Panasonic Lumix S1H
Test Panasonic S1H: Panasonic bringt jetzt auch für die S-Serie einen Videospezialisten im Kleinbildformat heraus. In der Lumix S1H steckt ein 24-Megapixel-Sensor mit zwei Schaltkreisen für zwei Empfindlichkeiten.
P anasonic erweitert seine S-Serie um die Lumix S1H, eine Kleinbildkamera, mit der der Hersteller die Filmprofis ins Visier nimmt. Die Lumix S1H für 4000 Euro ähnelt beim ersten Blick auf die technischen Daten deutlich der S1, dem Einsteigermodell in die S-Serie für 2400 Euro, ebenfalls mit 24-Megapixel-Sensor. Doch nicht nur bei der Signalverarbeitung, sondern auch beim Aufbau des Sensors mit zwei Schaltkreisen für zwei Grundempfindlichkeiten fokussiert Panasonic die S1H klar auf die Bewegtbildaufzeichnung – ähnlich einer Lumix GH5S. Zugleich bleibt natürlich auch eine S1H wie eine GH5S eine Fotokamera. Das absolute Highlight der S1H ist die 6K-Videoauflösung, die selbst Filmprofis aufhorchen lässt und die eigene Profivideoabteilung unter Druck setzt. Denn das kann bisher kein ProfiCamcorder für diesen Preis. Gleichzeitig zeigt die S1H aber auch ein überarbeitetes Bedienkonzept, das deutlich macht, dass Panasonic mit der S-Serie noch einiges vorhat.
Aufnahmefunktion mit Lüfter
Der Verzicht auf den Spiegel hat bei der Konkurrenz die Vollformatkameras kompakter gemacht. Panasonic steigt dagegen mit einer sehr wuchtigen SSerie ins spiegellose Kleinbildsegment ein. Egal, ob Panasonic S1 oder S1R – beide sind mit knapp über einem Kilogramm keine Leichtgewichte und auch wuchtig gebaut. Die S1H ist noch einmal 150 Gramm schwerer und ein Stück größer. In der Höhe sind das nur wenige Millimeter, doch in der Tiefe kommen satte 1,4 Zentimeter dazu. Der Grund dafür ist ein ausgeklügeltes Kühlsystem, das dem Prozessor Kälte zufächelt, wenn er während der Videoaufzeichnung hart arbeiten muss. Denn auch die S1 beherrscht die Videoaufzeichnung schon sehr gut – man muss aber damit leben, dass die Videoaufnahme je nach Auflösung teilweise bereits nach 30 Minuten wegen der hohen Wärmeentwicklung beendet werden muss. In der S1H läuft deshalb ein Lüfter, der bedarfsgesteuert anspringt und dafür sorgt, dass unterbrechungsfreie Aufnahmen möglich sind. Im Fotomodus bleibt er stets aus, und selbst bei maximaler Kühlleistung muss man schon genau hinhören, um ihn wahrzunehmen.
Durch die Tiefe gewinnt Panasonic Platz auf der Kameraschulter für ein größeres und somit besser strukturiertes Informationsdisplay. Hier kann man erkennen, welcher Bildstil und welche Auflösung eingestellt sind.
Optional lässt sich der Audiopegel anzeigen, und man erkennt, wie viel Speicherplatz die beiden SD-Karten bieten. Denn im Unterschied zu den beiden anderen S-Modellen integriert Panasonic hier nicht unterschiedliche Kartenschächte für SD-Karten sowie die schnelleren QXD-/CFexpess-Karten. Bei der Videoaufzeichnung sind zwei gleiche Speicherkarten sinnvoller, denn die hohen Datenmengen machen es bei einer nahtlosen Aufzeichnung notwendig, dass die Kamera unterbrechungsfrei auf den zweiten Slot speichern kann. So lässt sich die erste Karte tauschen, damit die Kamera beim Erreichen der Speichergrenze der zweiten Karte wieder auf den ersten Slot mit der dritten Karte wechseln kann.
Bewegliches Display
Statt der flachen und robusten Displayhalterung aus Metall gibt es bei der S1H nun wieder ein klapp- und komplett nach vorn drehbares Display. Der Monitor ist dank des Klappmechanismus sogar noch flexibler als bei den Modellen der GH-Serie, denn der Drehpunkt des Displays verlagert sich von der Kamera weg. So lässt sich das ansonsten unveränderte Display auch dann noch drehen, wenn die HDMIKopfhörerund Mikrofonbuchsen an der Seite belegt sind.
