Sony A9
Sony A9: Mit der A9 greift Sony die letzte Bastion von Canon und Nikon an. Denn die A9 zielt auf jene Profifotografen, für die schneller Autofokus und hohes Serienbildtempo entscheidend sind. Beim Bildsensor begnügt sich die Neue mit 24 Megapixeln, was st
Die Profi-Kamera mit schnellem Autofokus und hohem Serienbildtempo
Tempo und ein robustes Gehäuse sind die Kernthemen der Sony A9. Das neue Topmodell will die Sportarenen der Welt mit schnellem Autofokus, starken High-ISO-Qualitäten und einem Serienbildtempo von bis zu 20 B/s erobern. Damit begibt sich die A9 auf ein Terrain, das bisher zwei Profi-SLRs vorbehalten war: Nikon D5 und Canon EOS 1DX MkII – sie bekommen jetzt nicht nur eine ernsthafte, sondern auch gleich eine spiegellose Konkurrentin. Mit 5300 Euro ist die Sony A9 zwar nicht gerade günstig, bleibt aber preislich im Rahmen professioneller SLRs.
Gehäuse & Ausstattung
Das Gehäuse der A9 besteht aus einer Magnesiumlegierung und ist gegen Spritzwasser abgedichtet, wie sich das für ein Profimodell gehört. Im Vergleich mit SLR-Boliden ist die A9 ungewöhnlich kompakt und leicht (673 g). Eine D5 wiegt 1,4kg, hat dafür aber einen ins Gehäuse integrierten Hochformatgriff mit einem zweiten Satz an Bedienelementen. An die A9 passt der Hochformatgriff VG-C3EM (ca. 400 Euro), der zwei Akkus fasst. Im Design folgt die Neue den A7-Modellen. Dank des vorne angesetzten Handgriffs und rauer Gummierung hat man sie gut im Griff. Nur eins fiel auf: Mit einem lichtstarken, dicken Objektiv wie dem 2,8/24-70 mm schrumpft der Spielraum für die Finger zwischen Handgriff und Objektivtubus. Mit schlanken Fingern geht’s gut, mit „Wurstfingern“dürfte es knapp werden. Mit dem neuen Akku FP-FZ100 sorgt Sony bei der A9 für längere Ausdauer. Damit ist die A9 vielleicht die erste Spiegellose, mit der man sich einen Tag ohne Ersatzakku aus dem Haus trauen würde. Die Kehrseite der Medaille: Wer parallel mit A7-Modellen und der A9 unterwegs ist, braucht verschiedene Typen von Akkus und Ladegeräten. Im Gegensatz zur A7R II hat die A9 einen Sychronkabelanschluss für Blitzgeräte, ergänzend zum Blitzschuh der Kamera. Zwei Slots für SD-Karten stehen bereit. Steckplatz 1 ist kompatibel mit den UHS-Standards I/II, Steckplatz 2 ist als Multi-Steckplatz für Memory Stick Duo und UHS-I-kompatible SD-Karten ausgelegt. Eine schnelle UHS-II-Karte mit einer Transferrate bis zu 312 MB/s ist ratsam, wenn man die Serienbildleistung der Kamera ausreizen will. Zur fast schon klassischen Sony-A-Ausstattung gehört der eingebaute „5-Achsen“Bildstabilisator (Steady Shot). Der OLED-Sucher der Sony ist spitze. Zur hohen Sucherauflösung von 1 228 800 RGB-Pixeln kommen die 0,78fache Suchervergrößerung und eine Bildwiederholrate, die bis zu 120 B/s (bei HIEinstellung) beträgt (60 B/s bei STD). Farben werden natürlich, Kontraste ausgeglichen wiedergegeben. Auch bei geringer Umgebungshelligkeit merkt man beim Kameraschwenk so gut wie keine Verzögerungen im Bildaufbau.
Das TFT-Display der Kamera hat eine Diagonale von 3 Zoll, bietet eine Auflösung von 480 000 RGB-Bildpunkten und lässt sich auf einer Achse verschwenken – um etwa 107 Grad nach oben und 41 Grad nach unten. Neu ist auch, dass das TFT-Display auf Berührung reagiert: Man kann mit der Fingerspitze im Bildfeld einen AF-Punkt setzen (Touch-AF ohne Auslösung) oder beim manuellen Fokussieren die Bildschirmlupe aktivieren, indem man zweimal schnell hintereinander auf den Bildschirm tippt.
