Welches Foto ist das beste?
Bildgestaltung: In den sozialen Medien steht oft eine Frage im Vordergrund: Welches meiner Bilder ist das Beste? Doch die Feedbacks der „Follower“sind für Fotografen selten nützlich. Letztlich zählt das eigene Gespür.
In Zeiten der analogen Fotografie hatten Fotografen weitaus weniger Möglichkeiten, auf ein Bild Einfluss zu nehmen. Blende, Zeit, ISO-Zahl und der Ausschnitt mussten stimmen. Das Bild noch in der Kamera zu verändern, war nicht möglich. Heute in Zeiten der digitalen Fotografie ist es für Fotografen sehr viel einfacher geworden, zu einem guten Bild zu kommen. Die Kamera bietet endlos viele Möglichkeiten, um über den Stil des Motivs zu entscheiden oder Fehler zu erkennen. Die Belichtungsmessung ist durch die intelligente Automatik erheblich einfacher geworden. Auch die Nachbearbeitung ist gegenüber früheren Zeiten ein Kinderspiel. Vom RAW, das noch perfekt bearbeitet wird, bis zum „Mal-Stil“, der auf dem passenden Papier nicht mehr von einem Gemälde zu unterscheiden ist, sind die Möglichkeiten fast grenzenlos. Und ob ein Bild naturgetreuecht ist, dokumentarisch oder fast alle Bildteile aus dem Computer kommen, ist heute selbst für Fachleute schwer einzuschätzen.
Das beste Bild?
Kommt man aus dem Urlaub zurück, geht es an die Auswahl der Fotos. Zu sehen sind hier Motive, die meine Frau und ich in Edinburgh, der Hauptstadt von Schottland, und bei „Karls 1921“einem Erlebnisdorf auf dem Weg zur Ostsee, aufgenommen haben. Nach dem Urlaub sitzen wir viele Stunden am PC und Mac, um unsere Bilder zu sortieren und zu bearbeiten. Auch wir fragen uns, „welche sind die besten“? Die gleiche Frage wird auf Facebook unendlich oft gestellt – von Amateur fotografen ebenso wie von Profis. Meist stehen zwei Bilder zur Auswahl: Ein Schwarzweißfoto und ein Farbbild, ein Farbfoto und ein kreatives Bild. Die Antworten sind – wie fast zu erwarten – meist sehr unterschiedlich. Wäre es nicht sinnvoller, wenn der Fotograf gleich dazuschreiben würde, was er mit diesem Bild überhaupt machen möchte? Erhält er dann nicht eine bessere Antwort? Sehr selten ist ein Bild für jeden Betrachter gut und für jeden Zweck geeignet. Wählt er es für ein Buch? Eine Überblendschau? Für einen großen Print im Rahmen an der
Wand? Für einen Wettbewerb? Will er es an eine Agentur schicken oder denkt er, dass er damit in einer Galerie Erfolg hat? Soll es für eine Multimedia-Show sein? Wird es eine Serie daraus geben? Oder soll es nur den Bekannten, Familienmitgliedern und Freunden gefallen? Könnten nicht beide Bilder für eine Überblendshow perfekt sein?
Hauptsache Katzenfoto
Bei Personen, die fotografisch nicht vorbelastet sind, kann die Antwort teilweise erstaunen. Da kann schon mal ein völlig ungestaltetes Bild favorisiert werden, Hauptsache, es ist eine Katze drauf. Würden wir das Original und das mit Preset bearbeitete Schottlandbild in ein soziales Netzwerk stellen, würden Puristen sicher das Original vorziehen. Bei anderen wäre die Antwort, „mach ein Schwarzweißbild draus“. Sollte der Fotograf also nicht selbst am besten wissen, was sein Favorit ist? Bei meinen Kannenmotiven, die ich bei „Karls“bestaunte, dachte ich an ein CEWE-Buch. Auf dem vom Licht her, stimmigen Bild, ist eine Texttafel zu sehen, u.a. mit der Aufschrift „Weltrekord 2012 – 27 390 Kaffeekannen“. Die Schrift auf dem Bild eignet sich weniger für ein Wettbewerbsbild, eher als erstes Bild für eine Dokumentation. Ich hatte hier die dynamische Wirkung nicht bewusst gewählt. Die Regale sind so hoch, dass eine gerade Sicht auf die Kannen nur als Detail oder einem anderen Ausschnitt möglich sind. Später entschied ich mich für ein Schwarzweißbild und eines, bei dem einige Teekannen in roter Farbe zu sehen sind.
Entscheiden Sie selbst
Wer für Bücher, Ausstellungen oder eine AV-Show fotografiert, könnte andere Standpunkte auf dieses Motiv einnehmen. Das geht von schönen Details bis zum noch stärkeren Weitwinkel. Mein Fazit bei diesem Thema: Sie sollten selbst entscheiden, welches Ihr bestes Bild für den jeweiligen Zweck ist. Oder Personen fragen, die Seminare für Bildgestaltung halten oder fotografisch bewandert sind. Nur so bekommen Sie über die Jahre die Sicherheit, wirklich ein Gespür für Bilder zu bekommen.