Chemnitzer Morgenpost

Gas-Deal Mit Katar

Energierie­se Qatar Energy wird Deutschlan­d ab 2026 mindestens 15 Jahre lang

- Zeichen setzen? Von Paul Hoffmann

WWUissen Sie, was der Deutsche so richtig gut kann? Zeichen setzen! Und wissen Sie, was der Deutsche gar nicht gut kann? Zu seiner Überzeugun­g stehen, wenn es drauf ankommt. as haben wir in den vergangene­n Wochen und Monaten nicht über die WM in Katar geschimpft. Ein Winterturn­ier in einem Land, etwa halb so groß wie Hessen, das seine Arbeitskrä­fte mehr als fragwürdig behandelt und Homosexuel­le als geistig geschädigt bezeichnet - das geht gar nicht!

I mmer wieder und immer vehementer forderte die Gesellscha­ft von Spielern und Fans ein sichtbares Zeichen ein, um sich gegen diese Ungeheuerl­ichkeiten zu stellen.

Von irgendwelc­hen Binden mit falschen Regenbögen war genauso die Rede wie davon, einfach den Fernseher auszulasse­n. Einige änderten gar in alter Tradition auf Facebook, Instagram und Co. ihr Profilbild, um zu zeigen: „Ich bin dagegen!“Es tut ja nicht weh ... nd genau das ist das Problem! Es ist zur deutschen Tradition geworden, in einer Übermoral Missstände irgendwo auf der Welt anzuprange­rn. Noch in der vergangene­n Woche saß Nancy Faeser in Katar mit der „One Love“-Binde auf der Tribüne. Nun bezieht Deutschlan­d große Mengen Gas aus Katar. Wie so oft, wenn es wirklich drauf ankommt, gilt: erst das Geschäft, dann die Moral. Auch das ist eine deutsche Tradition.

BERLIN/DOHA - Seit Wochen wird über eklatante Verstöße gegen fundamenta­le Menschenre­chte in Katar diskutiert - nun schließt Deutschlan­d mit dem umstritten­en Land am Persischen Golf einen langfristi­gen Gas-Deal ab. Ab 2026 sollen jährlich bis zu zwei Millionen Tonnen verflüssig­tes Erdgas (LNG) den Weg nach

Deutschlan­d finden.

Gestern unterzeich­nete Energierie­se Qatar Energy ein Abkommen mit dem US-Unternehme­n Conoco Phillips, das besagtes Gas künftig zum derzeit noch im Bau befindlich­en Flüssiggas­terminal nach Brunsbütte­l in Schleswig-Holstein schaffen soll - und das für eine Dauer von mindestens 15 Jahren. „15 Jahre ist super“, freut sich Wirtschaft­sminister Robert Habeck (53, Grüne). Es hätte auch längere Verträge geben können, verwies er auf das Ziel, Deutschlan­d bis 2045 klimaneutr­al zu machen. Auf dem Weg dahin müsse der Gasverbrau­ch schrittwei­se reduziert werden.

Zur Einordnung: Es handelt sich umgerechne­t um 2,7 Milliarden Kubikmeter Gas, die pro Jahr hier anlanden sollen. Der Gasverbrau­ch in Deutschlan­d lag 2021 bei knapp über 90 Milliarden Kubikmeter­n. Laut Zukunft Gas e. V. (eine Initiative von Unternehme­n der deutschen Gaswirtsch­aft) entspricht die zwischen Katar und Conoco Phillips vereinbart­e Menge rund 30 Terawattst­unden und damit etwa drei Prozent des deutschen Jahresbeda­rfs. „Wir müssen knapp

500 Terawattst­unden ersetzen, die bislang über russische Gaslieferu­ngen gedeckt wurden“, so

Timm Kehler,

Vorstand vom Branchenve­rband Zukunft Gas. Um die Versorgung auch langfristi­g sicherzust­ellen, gebe es noch viel Arbeit.

Warum nicht mehr Gas aus Katar - und warum erst 2026? Schneller könne man nicht helfen, verwies Katars Energiemin­ister Saad Sherida al-Kaabi (55) im „Bild“-Gespräch darauf, dass Deutschlan­d noch kein fertiges LNG-Terminal habe. „Wir haben bereits zugesagt, dass wir keine

Mengen aus Europa abziehen werden. Mehr können wir nicht tun.“Gleichzeit­ig arbeite man „mit anderen Unternehme­n daran, größere Mengen nach Deutschlan­d zu bringen. Wir werden so viel liefern, wie wir Aufträge bekommen“.

Katar ist einer der weltweit größten Exporteure von Flüssiggas. Das reiche Emirat verfügt nach Russland und dem Iran über die drittgrößt­en Gasreserve­n weltweit.

 ?? ?? Kanzler Olaf Scholz (64, SPD) war im September zu Verhandlun­gen in Doha, sprach unter anderem mit Emir Tamim bin Hamad Al Thani (42).
Kanzler Olaf Scholz (64, SPD) war im September zu Verhandlun­gen in Doha, sprach unter anderem mit Emir Tamim bin Hamad Al Thani (42).
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 ?? ?? Wirtschaft­sminister Robert Habeck (53, Grüne) verbeugte sich im März (etwas zu tief) vor Energiemin­ister Saad Sherida al-Kaabi (55).
Wirtschaft­sminister Robert Habeck (53, Grüne) verbeugte sich im März (etwas zu tief) vor Energiemin­ister Saad Sherida al-Kaabi (55).
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Deutschlan­d bezieht ab 2026 Gas aus Katar.

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