Sie ist ihr eigener Verlag
PIRNA - Wer Bücher schreiben möchte, die gelesen werden, muss einen Verlag finden, einen anderen Weg an die Öffentlichkeit gibt es nicht. So war es früher. Was im analogen Zeitalter unabdinglich war, ist es im digitalen nicht mehr. Viele Autoren gehen direkt ans Publikum, die Szene der Eigenverleger wächst. Einen Namen gemacht hat sich auf diesem Gebiet Josefine Gottwald, Fantasy-Autorin aus Pirna.
Eigenverleger, das sagt eigentlich niemand. Auch in diesem Bereich ist der entsprechende Anglizismus etabliert, man spricht von Selfpublishing. Wie viele Selfpublisher es im Lande gibt, lässt sich kaum sagen, dass die Szene wächst, dennoch beobachten. Josefine Gottwald, 1988 in Jena geboren, schreibt, seit sie ein Kind war. Seit 2003 sei sie auf dem Buchmarkt, sagt sie, damals ein Teenager von 15 Jahren.
Gottwald schreibt Fantasy. Heute erscheint „Hrimnirs Rache“, der letzte Band ihrer „Eiselfen“-Saga, die sie seit 2015 zu einer Reihe von neun Kurzromanen ausgebaut hat, jeder Band zählt drei Kapitel. Mit 206 Seiten in der
Print-Ausgabe ist „Hrimnirs Rache“der mit Abstand umfangreichste.
„Die Legende eines kalten Herzens“, so lautet der Untertitel der Reihe, in deren Mittelpunkt der junge König Lúthien und die Tochter seines Feindes, die Sternenpriesterin Auriel. Es geht um Politik, Macht, Krieg und Frieden und auch um die Liebe. Und während die eine Buchreihe zum Abschluss kommt, arbeitet die Autorin schon an der nächsten: In „Mermaid“spinnt sie eine Geschichte weiter, die 2019 als Einzelveröffentlichung erschienen war, nun entsteht eine Saga in 18 Gesängen als Tiefseemärchen in sechs Erzählungen, das „von Abgründen der Menschen erzählt“, wie es in der Verlagsankündigung heißt.
Der Verlag freilich ist Josefine Gottwald selbst. Das bedeutet einerseits Freiheit und andererseits Arbeit, denn all das, was ein Verlag gewöhnlich für seine Autoren macht, muss, wer Selfpublishing betreibt, auf eigene Kosten eben selbst tun oder in Auftrag geben. „Es ist eine Allround-Aktivität“, sagt Gottwald. Dazu gehört das Technische, wie den Schrifttyp zu bestimmen, den Satz oder die Illustrationen, außerdem das Lektorat und nicht zuletzt das Marketing samt Öffentlichkeitsarbeit und die Pflege einer Autoren-Homepage.
Der Fokus ihrer Veröffentlichungen liege immer auf dem Ebook, so Gottwald. 2,99 Euro ist so ein Standardpreis für ein Ebook. Gedruckte Bücher gibt es auch, doch meist nur auf Bestellung (on demand), was den Käufer ein bisschen mehr kostet. Literatur im Multimedia-Zeitalter: Auch Hörbücher gehören dazu.
Zwischen zehn und zwanzig Prozent wird, je nach Erhebung, der Anteil derjenigen Selfpublisher geschätzt, die das Bücherschreiben nicht nur als Hobby betreiben, sondern als Beruf. Zu ihnen gehört Josefine Gottwald. „Manche Romance-Autorinnen veröffentlichen fast monatlich und leben davon so gut, dass sie auch Kredite für Häuser bekommen. Für diese Leute ist es nicht mehr attraktiv, ihr Honorar mit einem Verlag zu teilen“, erklärt sie. Sie selbst sei da langsamer. „Ich denke, das liegt unter anderem daran, dass Fantastik sehr viele Möglichkeiten für den Plot bietet, im Gegensatz zum Liebesroman. Ich will von meinen Büchern auch sehr viel, zum Beispiel stilistisch.“Noch dazu benötigt die Recherche Zeit, wenn sie sich etwa, um sich ihres Gegenstandes zu versichern, im Quellenstudium weit zurück in die Mythologie begibt.
Gottwalds Bücher haben über Amazon annähernd 12 000 Direktbestellungen ausgelöst, zusätzlich gebe es knapp eine Million gelesener Seiten ihrer Romane in der Kindle-Leihbibliothek, sagt sie. Mit der Eiselfenreihe erreiche sie im Quartal teilweise über 55 000 Hörbuchdownloads bei Spotify und Audible.
Von der Schriftstellerei leben können, das wollen alle Autoren, doch nur wenige schaffen es. Josefine Gottwald hat sich ein vielmaschiges literarisches Netz geschaffen, das ihr Einkommen und Auskommen sichert, dazu gehörend ihr Engagement für das Branchen-Format „Literaturnetz Dresden“, das mit einem Honorarvertrag ausgestattet ist.
Nicht zuletzt bestimmt Literatur ihr Familienleben. Liiert mit dem Schriftsteller Ralf Günther (56, „Goethe in Karlsbad“, „Winterherz“), dringt die Literatur in allen Poren des Alltags, wenn etwa beide um vier Uhr morgens schon am Laptop sitzen, um zu schreiben, während andere, auch die gemeinsame Tochter, noch schlafen. Eben drum.