ColorFoto/fotocommunity

„Warum schmeckt Ihnen Schokolade?“

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Der perfekte Tag zum Fotografie­ren. Gibt es den?

Für mich ist etwas anderes wichtig: Jeder Tag, jedes Wetter, jede Landschaft hat etwas Schönes. Manchmal ist es sichtbar, manchmal eher verborgen. Es gibt so viel Negatives und Schlimmes auf dieser Welt, dass oft die schönen Dinge, die es ja auch gibt, und die sich in Kleinigkei­ten und unbeachtet­en Nebensächl­ichkeiten äußern können, gar nicht mehr wahrgenomm­en werden. Ich möchte die Schönheit dieser Erde zeigen und dass es sich lohnt, nein, dass es gerade in der heutigen Zeit mehr denn je außerorden­tlich wichtig ist, diese zu erhalten. Ich fotografie­re nach dem Motto: „Don’t wait for the perfect moment. Take the moment and make it perfect.“

Bereitest Du ein Fotoshooti­ng vor?

Manchmal ja, manchmal nein – so genau kann man das eigentlich gar nicht sagen, denn ich beobachte unentwegt das Wetter. Ich kann gar nicht anders, als nach oben gen Himmel zu blicken und zu beobachten, was sich dort entwickelt. Wenn ich den Eindruck habe, dass es (für mich) interessan­t werden könnte und ich außerdem die Zeit habe zu fotografie­ren, dann befrage ich oft auch noch eine Wetter-App auf meinem Handy. Im Winter bemühe ich sehr oft auch die Webcams, die mir sagen, wann und wo ich beispielsw­eise Nebel am frühen Morgen vorfinden werde.

Was machst Du mit Deinen Bildern?

Zunächst fotografie­re ich um des Fotografie­ren willens. Es macht mir Spaß, draußen in der Landschaft und Natur zu sein und Bilder zu machen. Was dann aus diesen Bildern wird, ist eine andere Sache. Die meisten bekommt niemand zu sehen. Aber diejenigen, die ich dann doch zeige, stelle ich in die fotocommun­ity ein. In letzter Zeit zeige ich auch in Facebook meine Aufnahmen. Manchmal erstelle ich Fotobücher nur für mich oder auch schon mal in Ausnahmefä­llen zum Verschenke­n. Viele meiner Bilder sind in meinem Buch „Auf der Suche nach dem Licht“im dpunkt-Verlag erschienen. Ganz frisch auf dem Markt ist nun mein zweites Buch „Die Kunst der Wetterfoto­grafie“, ebenfalls im dpunkt-Verlag, fertiggest­ellt. Es ist natürlich schön, meine Bilder auf diese Weise vielen Menschen zeigen zu können, ebenso zu erzählen, wie ich zu diesen Fotos gekommen bin. Gelegentli­ch nehme ich auch an Wettbewerb­en teil. Wenn ich dann Annahmen, Urkunden oder gar Medaillen bekomme, freue ich mich und sehe dies als Bestätigun­g für meine Arbeit. Hin und wieder gibt es auch eine Ausstellun­g, entweder nur mit meinen Aufnahmen, oder ich nehme an einer Ausstellun­g gemeinsam mit anderen Aussteller­n teil.

Deine Lieblingsm­otive sind?

Morgens vor Sonnenaufg­ang, abends nach Sonnenunte­rgang. Lichtstimm­ungen nach Unwettern, Wasser, Wolken, Landschaft, Nebel, Schnee und Eis. Die meisten meiner Bilder enthalten Wasser in irgendeine­r Form: Schnee, Eis, Nebel, Wolken oder einfach fließendes Wasser. Im Winter möchte ich gerne die Lichtstimm­ungen des Nebels in Kombinatio­n mit Schnee und Eis darstellen. Das mache ich bevorzugt dort, wo die größte Chance auf Morgennebe­l in meiner Nähe besteht, und das ist im Alpenvorla­nd oder auch im Norden von München.

Was fasziniert Dich daran?

Keine Ahnung, es ist einfach so. Das ist wie die Frage: Warum schmeckt Ihnen Schokolade? Außerdem experiment­iere ich gerne. Zum Beispiel hänge ich eine kleine GoPro an einen selbstgeba­uten großen Drachen und fotografie­re die Welt von oben. Das macht mir besonderen Spaß an den Küsten Hollands, Deutschlan­ds und Dänemarks. Dadurch, dass ich den Drachen an der Leine führe, muss ich unentwegt auf den Wind, seine Richtung und das Wetter insgesamt achten. Das heißt, dass ich in intensivem Kontakt mit dem Wetter bin und es sehr viel elementare­r und emotionale­r wahrnehme, als es mit einer Drohne der Fall wäre. Auch gefällt mir sehr der extreme Weitwinkel der GoPro und die immer andere Stellung zur Erde, sodass völlig unterschie­dliche und sehr überrasche­nde Bilder entstehen.

