Fujifilm GFX100
Fujifilm GFX100. Der BSI-CMOS der GFX100 bietet die doppelte Auflösung im Vergleich zur 50R und 50S: 102 Megapixel. Zudem punktet das neue Mittelformatmodell mit integriertem Bildstabilisator (IBIS) und ist schneller als seine Schwestermodelle – beim Autofokus wie bei der Serienbildleistung.
Mittelformatkameras haben Tradi tion bei Fujifilm. Zu Analogzeiten definierte man Mittelformat allerdings etwas anders als heute: Der Standard Rollfilm 120/220 ermöglichte eine Bild höhe von 60 mm und ließ sich in der Breite variabel belichten. Je nach Kame ratyp entstanden dabei Negative oder Dias mit einer Breite zwischen 45, 60, 70 oder 90 mm. Mit Panoramakameras waren Sonderformate wie zum Beispiel 60 x 120 mm oder 60 x 170 mm möglich.
Sensorformat und Gehäuse
Im digitalen Zeitalter backen wir klei nere Brötchen: Rund 44 x 33 mm misst der Bildsensor der Fujifilm GFX100, die sich damit in guter Gesellschaft mit der Leica S3 und Pentax 645Z befindet. Mit einer Sensorauflösung von 102 Mega pixeln aber toppt die neue Fujifilm nicht nur die Konkurrenz, sondern auch ihre Schwestermodelle GFX 50R und GFX50S mit 50MPSensor. Zu dem besitzt die GFX100 als einzige des FujifilmTrios einen beweglich gelager ten Sensor, der eine effiziente Bildstabi lisierung auf fünf Achsen (IBIS) ermög licht. Der Anschaffungspreis steigt auf 11 000 Euro, während man die GFX 50S für rund 5500 Euro, die GFX 50R schon für 4100 Euro kaufen kann. Das Magnesiumgehäuse der Kamera wirkt äußerst robust und ist gegen Spritzwasser abgedichtet. Im Vergleich zu den 50MPModellen hat die GFX100 an Größe deutlich zugelegt. Das liegt daran, dass der Body unten zu einem Handgriff für Hochformatauf nahmen ausgeformt ist, wie man es von ProfiSLRs mit Kleinbildsensor kennt. Der Handgriff beherbergt zwei LithiumIonenAkkus des Typs NP T125 (1230 mAh) und stellt einen zweiten Satz an Bedienelementen fürs Hochformat bereit. In Querformatposition ermöglicht der üppig dimensionierte Griff ein sicheres Halten der Kamera, auch mit schweren Objektiven. Dazu trägt eine markant ausgeformte Daumenstütze an der Ka merarückseite bei. In Hochformatposi tion meldet die Hand nicht das gleiche Maß an Wohlgefühl, weil der Griff nicht beschichtet – folglich rutschig – und etwas eckig ist. Das stört vor allem, wenn die rechte Hand alleine die Ka mera hält. Sobald die linke Hand unter das Objektiv greift und das Gehäuse auf dem Handteller aufliegt, ist für sicheren Halt gesorgt. Der unbeschich tete Griff dürfte sich bei rauer Witte rung allerdings ziemlich kalt anfühlen. Mit Anschlüssen ist die GFX100 reich haltig bestückt: Ein USBCPort (Typ 3.1) erlaubt das Laden der Akkus in der Kamera, für externe Energiezufuhr ist ein Ladegerät (BCT125) im Lieferum fang. Bei Videoaufnahmen lassen sich Stereomikrofon und Kopfhörer an schließen; auch eine Blitzkabelbuchse ist an Bord. Bilder speichert man auf SDKarten; zwei Steckplätze (UHSII kompatibel) sind dafür vorhanden.