Auch den Einschalter hat Panasonic nun besser in einem Ring um den Auslöser untergebracht und packt auch gleich das Hinzuschalten der Displaybeleuchtung mit dazu. Erstmals integriert Panasonic das rote Tally-Light in eine Fotokamera. Dieses optional verwendbare Licht an der Vorder- und Rückseite der Kamera signalisiert deutlich sichtbar die aktive Videoaufzeichnung. Dazu passen die zwei zusätzlichen roten Aufnahmetasten auf der Kameraschulter sowie griffgünstig für die linke Hand vorn neben der Optik. Man kann dem Hersteller bescheinigen, dass die Handhabung trotz der größeren Abmessungen und dank der Bedienanpassungen etwas besser geworden ist. Nach wir vor bleibt die Kamera, wie ihre S-Geschwister, ein Werkzeug für ambitionierte und professionelle Anwender – oder in diesem Fall: für Filmer. Unverändert gut ist der Sucher mit seiner sehr hohen Schärfe, der beim manuellen Scharfstellen dank der Sucherlupe die Vergrößerung nicht nur als Bild-in-Bild, sondern auf Wunsch auch im gesamten Sucher (als auch auf dem Monitor) anzeigt. So lässt sich die Schärfe tatsächlich perfekt beurteilen. Dabei arbeitet der Autofokus mit seinen unterschiedlichen Modi sehr zuverlässig.
Foto und Video
Die Gesichts- und Augenerkennung stellt auch bei weit geöffneter Blende zuverlässig auf die Augen scharf – agiert allerdings bei der Verfolgung etwas zu hektisch. Das fällt beim Fotografieren kaum auf, wirkt im Video aber etwas unschön. Daran kann auch die individuelle Konfiguration für den Videomodus nichts ändern. Panasonic hat für die S-Serie die Menüstruktur mit einer zweiten Ebene
versehen, die deutlich leichter durchschaubar ist. Entsprechend leicht ist die Bedienung für Fotografen – solange sie keinen Blick ins Filmmenü werfen. Hier stecken viele Menüpunkte, die vermutlich nur eingefleischte Videoprofis kennen. Doch selbst die müssen sich erst einmal mit der Kamera intensiv beschäftigen, denn der Sensor entspricht wie üblich einem 4:3-Bildseitenverhältnis, während in der Videoaufzeichnung bekanntermaßen 16:9 üblich ist. Die höchste Videoauflösung von 6K, bei der der gesamte Sensor ausgelesen wird, sorgt also für ein sehr unübliches Format, das zudem „nur“mit den aus dem Cinema-Segment üblichen 24 Bildern in der Sekunde gespeichert wird.
Will man höhere Bildraten erreichen, muss man die Auflösung leicht auf 5,9 K (5888 x 3312 Pixel) reduzieren, die man mit bis zu 30 Bildern und auch gleich mit einer höheren Farbtiefe von 10-Bit (4:2:2) aufzeichnen kann. Das Format ist besonders im Zusammenspiel mit anamorphoten Optiken interessant. Dabei werden die seitlichen Bildbereiche durch die Optik gestaucht, wobei die Kamera sogar die Option bietet, die Videoausgabe wieder zu entzerren und somit im Breitbildformat wiederzugeben. Derartige Funktionen sind in dieser Preisklasse einmalig. Auch viele teurere Profifilmkameras bieten sie nicht.