Autofokus & Belichtung
Der Sensor-Hybrid-AF der A9 stellt einen neuen Rekord auf: 693 Phasen-AFPunkte – 294 mehr als bei der A7R II – decken laut Sony 93 % des Bildfelds ab, dazu gesellt sich ein Kontrast-AF mit 25 Feldern. Wählen kann man zwischen AF-S (Einzelfeld-AF), AF-C (kontinuierlicher AF), MF (manuelle Fokussierung) und DMF (manueller Override nach automatischer Fokussierung). Bei der AF-Feld-Konfiguration reicht die Auswahl von „Breit“(Messfeldautomatik) über „Feld“(Messfeldgruppe mit 16 Feldern) und „Mitte“(zentrales AFFeld) bis „Flexible Spot“(frei wählbares AF-Feld) und „Erweit. Flexible Spot“(frei wählbares AF-Feld mit umgebenden AF-Punkten als zweite Priorität) sowie AF-Verriegelung (Lock-on). Im Vergleich zur A7RII um 30% verbessert, hat Sony nach eigener Aussage die Gesichtserkennung. Der Autofokus ist spür- und messbar schneller geworden als in den A7-Modellen: 0,25/0,27 s bei 300/30 Lux ermittelte das Labor für die Auslöseverzögerung inklusive AF-Zeit. Der Unterschied zur A7II (0,29/0,30s) ist allerdings geringer als zur A7R II (0,31/0,45 s). Deutlich beschleunigt wurde der kontinuierliche Autofokus, eindeutig verbessert das AF-Tracking, soviel erscheint nach einem ersten Praxistest bei einem regionalen Sportfest (Stabhochsprung) gesichert. Um die Leistungsgrenzen des AF-Systems auszuloten – vor allem im Vergleich mit der SLR-Konkurrenz –, sind jedoch weiterführende Tests nötig. Neben den Standardbelichtungsprogrammen (P, A, S, M) und Vollautomatik (Auto) findet man am Programmwahlrad den Modus „S&Q“(Slow-/QuickMotion). Damit lassen sich kurze Filme in Slow-Motion oder mit Zeitraffer aufnehmen. Normale Videos zeichnet die A9 maximal in Ultra HD (4K) mit 3840 x 2160 Pixeln auf; die Zebra-Funktion hilft mit ihrem Streifenmuster, Überbelichtung zu vermeiden. Über die HDMI-Schnittstelle lässt sich das unkomprimierte Videosignal auslesen und extern aufzeichnen. Die A9 bietet einen mechanischen und einen elektronischen Verschluss. Der mechanische erlaubt Zeiten zwischen 1/8000 und 30 s, der elektronische dehnt die Kurzzeiten bis 1/32 000 s aus und erlaubt das geräuschlose Auslösen. Allerdings steht 1/32 000 s nur in den Belichtungsprogrammen S (Zeitvorwahl) und M (Manuell) bereit, ansonsten ist 1/16 000 s die Grenze. Bei „Verschlusstyp auto“wählt die Kamera bis 1/8000 s den mechanischen Verschluss, bei kür-
zeren Zeiten den elektronischen. Ist der mechanische Verschluss aktiv, lässt sich das Auslösegeräusch reduzieren, wenn der erste Verschlussvorhang elektronisch gebildet wird (Einstellung im Aufnahmemenü). Serienaufnahmen mit 20 JPEGs pro Sekunde schafft die A9 ausschließlich mit dem elektronischen Verschluss. Eine Dunkelpause zwischen den Bildern gibt es nicht; Belichtung und Autofokus berechnet die Kamera laut Hersteller dabei bis zu 60-mal pro Sekunde. Ein mächtiger Pufferspeicher als Bestandteil des Mehrschichtsensors macht etwa 240 Auslösungen im RAWModus und 360 JPEGs möglich, bevor der Bilderfluss das erste Mal ins Stocken gerät. Im Test mit einer SD-Karte der UHS-I-Klasse (SanDisk Extreme Pro, 95 MB/s) dauerte das Speichern von 240 RAW-Belichtungen etwas länger als eine Minute, wobei die Kamera nach kurzer Atempause weitere Serienbelichtungen ermöglichte – eine reife Leistung!
