Huawei Mate 9 und 10 Pro
Von Huawei nehmen zwei Modelle am Test teil, das Mate 9 und sein brandaktueller Nachfolger Mate 10 Pro. Bereits das Huawei Mate 9 wartet mit einer von Leica entwickelten Dual-Kamera der zweiten Generation auf: Dabei kombiniert Huawei einen 12-Megapixel-Farbsensor mit einem 20-Megapixel-Schwarzweißsensor. Im Mate 9 beträgt die Lichtstärke der beiden Optiken Blende 2,2 bei 4,5 mm Brennweite, im Mate 10 Pro lauten die Werte nun Blende 1,6 und 3,95 mm. Die äquivalente Kleinbildbrennweite gibt Huawei in beiden Fällen mit 27 mm an. Damit ist die Optik des 10 Pro eine Blende lichtstärker, der Sensor aber offenbar auch etwas kleiner. Bei JPEG-Aufnahmen rechnen beide Huaweis die Farbinformationen des Farbsensors in das höher aufgelöste Schwarzweißbild hinein. Der Schwarzweißsensor arbeitet zudem nicht nur mit mehr Pixeln, sondern kann typbedingt auch eine bessere Feinzeichnung und Dynamik liefern, da er ohne lichtschluckende Farbfilter auskommt. So nutzt der SW-Sensor das ganze Licht, während bei Farbsensoren vor jedem Pixel ein Farbfilter sitzt, der einen guten Teil des auftretenden Lichts schluckt. Bei RAW-Bildern nutzt Huawei in erster Linie den Farbsensor und optimiert dessen Ergebnis lediglich mit Informationen des SW-Sensors. Damit hat das JPEG-Bild 20 und das gleichzeitig erstellte RAW 12 Megapixel. Natürlich kann man auch nur den Monochrom-Sensor für reine SW-Bilder nutzen. Dann liefern beide Huaweis ein 20-Megapixel-JPEG allerdings kein RAW. Die Mate-9-Rückseite besteht aus mattiertem Metall, seine Vorderseite fast vollständig aus einem 5,9 Zoll großen Full-HD-Display. Beim Mate 10 Pro ist auch die Rückseite wie die Vorderseite aus geschütztem Glas gefertigt. Zudem setzt auch Huawei auf eine fast randlose Bauweise im 18:9-Format, was das Mate 10 Pro schmäler und damit grifffreundlicher macht.
Autofokus und Performance
Das Mate 9 nutzt zum Scharfstellen eine Kombination aus Hybrid- und Laser-AF, die treffsicher und extrem schnell agiert (Auslöseverzögerung: 0,1/0,15 s). Hier punktet das Mate 10 Pro auf gleichem Niveau. Auch die Kamera-App ist im Wesentlichen gleich geblieben – was wir sehr begrüßen, da die Huawei-App zu den besten gehört. Obwohl die Kamera-App von Huawei viele Funktionen und Einstellmöglichkeiten bietet, wirkt sie aufgeräumt und macht effizientes Arbeiten leicht. Sie startet im Automatikmodus, in dem sich etwa der Tiefenschärfeeffekt, Blitz und Bildstile per Touch-Icons direkt (de)aktivieren lassen. Je nachdem, in welche Richtung man wischt, erscheint entweder die Modusübersicht mit Funktionen wie Monochrom und HDR oder das Menü mit Aufnahmeparametern wie Auflösung, Timer und AF-Tracking. Zieht man den Pfeil oberhalb des Auslösebuttons nach oben, wechselt die Kamera zum ProModus. In diesem kann man ISOZahl, Verschlusszeit (bis 30s), Belichtungskorrektur und -messmethode, Weißabgleich und Fokus manuell einstellen. Nur im Pro-Modus kann der Fotograf vom reinen JPEG zum JPEG+RAW-Betrieb wechseln. An kleinen Stellschrauben hat Huawei dennoch gedreht. So stehen die Aufnahmeparameter wie Belichtungszeit und ISO nun auf einem schwarzen Streifen neben dem Bild, was die Lesbarkeit signifikant erhöht. Noch beim P10 Plus standen diese Zahlen im Bild, was je nach Motiv zu kaum erkennbaren Werten führte. Zudem gehört die Huawei-Lösung zu den Kamera-Apps mit einer echten Halbautomatik für ISO und Belichtungszeit. Das Samsung Note 8
etwa führt die Empfindlichkeit nach, wenn man den ISO-Wert verändert. Will der Fotograf die Belichtungszeit vorgeben, muss er den ISO-Wert händisch nachführen. Die HuaweiApp beherrscht beides. Geblieben ist, dass das Huawei im Querformat die eingestellten Aufnahmeparameter nicht dreht, sondern längs der Querseite des Bildes schreibt. Am Ende ist dies aber nur ein Schönheitsfehler und das Huawei holt die meisten Punkte für die Bedienung.
