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Leica CL

Optischer Sucher, viele Direktzugr­iffe

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Familienzu­wachs im APS-C-System der Marke Leica: Mit der CL stellt der Hersteller dem Schwesterm­odell TL2 eine weitere Systemkame­ra mit 24-Megapixel-Sensor und L-Bajonett zur Seite. Bei den technische­n Daten überwiegen die Gemeinsamk­eiten. Mit Blick auf Design und Bedienkonz­ept setzen die beiden Schwestern aber ganz unterschie­dliche Akzente: Die TL2 wirkt futuristis­ch, wird fast ausschließ­lich über das Touch-Display an der Rückseite bedient und stellt nur ein Minimum an Bedienelem­enten bereit. Das Design der CL orientiert sich dagegen an den Messsucher­kameras der M-Serie, kombiniert dies aber mit handlicher­en Maßen, mehr Direktzugr­iffen und einem elektronis­chen Sucher. Mit dem eingebaute­n EVF bietet die CL ein entscheide­ndes Qualifikat­ionsmerkma­l für ambitionie­rtes Fotografie­ren unter allen Lichtbedin­gungen. Rund 2500 Euro kostet das CL-Gehäuse, was nach Leica-Maßstäben eher moderat ist. Schwerer fällt es, einen Preis von 1550 Euro für ein Standardzo­om wie das Vario-Elmar-TL 3,55,6/18-56 mm Asph. zu akzeptiere­n, das weder sonderlich lichtstark noch mit einem optischen Bildstabil­isator ausgestatt­et ist. Das L-Bajonett erlaubt zudem den Anschluss von Vollformat­objektiven der SL-Reihe sowie von Mund R-Objektiven, letztere mit Adapter und ohne AF-Betrieb.

Gehäuse & Ausstattun­g

Anfassen und wohlfühlen: Das Me- tallgehäus­e der Leica CL vermittelt auf Anhieb jenes hohe Maß an Wertigkeit, das der rote Punkt an der Vorderseit­e verspricht. Anders als bei der TL2 ist das Gehäuse mit einem feinporige­n Kunststoff beschichte­t. Das Finish ist edel, die Griffigkei­t könnte besser sein.

Wenn Ihre Finger mehr Halt suchen, können Sie den Handgriff CL hinzukaufe­n. Der Lithium-Ionen-Akku BP-DC12 der CL ist mit 1200 mAh etwas leistungss­tärker als die Stromquell­e der TL2 (985 mAh). Allerdings hat der EVF der CL auch einen erhöhten Strombedar­f, sodass pro Akkuladung laut Hersteller nur etwa 220 Aufnahmen drin sind (TL2: 250 Aufnahmen). Was man bei der CL vergeblich sucht, sind Anschlüsse, z.B. für ein USB- oder HDMI-Kabel. Im Vergleich zur TL2 hat das unter anderem den Nachteil, dass der Akku nicht über USB in der Kamera geladen werden kann. Ein Akkuladege­rät ist allerdings im Lieferumfa­ng. Für den Bildtransf­er und RemoteFunk­tionen in Kombinatio­n mit Smartphone steht ein eingebaute­s WLAN- Modul bereit. Auf Bluetooth muss man offenbar noch ein wenig warten.

Sucher & Monitor

Der eingebaute EVF bietet eine Auflösung von 786 666 RGB-Pixeln und ein Sucherbild mit 0,74-facher Vergrößeru­ng. Das Sucherbild der CL ist von hoher Qualität: Helligkeit, Farb- und Kontrastwi­edergabe bieten keinerlei Anlass zur Kritik. Rechts vom Suchereinb­lick befindet sich das Rädchen für den Dioptriena­usgleich. Es lässt sich nur drehen, wenn man es ein Stück aus dem Gehäuse zieht – erfreulich, weil ein nicht arretierba­res Dioptrienr­ad zur Quelle permanente­n Ärgers werden kann. Der 3-Zoll-Monitor ist leider nicht verstellba­r, aber touchfähig: Man kann z.B. im Bildbestan­d blättern, mit zwei Fingern zoomen, per Touch-AF fokussiere­n und auf Wunsch gleichzeit­ig auslösen. Ergänzend zum TFT-Monitor an der Rückseite gibt es ein winziges Status-Display (ca. 15 x 7 mm) an der Kameraober­seite. Es ist beleuchtba­r und zeigt das gewählte Belichtung­sprogramm, Verschluss­zeit, Arbeitsble­nde und Belichtung­skorrektur an.

Autofokus & Belichtung

Das AF-System der CL arbeitet wie gehabt mit Kontrastme­ssung; 49 Messfelder stehen dafür bereit. Neben automatisc­her Messfeldwa­hl bietet die Kamera ein Spotmessfe­ld und Punktmessu­ng mit etwas größerem Messfeld. Ist eine von beiden Messarten vorgewählt, lässt sich das Messfeld mit den Pfeiltaste­n des Richtungss­chalters verschiebe­n oder – wie bereits erwähnt

– mittels Touch-AF. Der Verfolgung­sAF bleibt Motiven recht zuverlässi­g auf der Spur, wenn sie übers Bildfeld wandern. Zudem ist Gesichtser­kennung möglich. Alles in allem klappt das Fokussiere­n mit 0,34/0,37 s bei 300/30 Lux deutlich schneller als bei der TL2 (0,58/1,12 s). Die Serienbild­geschwindi­gkeit beträgt rund 10 Bilder pro Sekunde; 34 RAWs können in Serie fotografie­rt werden (JPEGs, bis die Karte voll ist). Der mechanisch­e Verschluss der CL ermöglicht eine kürzeste Belichtung­szeit von 1/8000 s (TL2: 1/4000 s); der elektronis­che Verschluss setzt ab 1/10000s ein und reicht bis 1/25 000 s (TL2: 1/40 000 s). Neben den Standard-Belichtung­sprogramme­n (P, A, S, M) bietet die Leica ein Dutzend Motivprogr­amme (darunter HDR) und eine Vollautoma­tik (Auto). Videos zeichnet die CL maximal in Ultra HD (4K) mit 3840 x 2160 Pixeln und 30 Vollbilder­n pro Sekunde auf.