Sucher und Monitor
Mit einer Auflösung von 1 920 000 RGBPixeln befindet sich der OLED Sucher der GFX100 auf dem Niveau der S1Modelle von Panasonic, ist aber noch ein Stück größer (0,86fach statt 0,78fach). Die hohe Auflösung ermög licht bei der Bildwiedergabe eine exak te Schärfekontrolle mittels Bildschirm lupe. Beim Verschwenken, auch bei wenig Licht, bleibt das Sucherbild sta
bil; Farb- und Kontrastwiedergabe sind hervorragend. Bei sehr hohem Motivkontrast kann man auf „Natürliche Liveansicht“wechseln, was zu einer weicheren Darstellung führt, in der Regel ist das aber nicht nötig. Der Sucher wird auf den Blitzschuh der Kamera aufgesteckt, ist seinerseits aber mit einem Blitzschuh ausgestattet. Als Zubehör erhältlich ist der TiltingAdapter EVF-TL1, der zwischen Sucher und Kamera angebracht wird. Er erlaubt das Verschwenken des Suchers um bis zu 90 Grad und horizontale Rotation (± 45 Grad). Das Dioptrienrad ist arretierbar, wie man es seit der X-T3 bei Fujifilm kennt: Man kann es erst drehen, wenn man es ein Stück aus dem Gehäuse zieht. Der TFT-Monitor ist touchfähig, hat eine Auflösung von 786 667 RGB-Bildpunkten und lässt sich auf zwei Achsen verschwenken. Ein großes Status-LCD an der Geräteschulter und ein schmales Zusatz-Display in OLED-Technik unterhalb des TFT-Monitors informieren den Fotografen über aufnahmerelevante Daten. Zur automatischen Fokussierung verwendet die GFX100 einen HybridAutofokus mit maximal 425 anwählbaren
AF-Messpunkten; alle beherrschen die Kontrast- und Phasenmessung. Wer will, kann auf 117 Messpunkte umschalten; die AF-Bildfeldabdeckung bleibt dabei unverändert. In Summe verfügt das AF-System laut Hersteller über 3,76 Millionen Phasen-AF-Punkte, die über die gesamte Sensorfläche verteilt sind.
AF-Modi und Serienbilder
Aktive Messfelder sind in sechs Größen verfügbar, die Zonenmessung in drei Varianten mit 3 x 3, 5 x 5 und 7 x 7 Messpunkten. Im Modus „Wide“(AFAutomatik) mit Einzelbild-Autofokus (AF-S) sucht sich die Kamera selbst die passenden Messfelder. Kontinuierlicher Autofokus (AF-C) in Kombination mit „Wide“aktiviert den TrackingAutofokus, der ein Objekt über das Bildfeld verfolgt. Auch Gesichts- und Augenerkennung beherrscht die GFX100 – allerdings mit wechselnder Treffsicherheit. Touch-Autofokus ist möglich, jedoch nur ohne daran gekoppelte Auslösung. Was nicht zu erwarten war: Die GFX100 fokussiert schneller als ihre Schwestermodelle mit halber Sensorauflösung. Erzielt werden gute
Werte auf dem Niveau einer Sony A7R III (0,3 s bei 300/30 Lux). Die Mär vom trägen Mittelformat ist mit der GFX100 passé, denn die Kamera lässt sich auch bei dynamischen Motiven gut einsetzen. Auch bietet die Kamera für das AF-Tracking nicht weniger Optionen als eine X-T3 oder X-H1. Fünf Presets stehen zur Wahl; in einem CustomSet kann der Anwender drei Parameter selbst einstellen. Auch dies ist ein Novum im Mittelformat. Beim Einschalten lässt sich die Kamera mit 1,8 s zu viel Zeit, auch die Serienbildleistung bleibt eine Schwäche des Mittelformats. Gemessen am hohen Datenaufkommen macht die GFX100 aber gar keine so schlechte Figur: Sie schafft gut 4 B/s im JPEG- und RAW-Modus, ein Bild mehr als die GFX 50R/S. Im RAWModus legt sie aber schon nach 16 Bildern eine Verschnaufpause ein; JPEGs schafft sie immerhin 80 in Serie.
