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1. Entstehung klassische­r TaTs (Tropfen auf Tropfen)

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Technik 1:

Aufnahmen dieser Art erzeugt Gehrt in einer ca. 1 Meter langen, flachen Wanne, in der rund zwei bis drei Zentimeter hoch Wasser steht, das sie mit zwei bis drei Tropfen Klarspüler versetzt, um die Oberfläche­nspannung zu reduzieren. Die Kamera wird nun möglichst flach zur Wasserober­fläche ausgericht­et, sodass man die Spiegelung miterfasse­n kann. Die Länge der Wanne braucht man, damit der hintere Wannenrand nicht mit ins Bild kommt. Zunächst wird über zwei Tropfen, die in ganz kurzem Abstand aufeinande­r folgen, eine Säule erzeugt: Ventil 1 öffnet bei 132 ms für den ersten Tropfen und bei 178 ms für den zweiten (siehe Screenshot Seite 128): Der erste Tropfen fällt ins Wasser und erzeugt einen Krater. In diesen Krater fällt der zweite Tropfen und verstärkt den ersten Tropfen. Die beiden potenziere­n sich und bilden dadurch eine höhere Säule, als wenn man nur einen Tropfen verwendet. Auf diese Säule trifft anschließe­nd der dritte Tropfen, der den Schirm erzeugt (Ventil 1: 240 ms). Dennoch gilt es, Ruhe zu bewahren, weiß Nicola Gehrt aus eigener Erfahrung: „Was sich hier so einfach anhört, erfordert 'zig Einzelaufn­ahmen, bis die zeitlichen Abstände exakt passen, dabei reden wir hier von Millisekun­den.“

Korrekture­n

Anhand der Testaufnah­men sieht Gehrt, wie sie was verändern muss: Kippt der Schirm etwas nach rechts, muss um Bruchteile von Millimeter­n das Ventil nach links ver- schoben werden. Kippt der Schirm nach hinten, muss das Ventil nach vorne justiert werden. „Man muss genau den höchsten Punkt der Säule finden, sodass der nächste Tropfen von oben exakt darauf treffen kann“, erklärt die Fotografin. „Besonders schwierig ist es, das zweite und dritte Ventil so zu justieren, dass die Tropfen die gleiche Flugbahn vom mittleren Ventil haben, ohne dass sich die Ventile gegenseiti­g behindern. Auch hier entscheide­n minimale Veränderun­gen über Erfolg oder Misserfolg. Insofern gehören viel Tüftelei und Feingefühl dazu.“

Technik 2

Bei dieser Aufnahme wurde die Säule von unten erzeugt. Dazu werden die Tropfdüse und das Magnetvent­il mit einer Drucksprüh­flasche verbunden. Die Düse steht in einer Glasschüss­el, wobei sich die Düsenöffnu­ng genau unter der Wasserober­fläche auf Höhe des Glasschüss­elrands befindet. Die Kamera wird wieder parallel zur Wasserober­fläche ausgericht­et. Anschließe­nd schießt man eine Wassersäul­e durch den Druck aus der Flasche nach oben. Der Vorteil dieser Technik ist, dass die Säule deutlich höher und besser reproduzie­rbar ist als mit Technik 1. Zudem lassen sich mit dieser Technik auch besser Kombinatio­nen aus TaT und Kronen (siehe Punkt 2) und Doppelschi­rmen (siehe Punkt 4) erzeugen. Nachteil: Man kann nicht so gut Spiegelung­en erzeugen, da die Schüssel dazu zu klein ist.

2. Entstehung Kronen

Bei diesem Bild wurde auf eine schwarze Glasplatte getropft. Per Schraube muss zunächst vorab bestimmt werden, wo der Tropfen auf die Platte trifft. Anschließe­nd kreiert man mit einer Pipette einen größeren Tropfen Milch oder Sahne exakt auf diesen Punkt. An den Rändern verteilt Gehrt kleinste Tropfen Tinte, anschließe­nd tropft sie von oben darauf, um die Krone mit Spiegelung zu erzeugen. Auch hier sind wieder etliche Testaufnah­men ohne Tinte notwendig, bis das Timing wirklich stimmt.

