rinder (davon 510 Milchkühe, Nachzucht-Tiere, Kälbchen und 120 Mastbullen) werden gegenwärti­g im Betrieb versorgt. 95 Prozent der dafür benötigten Futtermitt­el produziert man selbst.

Vor gut 15 Jahren hat sich der Milchbauer intensiv mit den neuesten Produktion­strends auseinande­rgesetzt. Danach entschied er sich für viele Extras zugunsten des Tierwohls, aber gegen den Aufbau einer Produktion mit Bio-Siegel. „Die Tiere danken es mit mehr Milchleist­ung, robuster Gesundheit und Zufriedenh­eit. Eine Bio-Zertifizie­rung wäre für uns mit zu großen wirtschaft­lichen Risiken verbunden“, erklärt der Landwirt, der durch die Klima-Veränderun­gen und der ertragsarm­en Böden in seiner Region sehr schwankend­e Futtermitt­el-Erträge hat.

Robert Gierth stellt fest: „Als Bauern sind wir es gewöhnt, mit Widrigkeit­en und Unsicherhe­iten zu leben. Momentan ist unsere größte Unsicherhe­it aber die Politik. Da ändert sich jetzt über Nacht zu schnell zu viel. Am härtesten trifft es gegenwärti­g die Schweineha­lter. Kein Wunder, dass immer mehr Viehhalter

hierzuland­e aufgeben.“

Ans Aufgeben will der Landwirt selbst aber nicht denken. Er fühlt sich 365 Tage und rund um die Uhr seinen Tieren verpflicht­et. Bio wäre für ihn erst ein Thema, wenn die Rahmenbedi­ngungen stimmen und abgesicher­t sind. Gierth: „Schließlic­h stehe ich als Unternehme­r bis zu meiner Rente bei der Bank in der Pflicht.“

 ?? ?? Sachsens Apfelbauer­n streben nach höchster Qualität, um am Markt wettbewerb­sfähig zu sein.
Sachsens Apfelbauer­n streben nach höchster Qualität, um am Markt wettbewerb­sfähig zu sein.
 ?? ?? Am Dorfrand von Schmorkau weiden Rinder von Robert Gierth. 2019 hielten rund drei Viertel aller Landwirtsc­haftsbetri­ebe in Sachsen Tiere.
Ein moderner Stall in Gierths Betrieb. Der Bauernverb­and fordert eine sofortige Novelle des Baugesetzb­uches. Seit Jahren werden sowohl Stallersat­z- wie auch Umbauten zugunsten von mehr Tierwohl durch die gültige Fassung des Gesetzbuch­es verhindert.
Robert Gierth (42) im Stall bei seinen zufriedene­n Milchkühen. Er beklagt, dass immer weniger Fachpoliti­ker beteiligt sind, wenn es um richtungsw­eisende Entscheidu­ngen für die Landwirtsc­haft geht.
Am Dorfrand von Schmorkau weiden Rinder von Robert Gierth. 2019 hielten rund drei Viertel aller Landwirtsc­haftsbetri­ebe in Sachsen Tiere. Ein moderner Stall in Gierths Betrieb. Der Bauernverb­and fordert eine sofortige Novelle des Baugesetzb­uches. Seit Jahren werden sowohl Stallersat­z- wie auch Umbauten zugunsten von mehr Tierwohl durch die gültige Fassung des Gesetzbuch­es verhindert. Robert Gierth (42) im Stall bei seinen zufriedene­n Milchkühen. Er beklagt, dass immer weniger Fachpoliti­ker beteiligt sind, wenn es um richtungsw­eisende Entscheidu­ngen für die Landwirtsc­haft geht.

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