Der junge der General CDU
K ennen Sie Mario Czaja? Wenn nicht, dann wird es Zeit, ihn kennenzulernen! Seit Ende Januar ist der 47-Jährige Generalsekretär der CDU. MOPO-Redakteur Paul Hoffmann hat sich mit dem gebürtigen Ost-Berliner getroffen, um mit ihm über die Neuausrichtung seiner Partei, Vorzeige„Ossis“, Parteichef Friedrich Merz (67) und die „KlimaKleber“zu sprechen.
Das Besondere an Politik ist, dass man die Chance bekommt, zu gestalten und für Menschen und die Gemeinschaft da zu sein.
Man bekommt die Möglichkeit, sich mit vielen unterschiedlichen und oft sehr praxisnahen Themen zu beschäftigen. Ich bin in die Politik gegangen, weil ich etwas verändern, die Welt ein bisschen besser machen wollte.
Womit beschäftigen
Sie sich aktuell?
Ein wichtiges Thema der letzten Wochen war das Bürgergeld. Als Union ging es uns vor allem darum, das bewährte Prinzip von Fördern und Fordern beizubehalten. Das ist letztlich dank unserer klaren Kante und nach intensiven Verhandlungen gelungen. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Energieversorgung und die Frage, wie wir die Preise für Strom und Gas für die Menschen, aber auch für die
CDU-General als „Vorzeige-Ossi“?
Berlin ist Ihre Heimatstadt, Marzahn Ihr Kiez. Ist Mario Czaja eigentlich ein perfektes Beispiel dafür, dass es auch „Ossis“im vereinigten Deutschland mittlerweile schaffen können? Ich halte nicht viel von Klischees über die
Menschen im Osten. Für die Generation meiner Eltern, die 1989/90 noch mal ihr berufliches und oft auch privates Leben komplett neu aufbauen und sortieren mussten, war der Übergang nicht leicht. Es ist bis heute so, dass viele dieser Menschen nicht in Führungspositionen gekommen sind. Ich kann verstehen, dass sich viele daher mit ihrer Lebensleistung nicht adäquat vertreten fühlen und für sich persönlich wahrnehmen, dass man als Ostdeutscher weniger Chancen auf Verantwortung bekommt.
Sorgen sind okay, aber wo hören die auf? Wann ist die Grenze erreicht, bei der man sagen muss: „Jetzt mach mal selbst was dafür, dass Du Anerkennung erfährst“?
Sie sprechen ein grundsätzliches Problem an. 33 Jahre nach dem Fall der Mauer müssen wir uns insgesamt die Frage gefallen lassen, ob die Lebensleistung ostdeutscher Menschen, ihr
Mut und ihre Errungenschaften, die zur deutschen Einheit führten, hinreichend gewürdigt werden. Zu oft wurde bei Menschen der Eindruck hinterlassen, dass die Gesellschaft sie zurücklässt. Ich sehe da auch meine Partei in der Pflicht, das Gespräch zu suchen und Möglichkeiten zu eröffnen, mitzureden und mitzugestalten. Wir wollen wieder Mitmachpartei werden und wollen auch jenen mehr Gehör verschaffen, die zuletzt wenig Aufmerksamkeit erfahren haben.
Und was ist mit den Menschen, die es zu zweifelhaften Protesten auf die Straße zieht?
Protest gehört in einer Demokratie dazu. Auf die Straße zu gehen, wenn einem die Politik nicht passt, ist jedermanns Recht. Man muss dabei aber enorm achtgeben, von wem dieser Protest initiiert und in konkreten Fällen auch missbraucht wird und mit wem man sich da abgibt. Deshalb der
Wunsch und die Aufforderung von mir an jeden, der gesellschaftlichen Protest zeigen möchte: Schauen Sie genau hin, mit wem Sie mitlaufen.
Protest gehört dazu
Apropos „Mitmachpartei“: Wie steht es eigentlich um das neue Gesicht, was sich Ihre Partei geben will?
Die CDU hat seit gut neun Monaten einen neuen Vorsitzenden …
... um den sich schon so was wie eine Art Personenkult rankt.