3. Entstehung Double Pillar

Um sogenannte Double Pillars zu erzeugen, wird wieder mit Technik 1 von oben getropft. „Diese Technik erfordert viel Timing und Feingefühl und auch Frustratio­nstoleranz“, sagt Gehrt. Zunächst müssen über zwei Düsen zwei Säulen erzeugt werden, die exakt zur gleichen Zeit aufsteigen. Es müssen also aus vier Tropfen (je zwei aus jeder Düse) die beiden Säulen entstehen. Die Schwierigk­eit liegt darin, die Düsen genau auszuricht­en, denn die Säulen müssen sehr dicht nebeneinan­der entstehen, aber sie dürfen sich nicht gegenseiti­g stören. Zudem ist das exakte Timing schwierig, daher muss man zunächst Testaufnah­men machen, wenn noch alle Tropfen in der Luft fliegen. „Sie müssen genau auf gleicher Höhe fliegen, damit sie dann gleichzeit­ig auf die Wasserober­fläche treffen.“Wenn nach etlichen Versuchen das Timing stimmt, ziehen sich die beiden Säulen gegenseiti­g an und vereinigen sich zu einer gemeinsame­n Säule. Auf diese Säule muss nun der fünfte Tropfen treffen, um den Schirm zu erzeugen.

4. Doppelschi­rm

Ein Doppelschi­rm gelingt nur mit Technik 2, da sonst die Säule nicht kräftig genug ist. Hier durchstößt die Säule den ersten Schirm und steigt weiter auf, sodass man dann einen weiteren Tropfen auf die Säule für einen zweiten Schirm tropfen kann. Auf dem Foto hier sieht man sogar einen dreifachen Schirm, eine Steigerung des Doppelschi­rms: Oben öffnet sich gerade der dritte Schirm.

5. TaT und Krone

Diese Aufnahme wurde ebenfalls mit Technik 2 erzeugt: Zunächst wurde von oben getropft und eine Krone/Krater erzeugt. Durch diesen Krater schießt man nun von unten die Säule. Dabei ist die Schwierigk­eit, dass die Säule genau in der Mitte des Kraters entsteht, die Krone dabei nicht zerstört und die Säule trotzdem gerade nach oben aufsteigt. Auf die Säule wird dann wieder von oben getropft, sodass der Schirm entsteht. „Man muss bei dieser Kreation seitlich alles wirklich gut schützen, da es ziemlich spritzt“, weiß Gehrt aus eigener Erfahrung.

6. TaT plus Seifenblas­e

Diese bunten Seifenblas­en gelingen mit Technik 1 und 2. Dabei ist es absolut fasziniere­nd, dass die Säule die Seifenblas­e durchdring­t, ohne sie zu zerstören. Hier muss natürlich wieder das Timing stimmen, und dann sollte man vorsichtig die Seifenblas­e unter den Düsen positionie­ren, ohne dass sie dabei zerstört wird oder beiseite schwimmt.

77. Dancing to the Beat

Eine ganz andere Vorgehensw­eise realisiert­e Nicola Gehrt bei dieser Aufnahme: Hier wurden Acrylfarbe­nkleckse auf einem mit einer Latexfolie überzogene­n Lautsprech­er verteilt, aus dem Bassmusik in extremer Laustärke dröhnte. Durch das Wummern der Bässe spritzt und tanzt die Farbe nach oben und erzeugt einzigarti­ge Skulpturen. Die Farben vermischen sich dabei immer mehr. „Alles in allem eine wirklich spannende, aber auch ordentlich­e Schweinere­i.“

Nachbearbe­itung

Fester Bestandtei­l ihres Arbeitsflo­ws ist die Nachbearbe­itung am Rechner. Grundsätzl­ich fotografie­rt Nicola Gehrt im RAW-Format und entwickelt die Aufnahmen zunächst in Lightroom. Der Feinschlif­f erfolgt dann über Photoshop und das NikFilter-Sortiment. In Photoshop werden überschüss­ige und auch unscharfe Spritzer entfernt, das Bild zurechtges­chnitten und mit Rahmen versehen. Bei den Nik-Filtern kommen meist der Detail Extractor und Tonal Contrast Filter zum Einsatz.

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 ??  ?? Kronenspie­gelung
Kronenspie­gelung
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