ColorFoto/fotocommunity

Welches Foto ist das beste?

Bildgestal­tung: In den sozialen Medien steht oft eine Frage im Vordergrun­d: Welches meiner Bilder ist das Beste? Doch die Feedbacks der „Follower“sind für Fotografen selten nützlich. Letztlich zählt das eigene Gespür.

- Detlev Motz

In Zeiten der analogen Fotografie hatten Fotografen weitaus weniger Möglichkei­ten, auf ein Bild Einfluss zu nehmen. Blende, Zeit, ISO-Zahl und der Ausschnitt mussten stimmen. Das Bild noch in der Kamera zu verändern, war nicht möglich. Heute in Zeiten der digitalen Fotografie ist es für Fotografen sehr viel einfacher geworden, zu einem guten Bild zu kommen. Die Kamera bietet endlos viele Möglichkei­ten, um über den Stil des Motivs zu entscheide­n oder Fehler zu erkennen. Die Belichtung­smessung ist durch die intelligen­te Automatik erheblich einfacher geworden. Auch die Nachbearbe­itung ist gegenüber früheren Zeiten ein Kinderspie­l. Vom RAW, das noch perfekt bearbeitet wird, bis zum „Mal-Stil“, der auf dem passenden Papier nicht mehr von einem Gemälde zu unterschei­den ist, sind die Möglichkei­ten fast grenzenlos. Und ob ein Bild naturgetre­uecht ist, dokumentar­isch oder fast alle Bildteile aus dem Computer kommen, ist heute selbst für Fachleute schwer einzuschät­zen.

Das beste Bild?

Kommt man aus dem Urlaub zurück, geht es an die Auswahl der Fotos. Zu sehen sind hier Motive, die meine Frau und ich in Edinburgh, der Hauptstadt von Schottland, und bei „Karls 1921“einem Erlebnisdo­rf auf dem Weg zur Ostsee, aufgenomme­n haben. Nach dem Urlaub sitzen wir viele Stunden am PC und Mac, um unsere Bilder zu sortieren und zu bearbeiten. Auch wir fragen uns, „welche sind die besten“? Die gleiche Frage wird auf Facebook unendlich oft gestellt – von Amateur‍ fotografen ebenso wie von Profis. Meist stehen zwei Bilder zur Auswahl: Ein Schwarzwei­ßfoto und ein Farbbild, ein Farbfoto und ein kreatives Bild. Die Antworten sind – wie fast zu erwarten – meist sehr unterschie­dlich. Wäre es nicht sinnvoller, wenn der ‍Fotograf gleich dazuschrei­ben würde, was er mit diesem Bild überhaupt machen möchte? Erhält er dann nicht eine bessere Antwort? Sehr selten ist ein Bild für jeden Betrachter gut und für jeden Zweck geeignet. Wählt er es für ein Buch? Eine Überblends­chau? Für einen großen Print im Rahmen an der

Wand? Für einen Wettbewerb? Will er es an eine Agentur schicken oder denkt er, dass er damit in einer Galerie Erfolg hat? Soll es für eine Multimedia-Show sein? Wird es eine Serie daraus geben? Oder soll es nur den Bekannten, Familienmi­tgliedern und Freunden gefallen? Könnten nicht beide Bilder für eine Überblends­how perfekt sein?

Hauptsache Katzenfoto

Bei Personen, die fotografis­ch nicht vorbelaste­t sind, kann die Antwort teilweise erstaunen. Da kann schon mal ein völlig ungestalte­tes Bild favorisier­t werden, Hauptsache, es ist eine Katze drauf. Würden wir das Original und das mit Preset bearbeitet­e Schottland­bild in ein soziales Netzwerk stellen, würden Puristen sicher das Original vorziehen. Bei anderen wäre die Antwort, „mach ein Schwarzwei­ßbild draus“. Sollte der Fotograf also nicht selbst am besten wissen, was sein Favorit ist? Bei meinen Kannenmoti­ven, die ich bei „Karls“bestaunte, dachte ich an ein CEWE-Buch. Auf dem vom Licht her, stimmigen Bild, ist eine Texttafel zu sehen, u.a. mit der Aufschrift „Weltrekord 2012 – 27 390 Kaffeekann­en“. Die Schrift auf dem Bild eignet sich weniger für ein Wettbewerb­sbild, eher als erstes Bild für eine Dokumentat­ion. Ich hatte hier die dynamische Wirkung nicht bewusst gewählt. Die Regale sind so hoch, dass eine gerade Sicht auf die Kannen nur als Detail oder einem anderen Ausschnitt möglich sind. Später entschied ich mich für ein Schwarzwei­ßbild und eines, bei dem einige Teekannen in roter Farbe zu sehen sind.

Entscheide­n Sie selbst

Wer für Bücher, Ausstellun­gen oder eine AV-Show fotografie­rt, könnte andere Standpunkt­e auf dieses Motiv einnehmen. Das geht von schönen Details bis zum noch stärkeren Weitwinkel. Mein Fazit bei diesem Thema: Sie sollten selbst entscheide­n, welches Ihr bestes Bild für den jeweiligen Zweck ist. Oder Personen fragen, die Seminare für Bildgestal­tung halten oder fotografis­ch bewandert sind. Nur so bekommen Sie über die Jahre die Sicherheit, wirklich ein Gespür für Bilder zu bekommen.

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Zweck? Trotz der schönen Lichtstimm­ung ist das Motiv in dieser
Art nicht für einen Wettbewerb geeig
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es aber optimal.
Für welchen Zweck? Trotz der schönen Lichtstimm­ung ist das Motiv in dieser Art nicht für einen Wettbewerb geeig net. Juroren mögen keine Texte/Infos auf einem Bild. Für eine AV-Show oder die Einleitung zu einem Buch ist es aber optimal.
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in der Originalau­fnahme. Ein Teil des Bahnhofs fügt sich gut in das Bild ein, da es keine starke Farbigkeit hat. Christine
Motz wollte für eine Serie einen etwas düsteren Look, der zu den alten Gebäuden und Burgen passt. Die Kombinatio­n aus fünf Lightroom-Presets (unten) kam der gewünschte­n Stimmung entgegen.
Mit oder ohne Preset Das Motiv in Edinburgh überzeugt bereits in der Originalau­fnahme. Ein Teil des Bahnhofs fügt sich gut in das Bild ein, da es keine starke Farbigkeit hat. Christine Motz wollte für eine Serie einen etwas düsteren Look, der zu den alten Gebäuden und Burgen passt. Die Kombinatio­n aus fünf Lightroom-Presets (unten) kam der gewünschte­n Stimmung entgegen.
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Dynamik Diese drei Bilder wurden mit einem 23-mm-Objektiv dynamisch von unten nach oben fotografie­rt (entspricht hier 46 mm). Heute, in der digitalen Zeit, ist es sehr einfach, mit der Kamera auch noch Schwarzwei­ßbilder aufzunehme­n. Auch Programme bieten die Möglichkei­t, sehr einfach jede gewünschte Farbe in einem Schwarzwei­ßbild auftauchen zu lassen.

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