The Potemkin Village
In seinem neuen Bildband wendet sich Gregor Sailer – wie schon in „Closed Cities“– architektonischen Artefakten zu, die ein Ergebnis politischer und wirtschaftlicher Interessen sind. Der Titel bezieht sich auf eine Legende, nach der der russische Feldmarschall und Favorit der Zarin bei einem Besuch Katarinas II. auf der Krim die Fassaden der Dörfer herausputzen ließ, um den Verfall der neuen Gebiete zu verschleiern. Wenn Gregor Sailer nun die Aufnahmen der russischen Städte Ufa und Suzdal zeigt, so ist der Bezug auf diese Legende noch am passendsten: Die Fassaden der verfallenden Häuser sind anlässlich eines hohen politischen Besuchs aufwendig mit Planen und Klebefolien dekoriert. Seine Bildserien aus Frankreich, Deutschland, den USA und China gehen weiter und präsentieren uns komplette Wohnanlagen, die fremde Gegenden oder Städte nachahmen. Teils sind es schmucklose militärische Einrichtungen – zweckgebundene, minimalistische Bauten für Truppenübungen: teils sehr komplexe, bis ins kleinste Detail getreue Nachbildungen europäischer Städte in China, wo lediglich chinesische Schriftzeichen verräterische Hinweise auf die Künstlichkeit der Szenerie geben. Gregor Sailer nimmt seine Motive so auf, dass sie immer wie fehlplatziert oder als Fremdköper wirken. Bis auf wenige Ausnahmen zeigen seine Fotos keine Menschen, was den surrealen Eindruck dieser abgeschotteten Landschaften nur noch stärker betont.