Belichtung und Video
Die Wahl eines Belichtungsprogramms (P, A, S, M) ist etwas gewöhnungsbedürftig, weil es dabei einerseits auf die Position des Blendenrings – Einstellung eines Blendenwerts oder „A“für
Automatik – ankommt, zudem aber ein Bedienknopf neben dem Schulter-Display für den Wechsel zwischen A/M und P/S zuständig ist. Im Display wird der entsprechende Programmbuchstabe angezeigt. Der Metallschlitzverschluss stellt Belichtungszeiten zwischen 60 min. und 1/4000 s bereit. Der erste Verschlussvorhang lässt sich auch elektronisch realisieren, um Vibrationen zu minimieren; der Verschlusszeitenbereich bleibt dabei unverändert. Der elektronische Verschluss erlaubt Zeiten von 60 min. bis 1/16 000 s und arbeitet völlig lautlos. Wählt man im Aufnahmemenü unter „Auslösertyp“die Einstellung M+E, so verwendet die Kamera den mechanischen Verschluss zwischen 60 min. und 1/4000s; kürzere Zeiten werden elektronisch gebildet. Die Blitzsynchronisationszeit beträgt 1/125 s. Eine Fujifilm-Spezialität sind Filmsimulationen, mit denen Abbildungseigenschaften von Analogfilmen wie Provia, Velvia oder Astia nachgebildet werden. Alternativ zur Standard-SWKonvertierung sorgt die Variante „Acros“für noch knackigere Ergebnisse; in beiden Fällen lassen sich Kontrastfilter (Gelb, Rot, Grün) simulieren. Filmsimulation ist auch als Reihenbelichtung verfügbar. Daneben erlaubt die Kamera fünf weitere BracketingVarianten für Belichtung, Dynamikumfang, ISO, Weißabgleich und Fokussierung. Beim Fokus-Bracketing sind Aufnahmeintervall, Anzahl der Aufnahmen und Schrittweite einstellbar. Als einzige Fujifilm mit Mittelformatsensor ermöglicht die GFX100 Videos in 4K-Auflösung mit 30 Vollbildern pro Sekunde. Zur Wahl stehen UHD mit 3840 x 2160 Pixeln (16:9) oder „Cinema 4K“mit 4096 x 2160 Pixeln (17:9). Im zweiten Fall nutzt die Kamera die komplette Sensorbreite von 43,8 mm; aufgezeichnet wird mit 400 Megabit pro
Sekunde und 10 Bit Farbtiefe. Eine Reihe von Standbildparametern kann man auch beim Filmen einstellen. Neben dem Weißabgleich gehören dazu Filmsimulation, Dynamikbereich, Farbe, Schärfe, Rauschreduktion, Schattenund Lichterzeichnung. Gesichts- und Augenerkennung sind zuschaltbar; der Tracking-AF kann in zwei Parametern (AF-Geschwindigkeit, Verfolgungsempfindlichkeit) justiert werden.