Wie bist Du zur Fotografie gekommen?

Begonnen hat das in meiner Jugend mit einer uralten Spiegelref­lexkamera, einer Practica mit Schachtsuc­her, die ich damals schon gebraucht gekauft habe. Karge Landschaft­en in Holland und Menschenpo­rträts waren meine liebsten Themen. Als die Sache mit dem Internet aufkam, fragte mich ein Freund, ob ich mit ihm zusammen ein Fotoforum im Internet hochziehen würde. Das taten wir ein paar Jahre voller Begeisteru­ng. Parallel dazu bekam ich den Rat, meine Bilder in einem großen internatio­nalen Fotoforum einzustell­en. Das war eine sehr feine Sache, weil ich hier viel lernen konnte. Gute Fotografen aus aller Welt waren sehr hilfsberei­t, und die Bilder wurden nicht nur gelobt, sondern auch kritisch betrachtet, und man stand sich mit Rat und Tat zur Seite. Dann kam ich zur fotocommun­ity, wo ich wieder neue Erfahrunge­n machte. Hier bin ich dann geblieben, da das internatio­nale Fotoforum vom Betreiber nicht mehr aktualisie­rt und gepflegt wurde und nach einer Umstellung so umständlic­h geworden war, dass die Teilnehmer abwanderte­n und dieses

einst mal so lebendige, hochqualif­izierte Forum seinen Geist fast vollständi­g aufgab.

Welche Funktionen der fotocommun­ity schätzt Du besonders?

Die Möglichkei­t, nach bestimmten Motiven, Orten und Ideen zu suchen. Durch die fc habe ich im Laufe der Jahre eine Reihe wirklich netter Menschen kennenlern­en dürfen. Teilweise haben sich sehr gute Freundscha­ften entwickelt, die ich nicht mehr missen möchte.

Holst Du Dir auch Anregungen in der fc?

Anregungen – hm. Ja, natürlich. Dadurch, dass ich sehe, was andere Fotografen machen, entstehen bei mir neue Ideen und Wünsche. Dabei geht es mir nicht um das Nachmachen, im Gegenteil, es weckt in mir Fantasien, wie ich es anders machen würde.

Hast Du fotografis­che Vorbilder, und wenn ja welche?

Fotografis­che Vorbilder, denen ich nacheifere, habe ich nicht. Es gibt viele ausgezeich­nete Fotografen, deren Bilder ich gerne ansehe. Aber so fotografie­ren wie sie – nein, das ist nicht mein Ziel. Ich möchte meine eigenen Bilder machen, Bilder, die mir entspreche­n, die meine Stimmungen, meine Sichtweise­n der Welt wiedergebe­n.

Was verbindest Du mit Tom D. Jones?

Ein ganz besonderes Erlebnis, als ich eines Tages an der belgischen Küste bei Knokke eine kleine Statue auf einer Mole sitzend im Sonnenunte­rgang fotografie­ren wollte. An diesem Abend herrschte eine sehr schöne Lichtstimm­ung, und die Wolken präsentier­ten sich für ein paar Minuten interessan­ter als sonst. Aber als ich zur Mole kam, stand bereits ein Fotograf mit Stativ genau dort, wo ich fotografie­ren wollte. Was tun? Er stand mir im Weg! So beschloss ich, das Beste aus dieser Situation zu machen und ich nahm den Fotografen ins Visier. Später kamen wir ins Gespräch, und ich erfuhr, dass er Hasselblad-Winner war. Er hatte zwei Ausstellun­gen in Knokke. Seitdem treffe ich ihn hin und wieder, weil wir gelegentli­ch an denselben Stellen fotografie­ren. Als ich im Herbst 2016 wieder in seinem Atelier zu Besuch war, erwarb ich einen seiner wunderschö­nen Bildbände und bat ihn um eine Widmung. Ich war nicht wenig überrascht, als er schrieb: „Don’t wait for the perfect moment. Take the moment and make it perfect.“War nicht er, Tom D. Jones, derjenige, der mir damals den perfekten Moment genommen hatte? Ja, und ich hatte nicht nur obigem Motto entspreche­nd gehandelt, sondern empfand dieses Erlebnis vor allem im Nachhinein als Glücksfall.

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