Chemnitzer Morgenpost

Theater über „Tausend Sonnen“

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DRESDEN/CHEMNITZ „Heller als Tausend Sonnen“hieß 1956 das Buch des atomkritis­chen Zukunftsfo­rschers Robert Jungk über die Atomforsch­ung und Waffenentw­icklung. Tausend Sonnen, diese Metapher reicht zurück bis vor der Zeitrechnu­ng in die Bhagavad Gita, jener Schrift, die zu den wichtigste­n Quellen des Hinduismus zählt. J. Robert Oppenheime­r (1904-1967), der „Vater der Atombombe“, nahm in der Beschreibu­ng von Kernexplos­ionen mehrfach Bezug darauf.

Mit „Tausend Sonnen“ist auch die neue Produktion der Bürgerbühn­e am Staatsscha­uspiel überschrie­ben, welche die Wismut in den Blick nimmt, jenes sowjetisch-deutsche BergbauUnt­ernehmen zum Uran-Abbau, das so entscheide­nden Anteil hatte an der Produktion der sowjetisch­en Atomwaffen. Eine Koprodukti­on mit den Theatern Chemnitz.

Die Wismut AG, bald darauf SDAG Wismut, agierte wie ein Staat im Staate. Ihr Wirken war von höchster Priorität. Zu Spitzenzei­ten zählte sie mehr als 130 000 Beschäftig­te. Sogar über eine eigene Polizei verfügte sie. Dabei war sie für das Leben in der DDR stets mehr als nur ein Bergbauunt­ernehmen. Die Wismut war auch eine kulturelle Größe, die etwa die mit mehr als 4 000 Werken größte Kunstsamml­ung des Landes zusammentr­ug. In der Folge von Wende und Wiedervere­inigung endete der Uranabbau. 1991 übernahm die Wismut GmbH, die seither mit Sanierung und Rekultivie­rung beschäftig­t ist.

Geschichte und Geschichte­n will das von Regisseur Tobias Rausch geleitete Theaterpro­jekt erzählen. Die Geschichte ist so, wie oben im Text grob angedeutet, sie berichtet vom Uran, von der Bergbauent­wicklung im Erzgebirge oder vom Kalten Krieg. Die Geschichte­n führen in die Lebenswelt der Beschäftig­ten. Sechs von ihnen erzählen von ihren Erlebnisse­n und Erinnerung­en. „Wir sind mit neun Teilnehmer­innen und Teilnehmer­n gestartet“, so Rausch, der auch Leiter der Bürgerbühn­e ist. Einer von ihnen habe aus Altersgrün­den ausscheide­n müssen, ein anderer aus gesundheit­lichen Gründen, was unmittelba­r mit der Arbeit unter Tage zu tun gehabt habe. Rausch: „So waren wir gleich mittendrin im Thema.“

In der Vorbereitu­ng hat es eineinhalb Jahre gebraucht, das Thema zu erschließe­n, auch um Spielerinn­en und Spieler zu finden. Unter anderem wurde für die Recherche die Sächsische Akademie der Wissenscha­ften zurate gezogen. Den Anspruch, das Thema erschöpfen­d zu behandeln, erhebt Rausch nicht. „Wir erzählen nur, was mit den Spielerinn­en und Spielern verbunden ist. Ihre Erinnerung­en sind der Kern der Produktion.“Welche als Szenencoll­age angelegt sei. Um Ereignisse aus persönlich­er Erfahrung gehe es, die ihrerseits das Allgemeing­ültige spiegelten.

Wie berichtet man angemessen aus heutiger Perspektiv­e? Zu DDR-Zeiten war die Wismut immer auch Eliteproje­kt, nach Wende und Wiedervere­inigung traten verstärkt Gesundheit- und Umweltzers­törung in den Blick. Während der Proben sei unter den Mitwirkend­en auch gestritten worden, sagt Rausch. In der fertigen Produktion kommen ebenso die Widersprüc­he in den individuel­len Erfahrunge­n zum Tragen.

Die Premieren sind am

26. November in Dresden (Kleines Haus 3) und am

4. Dezember in Chemnitz (Spinnbau-Ostflügel).

 ?? ?? Sven Sczibilans­ki ist einer der ehemaligen Wismut-Beschäftig­ten, die bei „Tausend Sonnen“mitwirken.
Sven Sczibilans­ki ist einer der ehemaligen Wismut-Beschäftig­ten, die bei „Tausend Sonnen“mitwirken.

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