Portfolio „Zauberwelten“
Fotos von Maria Jessel
Vom Spätsommer bis zum ersten Frost sind Pilze faszinierende Motive für Maria Jessel. Mit Geschick und der richtigen Ausrüstung setzt sie die scheuen Waldbewohner gekonnt in Szene. Alle Fotos: Maria Jessel
Maria Jessel liebt die Natur und ausgedehnte Spaziergänge durch Wälder und Wiesen. Besonders im Spätsommer und Herbst, wenn es kühler und feuchter wird, sind ihre Sinne geschärft, denn in schattigen Wäldern und zwischen Laub und Moos schießen ihre Lieblingsmotive quasi über Nacht aus dem Boden: Pilze. Hat sie ihr Objekt der Begierde entdeckt, geht es just ans Aufnehmen: „Mit dem Motiv wird die Bildidee meist gleich mitgeliefert. Das Umfeld ist oft aber sehr chaotisch, und ich versuche, mein Wunschobjekt darin so schön wie möglich zu präsentieren.“
Auf Pilzsuche
Meist sind es die Wochenenden, an denen die Ausflüge in die Umgebung stattfinden, und dann spielt das Wetter natürlich eine wichtige Rolle. Regen ist schlecht für die Fotoausrüstung, und helles Sonnenlicht ist auch nicht zu empfehlen. Aber Maria Jessel weiß sich zu helfen, und notfalls wird auch schon in grellem Sonnenschein unter einem Regenschirm fotografiert. Es sollte aber immer ausreichend Licht vorhanden und der Waldboden möglichst trocken sein, also zum Niederknien einladen. Man kann natürlich auch eine wasserdichte Unterlage benutzen.
Die richtige Ausrüstung Als Pilze zu Maria Jessels Lieblingsmotive wurden, lag sie oft der Länge nach auf dem Bauch vor den Pilzen. Ihre damalige Canon EOS 350D hatte noch kein Klappdisplay, und um durch den Sucher schauen zu können, berührte sie mit dem Gesicht fast den Waldboden. Maria Jessel erzählt: „Die Kamera stand damals oft auf einem kleinen Säckchen, gefüllt mit trockenen Bohnen, sodass man sie halbwegs stabilisieren und ausrichten konnte.“Ein Stück Alufolie diente häufig als Reflektor. Um die Ausrüstung ihren Bedürfnissen anzupassen, schaffte sich die fc-Fotografin eine Canon EOS 600D mit Klappdisplay an. Dazu kam das Canon Objektiv EF-S 18-135 mm und später, für ihre folgende Leidenschaft, die kleinen Flechten, das Makro Canon Macro Lens EF 2,8/100 mm. Ein kleines stabiles Berlebach-Stativ mit Kugelkopf wurde ebenfalls auf Anraten ihrer fc-Freunde besorgt, ein Reflektor plus Drahtauslöser komplettierten die neue Ausrüstung. „Sehr hilfreich kann auch eine Taschenlampe mit neutralem Licht sein. Ich benutze eine kleine Fenix E15“, lautet ihr Rat. „Mehr sollte es aber bei mir möglichst nicht sein, denn das alles zusammen ist schon schwer genug, wenn man stundenlang durch den Wald streifen will.“
Vorbereitung Sind die Vorbereitungen getroffen, versucht Maria Jessel, die Pilze mit fotografischen Tricks aus dem Gras, dem Laub oder einer Baumhöhle „hervorzulocken“. Aber Pilze sind nicht transportabel und drehen auch nicht das Köpfchen, wenn man sie darum bittet. Das heißt, Jessel muss sich ihnen anpassen. „Ihre Schokoladenseite zu finden ist noch relativ einfach, aber nicht immer lässt sich dann die Kamera samt Stativ im Gestrüpp mühelos positionieren“, erzählt sie. „Wer einen kleinen Besen oder Pinsel zur Hand hat, fegt den Vorplatz sauber, sammelt störendes Laub von den Hüten und schlägt oder kratzt eine kleine Schneise ins Erdreich, damit die Bahn freie Sicht bietet und kein Grashalm den Weg versperrt.“
Das richtige Licht
Oft kommt das natürliche Licht genau von der falschen Seite oder nicht flach von links, wie man es gern hätte, oder der Fuß des Pilzes liegt völlig im Dunkeln. Dann kommen Taschenlampe und Reflektor zum Einsatz. Er fängt das Licht ein und schickt es an die vorteilhafteste Stelle zurück. Auch die Hutunterseite und der Stiel sollten gut ausgeleuchtet sein. Besonders dunkel kann es in belaubten Buchenwäldern werden. Dann ist es gut, wenn man vorsichtig mit einer Taschenlampe nachhilft, aber mit möglichst neutralem Licht, sonst stellt sich leicht ein Farbstich ein.
Die passende Blende
Je nach Hintergrund entscheidet man, ob die Blende offen oder geschlossen sein soll. Mit offener Blende (5,6) kann man für eine schöne Freistellung sorgen. Ein störender Hintergrund wird unscharf und tritt zurück. Mit geschlossener Blende (16) bekommt man eine schöne Tiefenschärfe und kann den Hintergrund in die Aufnahme einbeziehen. „Hier braucht es aber unbedingt ein Stativ, denn selten ist es hell genug, um die Kamera bei geschlossener Blende und entsprechend langer Belichtungszeit ohne zu wackeln mit der Hand halten zu können“, weiß die fc-Fotografin.
Es kommt auch vor, dass ein bildschöner Pilz an einem für Kamera und Stativ völlig unzugänglichen Platz steht. Dann löst man ihn ganz vorsichtig aus diesem undurchdringlichen Umfeld heraus und platziert ihn an einem schönen Ort, der halbwegs seiner natürlichen Umgebung entsprechen sollte. „Das empfehle ich aber niemandem, es sei denn, der Pilz ist essbar und wird anschließend in die Pfanne gelegt und nicht lieblos in den Wald zurückgeworfen.“Ein ernsthafter Pilzfotograf und Naturfreund würde so etwas natürlich niemals tun!