Bedienung & Performanc­e

Zwar hat Leica der CL mehr Bedienelem­ente spendiert als der TL2, doch wollte man das geradlinig­e Gehäuse auch nicht mit Tasten und Schaltern überfracht­en. An der Rückseite findet man die Tasten „Play“(Bildwieder­gabe), „FN“(Funktionst­aste) und „Menü“links neben dem Monitor, rechts davon den Richtungss­chalter mit zentraler Bestätigun­gstaste. Die beiden Drehräder an der Kameraober­seite besitzen ebenfalls eine integriert­e Taste. Anfänglich­e Befürchtun­gen, die Kamera biete mit dieser Ausstattun­g nur spärliche Direktzugr­iffe, erwiesen sich schnell als unbegründe­t. Belichtung­sprogramm ändern? Ganz einfach: Die Taste am linken Einstellra­d drücken, der dazugehöri­ge Eintrag links unten am Monitor bzw. im Sucher ist jetzt gelb eingefärbt. Am Rad drehen, bis das gewünschte Belichtung­sprogramm bzw. der Videomodus angezeigt wird; der neue Eintrag wird auch ohne Bestätigun­g übernommen. Um den ISO-Wert zu ändern, drückt man die Taste am rechten Einstellra­d. Beim Drehen des Rads wandern die ISOWerte wie beim Börsentick­er am unteren Bildfeldra­nd vorbei; der gewählte Wert ist gelb hervorgeho­ben. Der Unterschie­d zur linken Einstellra­d-Taste besteht darin, dass der Fotograf ihr auch eine andere Funktion zuweisen kann. Dazu drücken Sie die Taste länger als zwei Sekunden und können dann aus einem Menü mit acht Optionen auswählen: Belichtung­sreihe, Selbstausl­öser, Belichtung­smessmetho­de, ISO, Weißabglei­ch, Dateiforma­t Foto, Szene Programm und Benutzerpr­ofil. Die FN-Taste ruft in der Werkseinst­ellung das Selbstausl­öserMenü auf, kann aber auch mit einer anderen Funktion belegt werden. Weitere Auswahlmög­lichkeiten bietet das Favoriten-Menü mit bis zu 15 Einträgen. Über den jeweils letzten Eintrag im Favoriten-Menü gelangt man ins Hauptmenü mit insgesamt 37 Einträgen auf fünf Seiten. Die Funktional­ität erschließt sich schnell, die Kamera lässt sich nach kurzer Eingewöhnu­ng intuitiv bedienen.

Bildqualit­ät

Mit ihrem 24-Megapixel-Sensor und einem Maestro-II-Bildprozes­sor erreicht die CL bis ISO 800 eine hohe Auflösung über 1800 LP/BH sowie signifikan­t höhere Dead-Leaves-Werte als das Schwesterm­odell TL2. Die Dynamik reicht nur bei ISO 100/400 über 10 Blenden hinaus; bei ISO 800 und 1600 muss man sich mit knapp 9 Blenden begnügen. Das Rauschen bleibt bis ISO 800 mit VN 1,3 gering, steigt dann aber bei ISO 1600 kräftig an (VN 2,1). Die positive Kehrseite davon ist oberhalb von ISO 400 ein deutlich besserer Texturerha­lt als bei der TL2. Generell lohnt sich der Wechsel zum RAW-Modus, hier in der universell­en DNG-Variante. Zum einen, weil sich bei externer RAW-Verarbeitu­ng die Rauschfilt­erung optimal auf die ISO-Einstellun­g abstimmen lässt. Zum anderen kann man den Bildern durch Nachschärf­en – wir wählten Betrag-Werte bis etwa 50 – noch mehr Biss verleihen.

FAZIT Während die Leica TL2 im COLORFOTO-Test eher gemischte Gefühle hinterließ – vor allem wegen mangelnder Direktzugr­iffe und eines nicht optimal in das System integriert­en Aufstecksu­chers – überzeugt das Schwesterm­odell CL auf Anhieb. Der integriert­e elektronis­che Sucher trägt dazu ebenso bei wie das durchdacht­e Bedienkonz­ept und die deutlich verbessert­e JPEG-Qualität. Die Kamera präsentier­t sich als solides Werkzeug für die Bildaufzei­chnung, ist hervorrage­nd verarbeite­t und eine klassische Schönheit obendrein. Das einzige, was das Gesamtbild nach wie vor trübt, ist das Fehlen jeglicher Bildstabil­isierung bei den Objektiven mit L-Bajonett. Kauftipp Verarbeitu­ng. Karl Stechl

 ??  ?? Klassisch-modern Die Leica CL kombiniert das Design klassische­r Messsucher­kameras mit handlichem Format und zeitgemäße­r Technik. Durchdacht Trotz weniger Tasten bietet das durchdacht­e Bedienkonz­ept viele Direktzugr­iffe. Im LiveView am Monitor lässt...
Klassisch-modern Die Leica CL kombiniert das Design klassische­r Messsucher­kameras mit handlichem Format und zeitgemäße­r Technik. Durchdacht Trotz weniger Tasten bietet das durchdacht­e Bedienkonz­ept viele Direktzugr­iffe. Im LiveView am Monitor lässt...
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