Finden Sie? Ich finde das nicht! Friedrich Merz hat sehr klar zum Ausdruck gebracht, dass er die CDU als Team versteht. Die Mitglieder unseres Präsidiums und Bundesvorstands stehen für viele unterschiedliche Themen.
Und wann bekommen wir konkrete Ergebnisse präsentiert?
Kontinuierlich. Wir erarbeiten Positionen, machen Lösungsvorschläge und
bringen uns in Debatten ein. Und wir laden unsere Mitglieder ein, sich an diesem Prozess zu beteiligen.
Wie erklären Sie sich eigentlich das Phänomen, dass Ihr Parteichef bei immer mehr jungen Menschen zu einer Art Persona non grata geworden ist?
(Lacht) Ich weiß nicht, welche jungen Menschen Sie da kennen wollen … Mal im Ernst: Das scheint mir wieder so eine Klischee-Unterstellung zu sein, die - offen gesagt - haltlos ist. Friedrich Merz ist es gelungen, die Union in kurzer Zeit wieder an die Poleposition zu führen. Das ist gut. Aber Sie haben natürlich recht, wir haben in der Gruppe der jungen Wähler, insbesondere bei der letzten Bundestagswahl, nicht die Zustimmung erhalten, die wir uns gewünscht hätten.
Drei Monate Haft für Klima-Kleber
Beim Thema Klima-Kleber wagt die Union einen Vorstoß. Was genau haben CDU/CSU vor?
Wir sind der Auffassung, dass sich der Rechtsstaat nicht weiter auf der Nase herumtanzen lassen darf. Wir wollen für den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und die Beschädigung von wichtigen Kulturgütern unseres Landes das Mindeststrafmaß von drei Monaten Freiheitsstrafe einführen. Das setzt ein ganz klares Signal, dass dieses dauerhafte Katz-und-MausSpiel
mit denjenigen, die zur Arbeit müssen, mit denjenigen, die schnelle medizinische Hilfe brauchen, mit denjenigen, die sich innerhalb ihrer Familie um Pflege oder Kinder kümmern müssen, endlich ein Ende hat.
Und da reichen die aktuellen Strafen nicht aus?
Die bisherigen Ordnungswidrigkeitsbescheide sind viel zu gering und decken in den meisten Bundesländern ja nicht mal mehr die Kosten des Einsatzes. Das darf so nicht weitergehen! Wenn die Ankündigung ist, dass diese Gruppen immer mehr und mehr machen wollen, muss die Antwort des Staates auch deutlich spürbar sein.
Haben Sie Angst, dass die KlimaKleber immer radikaler werden, wenn der Staat härter und härter gegen sie vorgeht?
Vor allem auch die Grünen müssen jetzt zu einer Deradikalisierung der Straßen-Kleber beitragen. Die sind doch diejenigen, die häufig die moralische Unterstützung für die bieten, die mit ihrem Protest bewusst in Kauf nehmen, dass Rettungskräfte behindert werden. Protest ist legitim, aber die Form, der gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr oder die Beschädigung von Kunstgütern nicht. Ich sage es noch einmal klar und deutlich: Für mich haben diese Delikte nichts mit romantischem Aktivismus zu tun, es sind schlicht und einfach Straftaten.
Glauben Sie wirklich, dass die Grünen einen Einfluss auf die „Letzte Generation“haben?
Ich glaube, dass den Grünen eine besondere Rolle zukommt. Schauen Sie mal in die sozialen Netzwerke, da gibt es viele Abgeordnete, die das immer wieder legitimieren und es einfach mit Falschparken gleichsetzen. Dort würde man ja auch mal einen Rettungswagen blockieren … Doch darum geht es ja nicht. Es geht um das stundenlange Blockieren von Straßen und vor allem um den Missbrauch von Rettungskräften und Polizisten.
Zum Schluss: Ihre Meinung zum Berliner-Wahldebakel?
Es ist traurig und für die Stadt Berlin beschämend zu sehen, dass der Berliner Senat nicht in der Lage war, eine ordnungsgemäße Wahl zu organisieren. Das schadet dem Ansehen Berlins.