Die trauen sich was!
Haben Sie auch das Spiel unserer Mannschaft bei der Weltmeisterschaft in Katar verfolgt oder mussten Sie arbeiten? Ich hatte ja zu meinem Chef gesagt, ich würde mir das gerne anschauen - während der Arbeitszeit. Worauf er erwiderte: „Kommt überhaupt nicht in die Tüte! Thomas Müller schaut Dir ja auch nicht bei der Arbeit zu.“Dass wir am Ende verloren haben, reiht sich ja nur in eine Folge von verlorenen Auftaktspielen ein. Laut Spieler war es wohl am ärgerlichsten, dass sie ihren Frust über die Niederlage nicht mit Alkohol bekämpfen konnten. Also hätten sie schon, aber sie wollten sich dann doch nicht kilometerweit vom Stadion entfernen.
Wenn ich ganz ehrlich bin, wegen des Spiels hab ich auch gar nicht geschaut. Ich wollte wissen, wie die Reaktion nach dem „One Love“-Armbindenstreit ausfallen wird. Und da muss ich sagen, da haben sie mich überrascht. Aus stillem Protest den Mund zu halten, war schon ein Zeichen. Auf der anderen Seite war’s auch für die Katz, weil die FIFA sich die Augen und die Regierung in Katar die Ohren zuhält. Woher kenne ich diese Symbolik? Wie erbärmlich muss ein sportliches Event sein, wenn der Sport bei der ganzen Sache nur noch eine Randnotiz ist? Auf jeden Fall haben die
Jungs eine Ausrede, wenn sie wieder in der Vorrunde ausscheiden sollten. Wahrscheinlich wird es dann ein weiteres Zeichen für einen Protest sein, in solch ein Land nie wieder eine Weltmeisterschaft vergeben zu dürfen.
Lieber DFB, ich hätte auch noch eine Idee, wie Du gegen die FIFA klare Kante zeigen kannst. Wie wäre es denn, wenn man gegen die Wiederwahl von Boss Infantino einen eigenen Gegenkandidaten aufstellt?
Viele Kritiker haben ja behauptet, dass die Fußball-WM in Katar nichts bewegen würde beim Thema Menschenrechte. Aber das stimmt nicht. Gut, Katar wird ein Scharia-Regime bleiben und die FIFA ein korrupter Haufen. Aber der selbstgerechte Rest bekommt gerade eine Lektion, dass Freiheit einen Preis hat. Und der ist mehr als nur 19,99 Euro auf einem Merchandise-Artikel.
Gott sei Dank kann man sich mit anderen Sachen herrlich ablenken. Das erste Adventswochenende steht bevor und dank gestrigem Black Friday färben sich bei vielen auch schon die Konten im festlichen Rot.