Bedienung & Performance
Bedienen lässt sich die A9 nach dem Muster der A7-Schwestermodelle. Wie gehabt, findet man rechts oben am Gehäuse die rastende Wählscheibe für Belichtungsprogramme, jetzt mit Positionen für drei Individualspeicher (zwei bei der A7R II). Neu dagegen: das Funktionswahlrad links oben am Gehäuse. Damit stellt man zum einen Betriebsarten wie Einzel- und Serienbild, Selbstauslöser und Bracketing ein, zum anderen verschiedene AF-/MFModi. Ebenfalls neu ist ein „Joystick“als Richtungsschalter, der nicht nur beim Verschieben von AF-Punkten gute Dienste leistet. Er ergänzt den Sonytypischen Multifunktionswähler mit integrierter OK-Taste und Einstellrad. Dazu gibt es ein weiteres Einstellrad für den Daumen und eines vorne am Griff für den Zeigefinger. Mit einem rastenden Einstellrad korrigiert man die Belichtung im Bereich von ± 3 Blenden (± 5 Blenden sind im Menü einstellbar). Über die Fn-Taste gelangt man in das praktische Funktionsmenü. Auf 12 Funktionsfeldern am unteren Bildfeldrand kann man mittels Drehrad direkt Einstellungen verändern oder in ein Untermenü wechseln. Welche Funktionsfelder an welcher Position angezeigt werden, kann der Anwender selbst konfigurieren. Über vier frei belegbare Funktionstasten (C1-4) lässt sich die Bedienung zusätzlich individualisieren. Per „Disp“-Taste erreicht man einen Anzeigemodus, der die gesamte Monitorfläche für Informationen nutzt. Rechts am Bildschirmrand finden sich dann ebenfalls Funktionsfelder, die man über die Fn-Taste erreicht. Das umfangreiche Hauptmenü ist durch sechs Karteireiter (Aufnahme A1/A2, Netzwerk, Wiedergabe, Einstellung, Mein Menü) gegliedert und umfasst nicht weniger als 37 Menüseiten mit maximal sechs Einträgen pro Seite – da findet man auch nach Monaten noch Einstellungen, die man zunächst übergangen hat. Neu dabei ist „Mein Menü“, wo man sich Einträge nach persönlichem Gusto zusammenstellen kann.
Mit integriertem WiFi (WLAN) und Bluetooth 4.1 sind die Drahtlosfunktionen der Kamera auf der Höhe der Zeit. Mit der Smartphone-App „PlayMemoriesMobile“ist der Bildtransfer zur Kamera per WLAN ebenso möglich wie deren Fernsteuerung mit LiveBild am Smartphone (Remote-Betrieb). Dank Bluetooth-Verbindung besteht auch die Möglichkeit, über das Smartphone Ortsdaten abzurufen und mit Aufnahmen zu verknüpfen.
Bildqualität
Der rückseitig belichtete, in mehreren Schichten aufgebaute Bildsensor (Exmor RS CMOS) ermöglicht der A9 laut Sony ein rund 20-mal schnelleres Auslesen der Bilddaten bei der A7II mit von vorne belichtetem CMOS. In den Bildsensor integriert ist als eigene „Schicht“ein Pufferspeicher für Bildserien. Gleichzeitig soll ein verbesserter Bionz-X-Prozessor für exzellente Bildqualität sorgen. Und was sagt das Labor? Bei der Grenzauflösung wird ein Maximalwert von 1924 LP/BH (ISO 100) erreicht; das ist etwas mehr als bei der A7II (1869 LP/BH), ebenfalls mit einem 24-Megapixel-Sensor. Bis ISO 1600 bleibt die Auflösung um 1800LP/BH und erreicht immer noch 1703LP/BH bei ISO12800. Auch die Dead-Leaves-Werte liegen auf hohem Niveau (maximal 1367/1328 LP/BH) und fallen erst ab ISO3200 unter die 1000er-Grenze (945/924 LP/BH). Die Dynamik ist mit rund 10 Blenden bis ISO 1600 gut, aber nicht spektakulär, da man von der Konkurrenz in diesem ISO-Bereich auch 11 bis 12 Blenden kennt. Bis ISO 3200 ist das Bildrauschen vernachlässigbar (VN 0,7 bis 1,3), und auch bei ISO6400 bleibt es unterhalb der VN-2,0-Grenze. Im Vergleich zur A7R II (42 MP) gerät die A9 (24 MP) bei ISO 100/400 aufgrund der geringeren Auflösung ein paar Punkte ins Hintertreffen. Ab ISO 800 zieht sie dann aber gleich, und ab ISO 1600 verbucht sie Vorteile – was die HighISO-Qualitäten der A9 hinreichend belegt. Mit kleineren Sensoren als 36 x 24mm lässt sich so etwas bis heute nicht hinbekommen: Auch die besten 24-Megapixel-Kameras der APS-CKlasse – egal, ob Sony A6500, Nikon D500 oder Fujifilm X-T2 – können mit der A9 bei höheren ISO-Einstellungen nicht mithalten.