Panasonic Lumix G9
Top-Technik im handlichen Body
Kleiner, leichter, mit verbessertem Sucher und mit einem Infodisplay ausgestattet – die G9 verwandelt die GH5 in eine High-End-Kamera für Fotografen. Das neue Top-Modell kostet 1700 Euro und arbeitet nominell mit dem gleichen CMOS-Sensor wie die GH5, doch hier unterdrückt eine Antireflexbeschichtung die Streulichtreflexe.
Gehäuse und Bedienkonzept
Das Gehäuse der Panasonic G9 ist mit 660 g um etwa 7% Prozent leichter als das der GH5 – das klingt wenig, ist aber spürbar. Ihr Handgriff ist etwas schmaler, doch da das Gehäuse am Bajonett auch dünner ist, hat man sogar mehr Tiefe zum Greifen. Zudem ist die Einkerbung für den Zeigefinger stärker konturiert, sodass der Griff besser in der Hand liegt. Ein weiterer Vorteil: Der Akku passt quer in den Griff, was für bessere Gewichtsverteilung sorgt. Dank Kabeldurchführung in der Akkufachklappe lässt sich die G9 via Adapter mit Strom versorgen. Bei der GH5 übernimmt diese Funktion der USB-C-Anschluss, doch der fehlt der G9. Sie hat lediglich einen USB-3.0-Anschluss für schnelle Bildübertragung. Von oben ist der Unterschied zwischen der GH5 und der G9 klar sichtbar: Das große Modus-Wahlrad rutscht links neben den Sucher und macht einem LC-Display Platz. Es zeigt nicht nur die Speicher- und Akkukapazität an, sondern alle Belichtungseinstellungen samt Blendenskala. Der Ein-Schalter liegt als Ring um den Auslöser und aktiviert beim Drehen über „On“hinaus die Beleuchtung des Displays. Das hintere Wahlrad ist nach oben gewandert, ist damit besser erreichbar und rastet ein wenig feiner als bei der GH5. Etwas unscheinbarer unterhalb des ModusWahlrads findet man das Funktionswahlrad für Intervallaufnahmen, zwei Serienbildmodi, Selbstauslöser und die 6K-Fotofunktion, wobei vor allem die zu kleine Beschriftung stört. Dem kompakteren Gehäuse geschuldet ist die geringere Anzahl individuell belegbarer Funktionstasten. Die G9 hat nur drei und das Touch-Display ist mit 7,5 cm Bildschirmdiagonale ebenfalls kleiner und liefert mit 260000 RGBWBildpunkten zudem eine geringere Auflösung als die GH5. Zudem reagiert es weniger gut auf die Berührung mit dem Finger, was die Kamera etwas zäher bedienbar erscheinen lässt. Das OLED-Display im Sucher entspricht dem der GH5, doch die Sucherlupe bietet nun eine stärkere Vergröße-
rung von 0,83. Für Normalsichtige ist das ein klarer Vorteil; für Brillenträger ist der Abstand zum Display jedoch weiter, und die stärkere Vergrößerung sorgt dafür, dass man nicht mehr das gesamte Display abschattungsfrei sieht. Mit dem Schalter „V.Mode“an der rechten Seite des Suchers kann man das Displaybild wieder verkleinern und die Randabschattung verschwinden lassen. Auf den ersten Blick hat die G9 nur 3 Funktionstasten. Weil das Display auf der Oberseite Platz wegnimmt, fehlt die obere Fn-Taste. Zudem hat Panasonic auf die rückwärtig im Griff untergebrachte Displaytaste verzichtet. Eine kluge Entscheidung, denn nun sitzt diese Taste unten neben dem Display, sodass man nicht mehr versehentlich die Displaydarstellung verändert. Sieht man genau hin, entdeckt man gleich 2 gut erreichbare Tasten neben dem Objektiv, die sich, wie alle Fn-Tasten, über das Menü individuell konfigurieren lassen. Geblieben ist es bei 5 Funktionstasten, die man via Touchscreen erreicht, 9 weitere individuell wählbare Funktionen kann man auf Joystick und Wahlrad legen. Dazu kommt noch ein neuer Fn-Schalter an der Vorderseite, standardmäßig mit Tonstummschaltung belegt, den man aber ebenfalls individuell programmieren kann. Das mit der GH5 weitgehend identische Menü ist prinzipiell logisch aufgebaut und einfach bedienbar. Immer noch ein wenig zäh gestaltet sich die Bedienung dagegen via Bluetooth und WLAN: Zickig gibt sich die Kamera schon beim Verbindungsaufbau über WLAN. Weder per WPS noch mit der manuellen Passworteingabe wollte sich die Kamera mit verschiedenen Netzwerken verbinden. Auch die BluetoothVerbindung zum WLAN arbeitet extrem unzuverlässig – da verliert man schnell den Spaß. Gut funktioniert es dagegen, wenn die Kamera selbst das WLAN bereitstellt. Dann kann man Bilder unkompliziert auf das Smartphone oder den Rechner übertragen. Zudem lässt sich die Kamera über die „Image-App“steuern, wobei sich die Menüs weiterhin zögerlich aufbauen und die App nur eine kleine Vorschau statt einer Vollbildanschicht zeigt. Immerhin hat die Vorschau eine recht geringe Latenz. Den anderen Platz nehmen die Bedienelemente und großzügige, ungenutzte Freiräume ein. Recht schick: Auch die G9 lässt sich mit dem Tether-Programm von Panasonic via USB vom Rechner aus steuern.