Bedienkonzept
Mit der GFX100 trennt sich Fujifilm vom quasi analogen Bedienkonzept bisheriger Modelle: Dedizierte Einstellräder
für Verschlusszeit, ISO oder Belichtungskorrektur sucht man vergebens. Ein beleuchtbares Status-LCD an der rechten Gehäuseschulter informiert über Aufnahmeeinstellungen; nach dem Ausschalten der Kamera bleiben die aktuellen Werte sichtbar. Wer dem Verschlusszeiten- oder ISORad anderer Fujifilm-Modelle nachtrauert, kann sich virtuelle Einstellräder anzeigen lassen, die mit dem vorderen und hinteren Steuerrad korrespondieren. Alternativ lässt sich das Schulter-Display zur vollflächigen Histogrammanzeige verwenden – eine bislang nicht gesehene Option. Das
Umschalten der Anzeigemodi funktioniert auf Tastendruck. Umfassend informiert fühlt man sich immer, weil es an der Rückseite, unterhalb des TFTMonitors, ein zweites Status-Display in OLED-Technik gibt. Auch hier kann man zwischen verschiedenen Anzeigemodi und einer Histogrammdarstellung wählen – mehr Information braucht kein Mensch. Der Joystick mit Druckfunktion dient vorrangig zum Anwählen von AFPunkten. Ein kurzer Druck auf den Joystick blendet das AF-Feld-Raster ein, anschließend wählt man die gewünschte Position für den AF-Punkt
bzw. die Zone mittels Joystick. Durch Drehen eines Steuerrads verändert man die Größe eines AF-Felds oder einer Zone. Man kann den Joystick aber auch als Richtungsschalter zum Navigieren in den Menüs oder bei der Bildwiedergabe verwenden. Von den 13 konfigurierbaren Funktionstasten sind sechs doppelt vertreten – für die Kamerahaltung im Quer- und Hochformat. Es braucht folglich etwas Übung, damit man auch in der Hektik die richtige Taste erwischt. Durch Wischbewegungen am Touch-Monitor lassen sich weitere Funktionstasten simulieren. Das Hauptmenü der GFX100 ist durch vertikale Karteireiter übersichtlich strukturiert, gibt aufgrund vieler Unterseiten mit bis zu acht Einträgen pro Seite jedoch manches Rätsel auf. Vor allem das verschachtelte „Einrichtung“Menü ist schwer zu überblicken. Unter „Mein Menü“(MY) kann man sich aber Einträge nach Bedarf selbst zusammenstellen. Eine weitere Einstellebene bildet das praktische und frei konfigurierbare Schnelleinstellmenü mit 16 Funktionsfeldern. Die dazugehörige Q-Taste wurde griffgünstig in der Daumenstütze integriert.
Bildqualität
Mit einer Grenzauflösung von mehr als 4300 LP/BH bei ISO 100/400 schafft der BSI-CMOS der GFX100 eine herausragende Detailzeichnung und hohe Reserven für Bildausschnitte. Beschneidet man etwa das volle 4:3-Bildformat (102 MP) auf 3:2, erhält man immer noch eine Datei mit 90 Megapixeln. Bis ISO 3200 bleibt die Auflösung auf sehr hohem Niveau um 4000 LP/BH. Für einen Mittelformatsensor ist die Signalverarbeitung jedoch unnötig aggressiv, wie die Kantenprofile zeigen. Erst ab ISO 1600 wird die Nachschärfung moderater. Die Dead-Leaves-Werte befinden sich bei ISO 100/400 auf einem ebenfalls sehr hohen Niveau um 3000 LP/BH. Texturen mit niedrigem und hohem Kontrast werden differenziert und plastisch wiedergegeben. Wie bei den GFX-Modellen mit 50 Megapixeln wird der Farbkontrast bei JPEGs aber massiv (bis 1,4) angehoben, was die Bildergebnisse etwas unnatürlich aussehen lässt. Ab ISO 3200 fallen die DLWerte stärker als erwartbar ab, dann liegen zumindest die DL-HC-Werte unter dem Niveau von Kleinbildkameras wie Panasonic S1R oder Sony A7R III, ab ISO 6400 gilt das auch für die DL-LC-Werte. Vor allem im Vergleich zur Sony rauschen die JPEGs aus der Kamera mehr. Empfehlung: Wechseln Sie in den RAW-Modus, um die Texturwiedergabe zu optimieren. Die Testbilder wurden in PS Camera RAW moderat geschärft (Betrag 25, Maskieren 25). Für die Rauschreduzierung stellten wir
Luminanz-Werte von 5 (ISO 800) bis 20 (ISO 6400) ein. Tipp: Bei der Bildbeurteilung in 100-Prozent-Darstellung am PC-Monitor sollte man sich vergegenwärtigen, welche Bildgröße man vor sich hat: 98,63 x 73,97 cm bei 300 dpi. In dieser Größe werden Sie das Bild selten brauchen; bei 50-Prozent-Darstellung erhalten Sie meist einen realistischeren Eindruck von der hohen Bildqualität der 100-Megapixel-Kamera.