Die unterschätzte Hauptstadt
Wenige Metropolen Europas wurden so von der Geschichte geprägt wie Sarajevo. Trotzdem (oder deswegen?) versprüht die Hauptstadt Bosnien-Herzegowinas ihren ganz eigenen, melancholischen Charme.
Umgeben von meist bewaldeten Bergen schmiegt sich Sarajevo in ein weites Tal. Etwa 300 000 Einwohner le ben in der Stadt. Hier trafen sich einst Okzident und Orient, weshalb man noch heute orthodoxe Kirchen ebenso findet wie Moscheen und eine Synagoge. Im Geschäftszentrum stehen sozialistische Zweckbauten neben prächtigen Häusern aus der Habsburger Zeit. Eine moderne Einkaufsstraße („Ferhadija ) gibt es genauso wie ein wuseliges Basarund Handwerkerviertel in der Altstadt. Kleine Kaffeestuben laden hier nach dem Feilschen zu einem entspannten Mokka ein.
Zurück zur Geschichte. An der Lateinerbrücke im Stadtzentrum erschoss vor 110 Jahren ein 19-Jähriger Revoluzzer den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand und löste damit den Ersten Weltkrieg aus (rund 17 Millionen Tote). Eine Ausstellung im nahen Muzej Sarajeva befasst sich mit dem Attentat.
Näher zurück liegen Belagerung und Beschuss Sarajevos im Bosnienkrieg 1992 bis 1996. Damals wurde die abgeriegelte Stadt zum Teil durch einen Tunnel versorgt, dessen Reste man sich in einer Art privatem Kriegsmuseum anschauen kann. Danach hat man sich dann etwas Ablenkung verdient: Entweder beim Wandern auf dem Hausberg Trebevi mit Blick auf die Stadt oder beim Feiern im Zentrum - im quirligen Nachtleben Sarajevos blickt das meist junge Partyvolk eher optimistisch nach vorn als sorgenvoll zurück. MG