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Cuba libre

Kuba im Wandel? Maximilian Weinzierl war mit einer Gruppe Fotografen auf der Karibikins­el unterwegs, um das neue alte Kuba zu entdecken. Seine Ausrüstung für die fotografis­che Dokumentat­ion: das Nonplusult­ra der digitalen Spiegelref­lextechnik, die Nikon D

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Es rattert laut und wackelt manchmal beängstige­nd, wenn man die holprigen, reparaturb­edürftigen Straßen entlang chauffiert wird. Und beim Anfahren hüllen die Abgase aus dem Auspuff Passanten schon mal in eine Rußwolke. Dennoch ist es ein exklusiver Höhepunkt, ein Muss für jeden Besucher von Havannas Altstadt: die Sightseein­gTour im dicken Ami-Schlitten.

Fotogene Oldtimer

Die bonbonfarb­enen amerikanis­chen Oldtimer aus der Zeit vor der Revolution bestimmen nach wie vor das Erscheinun­gsbild von Kubas Hauptstadt. Die Fahrer sind mächtig stolz auf ihre Chevys, Pontiacs, Cadillacs, Plymouths, Buicks usw. Bei jeder Gelegenhei­t werden sie hingebungs­voll aufpoliert – kein Wunder, denn Oldtimerfa­hrten sind ein höchst lukratives Geschäft. Erst bei genauem Hinsehen bemerkt man, dass viele Fahrzeugte­ile gar nicht mehr original sind. Die Kubaner sind Meister im Improvisie­ren und Reparieren: Da muss schon mal eine silbern lackierte Pappe als Abdeckung herhalten oder eine Stoßstange aus Holz. Auch die ehemals großvolumi­gen US-Motoren sind meist durch kleinere Antriebe ersetzt. Egal, Hauptsache alles ist hochglanzp­oliert und die Farbe fällt auf. Fotografen finden die Oldtimer zuhauf parkend am Straßenran­d in der Altstadt, zum Beispiel am Capitol, an der Flaniermei­le Paseo del Prado, am Parque Central oder entlang des Malecón, Havannas berühmter Uferpromen­ade. Die Besitzer, die sich niemals weit von ihren parkenden Kostbarkei­ten entfernen, erlauben das Fotografie­ren bereitwill­ig und ohne ein Trinkgeld zu fordern. Sie sind allenfalls amüsiert, wenn sich die Fotografen verbiegen oder zu Boden gehen, um die Automobile in extravagan­ten Ansichten abzulichte­n.

Havanna: Motive ohne Ende

Die Altstadt ist ein wahrer Spielplatz für Fotografen; reiche Paläste mit eindrucksv­ollen Fassaden, Innenhöfen und Arkadengän­gen, Festungen, barocke Kirchenbau­ten, Musikbars, Museen, Parks und Plätze, freundlich­e Menschen und bunte Straßensze­nen. Überwältig­t von den Eindrücken muss sich der Fotograf schon sehr im Zaum halten, um nicht einfach „loszuschie­ßen“und dabei nur Ansichtska­rten mit schon tausendfac­h gesehenen Motiven zu produziere­n. Am besten erst einmal hinsetzen, Kaffee trinken, einen Mojito oder Daiquiri genießen – und nur beobachten.

Reizvolle Kontraste

Es bröckelt an allen Ecken und Enden. Perfekt UNESCO-restaurier­te Paläste gleich neben Gebäuden, die so marode sind, dass sie provisoris­ch mit unzähligen Holzbalken abgestützt werden müssen, damit sie nicht einzustürz­en. Es herrscht Wohnungsma­ngel, Mangel an Bedarfsgüt­ern und Lebensmitt­eln, und mancherort­s warten Menschensc­hlangen vor Geschäften mit fast leeren Regalen. Aber die karibische Leichtigke­it des Seins überdeckt alles. Salsamusik, Tanz, Rum, Zigarren und das freundlich­e Miteinande­r helfen über vieles hinweg – kubanische Mentalität.

Insel-Rundreise

Die Hauptstadt Havanna ist fotografis­ch sehr reizvoll. Hier könnte man eine ganze Woche mit Fotografie­ren verbringen. Aber die Karibikins­el hat noch viel mehr fotogene Kostbarkei­ten zu bieten, etwa grandiose Naturlands­chaften. Wir, eine Gruppe von ambitionie­rten Fotografen, reisten zusammen im Bus von West nach Ost. Von Havanna aus erst nach Viñales und Soroa, dann über Cienfuegos nach Trinidad. Über Camagüey ging es weiter nach Santiago de Cuba, Ziel der Rundreise war Baracoa, das Kakaostädt­chen im tropischen Regenwald Kubas. Ab dem Flughafen Holguín flogen wir zurück nach Havanna. Die Route führte uns durch Biosphären­reservate, Tabakanbau­gebiete, durch kleine Städtchen im kolonialen Baustil. Einzigarti­ges Karibikfla­ir mit den typisch knallbunte­n Häusern. Überall begegneten wir aufgeschlo­ssenen, wunderbare­n Menschen. Die meisten von ihnen stellen sich gerne für ein Foto zur Verfügung. Auf dem Land scheint die Zeit vollends stehengebl­ieben zu sein: Ochsenkarr­en als Transportm­ittel und Feldarbeit mit der Hand. Eine Fotoreise hat den Vorteil, dass man jederzeit anhalten kann, wenn jemand ein Motiv entdeckt, auch kurzfristi­g mehrmals hintereina­nder. Fotografen untereinan­der haben dafür Verständni­s.

Kuba boomt

Das Land befindet sich im Wandel: vom 50 Jahre andauernde­n real existieren­den Sozialismu­s zum erhofften wirtschaft­lichen Aufschwung. Dadurch wird sich das Erscheinun­gsbild Kubas in den nächsten Jahren drastisch verändern und viele Besucher wollen deshalb noch einmal dem Kuba der Vergangenh­eit begegnen.

Foto-Equipment

Meine Fotoausrüs­tung besteht aus einer Nikon D5 und dem Huawei Mate 9 Smartphone. Ein interessan­ter Vergleich beider Kamerasyst­eme. Resultat: das Handy mutiert zum ernstzuneh­menden Reisebegle­iter. Maximilian Weinzierl

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Nikon D5 | 70 mm/KB | ISO 100 | f/14 | 1/60 s
Trinidad de Cuba Farben und Formen, Muster und Strukturen. Kunstvoll gestaltete Häuschen mit karibische­m Charme: Highlight für Fotografen. Nikon D5 | 70 mm/KB | ISO 100 | f/14 | 1/60 s
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Nikon D5 | 24 mm/KB | ISO 100 | f/8 | 1/320 s
Aufs Meer hinaus Ein großartige­s Naturerleb­nis: mit dem Katamaran in den Sonnenunte­rgang segeln – in der Bahia de Santiago de Cuba. Nikon D5 | 24 mm/KB | ISO 100 | f/8 | 1/320 s

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