Bildqualität
Grundsätzlich arbeiten beide MateModelle im RAW-Modus mit 12 MP. Bei guten Lichtverhältnissen liegt die Auflösung des Mate 9 in der Mitte bei 1484 LP/BH – dieses Niveau kann Huawei auch bei wenig Licht halten. Der Randabfall ist verhältnismäßig klein, und die Texturmessung fällt auch gut aus: Das Mate 9 kann Strukturen mit kräftigen aber auch schwächeren Kontrasten gut wiedergeben – selbst bei wenig Licht. Erfreulich, dass nur wenige Artefakte in die Bilder hinzugerechnet werden. Der VN-Wert klettert von 2,5 (bei 1000 Lux, ISO50) auf 4,5 (bei 250 Lux, ISO 246), dann auf 7,0 VN (bei 63 Lux, ISO 542). Die Verzeichnung des Objektivs korrigiert Huawei sowohl in den JPEGs als auch in den RAWs sehr ordentlich. Das Color Shading bekommt es dagegen nicht vollständig in den Griff, was sich an teils skurrilen Farbverläufen zeigt. Hinzu kommt eine signifikante Abschattung der Bildecken (Shading) im RAW-Modus. Das Mate 10 Pro liefert in der Bildmitte die gleiche Auflösung wie das Mate 9, schneidet aber an den Rändern und bei den Dead-Leaves-Werten moderat schlechter ab. Sollte der Sensor tatsächlich etwas weniger Fläche haben – was die Brennweiten nahelegen – könnte dies ein Grund sein. Der andere ist ganz sicher die höhere Lichtstärke. Lichtstarke Objektive haben fast immer einen stärkeren Randabfall als lichtschwächere Objektive, abblenden erhöht im Normalfall die Auflösung am Bildrand. Die geringere Auflösung in den Ecken ist wohl der Tribut, den eine Blende mehr Lichtstärke fordert. Da auch unsere DL-Testfelder nicht in der Mitte des Testcharts stehen – dort befindet sich der Siemensstern für die MittenAuflösung – dürfte auch bei den DLWerten das Objektiv ein Grund für etwas schlechtere Werte sein. Pluspunkte sammelt das Mate 10 Pro an anderer Stelle. So ist das Rauschen bei allen drei gemessenen Helligkeiten niedriger, und es sinken sowohl Vignettierung als auch Color Shading. Die Ecken sind damit weniger abgedunkelt und Farbverläufe über das Bild unauffälliger.
Wenn es um Bedienung und Funktionalität also die Kamera-App geht, so überzeugen beide Mates – mit einem leichten Vorsprung des Mate 10 Pro. Beide Modelle punkten mit guten Displays deren Anzeige auch in der Sonne erkennbar bleibt. Außerdem arbeitet der Autofokus zuverlässig und schnell. Damit entscheidet das Mate 10 Pro das Kapitel Bedienung für sich. Bei der Bildqualität punktet das Mate 10 Pro mit dem um eine Blende lichtstärkeren Objektiv, das Mate 9 mit der besseren Auflösung am Rand. Allerdings kostet das Mate 9 mit 64 GB Speicher nur noch 450 Euro während für das Mate 10 Pro mit 128 GB Speicher um die 800 Euro zu zahlen sind. Das Mate 9 erhält einen Kauftipp Preis/Leistung, das Mate 10 Pro wegen der hohen Lichtstärke einen Kauftipp Kamera.
Annette Kniffler, angepasst Redaktion