Autofokus Viel Fingerspitzengefühl benötigt man beim Auslöser, wenn man lediglich den Autofokus aktivieren will. Der Hub der Taste ist merklich geringer, und allzu oft löst man aus, obwohl man die G9 eigentlich nur zum Scharfstellen animieren wollte. Nach wie vor bevorzugen wir den Autofokus mit 225 Feldern, bei dem sich mittels Joystick und hinterem Drehrad sehr schnell die gewünschte Anzahl und Position der Messfelder festlegen lässt. Geübte Fotografen werden wahrscheinlich dennoch eher auf die Punktmessung setzen und den Bildausschnitt später festlegen – wobei aber eben der Finger häufig etwas zu fest drückt und die Kamera auslöst. Die Gesichtserkennung klappt – wie inzwischen allgemein üblich – bei Porträts gut, verliert bei Gesichtsprofilen aber schnell die Schärfeverfolgung. Wer dennoch lieber manuell die Schärfe festlegen will, der findet nicht nur im enorm brillanten OLED-Display, sondern noch mehr im Fokus-Peaking eine Unterstützung. Unverändert praktisch ist die 4K/6KFotofunktion, mit der man beim Fokus Stacking ein Video aufzeichnet, während die Kamera automatisch die Bildschärfe verlagert. Anhand der verschie-
denen Bilder setzt die Kamera dann ein von vorn bis hinten scharfes Bild zusammen, wobei der Fotograf manuell eine Bildauswahl festlegen darf. Dabei hilft ein Raster aus 7 x 7 Rechtecken, die entweder rot sind, wenn der betreffende Bildbereich nicht scharf dargestellt werden kann, oder grün, wenn die Schärfe korrekt erscheint. Man wählt die gewünschten Bereiche des Rasters mit dem Joystick aus und lässt mit einem Druck auf die Mitte die Kamera ein Bild berechnen, das im Idealfall auch bei geöffneter Blende von vorn bis hinten scharf ist. Wer dabei perfekte Ergebnisse erwartet, sollte allerdings nicht aus der Hand fotografieren. Denn soviel Stabilisierung liefert auch der nochmals optimierte duale Bildstabilisator nicht. Dennoch leistet er gute Dienste: Eine einigermaßen ruhige Hand vorausgesetzt, lassen sich auch noch mit 1/8s Verschlusszeit und Weitwinkel scharfe Bilder schießen – zumindest, solange sich das Motiv nicht selbst bewegt. Wobei man allerdings dazusagen muss, dass die GH5 das mit der Kombination aus der aktuellen Firmware 2.1 und der Objektiv-Firmware 1.1 genauso gut hinbekommt. In Sachen Autofokusgeschwindigkeit können wir der G9 keinen nennenswerten Vorsprung attestieren. Sicher ist allerdings, dass beide PanasonicModelle enorm schnell und zielsicher sind. Aber auch dabei kann der Fotograf die Leistung noch ein wenig steigern: Dank der Videofunktion gibt es eine manuelle Konfiguration, mit der man die Autofokusgeschwindigkeit und die Empfindlichkeit selbst festlegen kann. Gerade im Zusammenhang mit der 4K/6K-Fotofunktion kann dies sehr hilfreich sein. In der G9 arbeiten der gleiche Prozessor und die gleiche Bildverarbeitung wie in der GH5. Es ist also nicht erstaunlich, dass sich ihre Messwerte stark ähneln. Die Dead-Leaves-Kurven steigen bis ISO800 bei beiden deutlich über den Normalwert 1 und zeigen einen weitgehend identischen Verlauf. Auch die G9 hebt also den Kontrast in der JPEGBildverarbeitung deutlich an. Auf den Bildern fallen, wie schon bei der GH5, an harten Kanten teils helle Streifen auf, die für eine sehr starke Kantenanhebung sprechen. Die Aufnahmen mit ISO 200 und 400 sind optisch wie messtechnisch bei beiden Modellen sehr ähnlich – wobei die Werte der G9 mit 1867 LP/BH (ISO 400) etwas unter- halb der GH5 bleiben. Die Abweichung liegt aber durchaus im Bereich der Serienstreuung. Bei ISO 800 sieht man in den Aufnahmen der G9 in sehr feinen Details Verluste, die bei ISO 1600 deutlicher zutage treten. In der VisualNoise-Messung des Labors liegen die Kurven von ISO 200 und 400 übereinander. Bei ISO 800 steigt das Rauschen moderat und bleibt auch bis ISO 3200 in einem tolerierbaren Bereich. Weniger wegen des Rauschen als wegen der steigenden Detailverluste gerade in kontrastärmeren Strukturen raten wir von Empfindlichkeiten über ISO 800 bei JPEG-Bildern ab. Wer hohe Empfindlichkeiten braucht oder weniger harte Kanten möchte, kann zum RAWFormat wechseln und die Signalverarbeitung selber steuern.