Den kompletten Sensor liest die Kamera im Cine-4K-Modus (4096 x 2160 Pixel) und in UHD (3840 x 2160 Pixel) aus, solange man mit bis zu 30 Bildern aufzeichnet. Erwartet man dagegen die inzwischen üblicheren 50 oder 60 Bilder in der Sekunde, reduziert die Kamera den Auslesebereich auf dem Sensor. Die kleinere Fläche von Super35 ist etwas größer als die unter Fotografen bekannteren APS-C-Sensoren, aber eben deutlich kleiner als Vollformat. Durch den kleineren Auslesebereich ergibt sich zudem ein Crop-Faktor, und aus einem 24-mmWeitwinkel wird beim Bildwinkel eine 35-mm-Optik. Eine weitere Abhängigkeit der Aufnahmeoptionen ergibt sich durch das Dateiformat: Die meisten und besten Optionen bietet das MOV-Format, wobei hier in den höheren Auflösungsstufen der sehr effiziente H.265-Codec zum Einsatz kommt. Dennoch schreibt die Kamera eine Datenrate von bis zu 400 Megabit pro Sekunde. Wer solche Dateien nachbearbeiten will, benötigt einen sehr potenten Rechner. Zumal Panasonic noch eine weitere Option bereithält: Wie in der Fotografie setzt sich auch in der Videographie die RAWBearbeitung oder zumindest die Aufzeichnung mit Log-Pro
filen durch. Beide Varianten sind mit der S1H möglich, wobei die RAW-Aufzeichnung einen externen Atomos Ninja V zur Datenspeicherung benötigt, der diese Option künftig bieten soll. Die Aufzeichnung mit Log-Profil geht prinzipiell in die gleiche Richtung: Dabei zeichnet die Kamera ein sehr flaches Farbprofil auf – mit der Idee, dass dadurch dunkle Bereiche etwas zu hell und helle Bereiche etwas zu dunkel werden. Entsprechend sieht das Bild zwar sehr flau aus, enthält aber sowohl in hellen wie in dunklen Bildbereichen noch die komplette Zeichnung. Damit man während der Aufnahme nicht mit flauen Bildern arbeiten muss, kann man via SD-Karte vier verschiedene LUTs, sogenannte Look-up-Tables, laden. Diese biegen das flache Profil wieder zurecht oder – anders gesagt – liefern die Interpretation des Bilds, wohlgemerkt nur für die Wiedergabe über das Display, Sucher oder HDMI. Die Datei bleibt also unberührt. Entsprechend muss in der Nachbearbeitung ebenfalls mit einem LUT oder besser einer eigenen Farbinterpretation im sogenannten Color Grading eine Interpretation erfolgen.
Bildqualität
Vergleicht man die Messwerte der S1H mit denen der S1, fällt die technische Verwandtschaft der beiden sofort auf. Allerdings liefert die S1H eine um gut 150 Linienpaare geringere Auflösung. Die recht aggressive Abstimmung der S1 hat Panasonic offenbar bewusst reduziert, denn die Kantenaufsteilung ist in der Videobearbeitung ein Problem. Zumal Videografen die natürliche Abbildung bevorzugen. Dennoch gelingt es Panasonic auch bei der S1H, die Auflösung bei steigender Empfindlichkeit recht lange oben zu halten. Die S1H hat dazu auch die bestenVoraussetzungen: Sie liefert zwei native Empfindlichkeiten, hat also zwei getrennte Schaltkreise für das Auslesen des Sensors. In der Grundeinstellung wählt die Kamera automatisch den passenden Schaltkreis, doch man kann im Menü auch ISO „Low“(1. Schaltkreis) und „High“(2. Schaltkreis) wählen. Dabei wechselt die Kamera nicht nur die Empfindlichkeit, sondern auch die Sensorauslegung: Bei niedriger ISO-Empfindlichkeit und „Low“werden die hellen Bereiche dunkler wiedergegeben, bei der höheren ISO-Empfindlichkeit und „High“erscheinen die dunklen Stellen etwas heller. Somit soll in jedem Fall noch Zeichnung in kritischen Bildbereichen erhalten bleiben. „Low“geht bis ISO 800, „High“beginnt bei ISO 640. Ein Vergleich bei ISO 800 zeigt für den Fotobereich nur einen moderaten Effekt: Bei ähnlicher Zeichnung senkt der zweite Schaltkreis leicht das Rauschen. Insgesamt liefert die Panasonic bis ISO 1600 eine gute Zeichnung bei moderat steigendem Rauschen. Erst bei ISO 3200 sinkt die Bildqualität deutlicher.
Beim Filmen sieht dies etwas anders aus, denn hier liegt die Empfindlichkeit prinzipiell höher. Hier sind selbst Aufnahmen mit ISO 12 800 noch weitgehend rauschfrei, sodass es nur sehr geübte Zuschauer erkennen können.