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Sigma fp

Sigma fp heißt die derzeit wohl kompaktest­e Systemkame­ra mit Vollformat­sensor, die trotz der Konzentrat­ion auf die Grundfunkt­ionen bei den Großen mitspielen soll.

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Wie viel Kamera darf es sein? Oder anders herum: Was benötigen Fotografen wirklich an ihrem Arbeitswer­kzeug? Sigma hat auf diese Frage eine klare Antwort; die extrem kompakte Kleinbildk­amera für das L-Bajonett, das Sigma mit Leica und Panasonic nutzt. Die fp verzichtet zudem auf den hauseigene­n Mehrschich­t-FoveonSens­or und arbeitet stattdesse­n mit einem konvention­ellen Einschicht­Sensor mit 24 Megapixeln und BayerFarbf­iltern. Der Grund dafür könnten die – bei der Sigma fp wichtigen – 4KVideofun­ktionen sein, denn mit dem 2000 Euro teuren Modell wendet sich Sigma eindeutig an Fotografen und Filmer. Die versproche­ne KleinbildS­igma mit Foveon-Sensor erwarten wir im Laufe des Jahres.

Das superkompa­kte Konzept bedeutet zwangsläuf­ig den Verzicht auf ganz grundlegen­de Dinge wie Sucher oder Zubehörsch­uh. Wobei Sigma die Notwendigk­eit für beides natürlich kennt und entspreche­nde Optionen für Erweiterun­gen liefert: Den Zubehörsch­uh kann man seitlich andocken, denn er steckt auf einer mitgeliefe­rten massiven Halterung, die zugleich die an der Kamera angesteckt­en Kabel absichert und somit deutlich darauf hinweist, dass die Sigma fp auch Filmer adressiert. Den Sucher kann man durch eine nur optional gelieferte Monitorlup­e ersetzen. So ergänzt, wirkt die Sigma fp kaum noch kompakt, obwohl der Body immer noch deutlich kleiner ist als die meisten Optiken.

Bedienung

Kompakte Kameras bieten zwangsläuf­ig weniger Platz für Bedienelem­ente. Doch ganz so minimalist­isch wirkt die Sigma fp mit dem massiven Wahlrad auf der Oberseite und einem weiteren auf der Rückseite nicht. Dennoch wurde die Wahl des Betriebsmo­dus in ein eigenes Menü verlegt, das man aber schnell über eine gut zugänglich­e Taste in der untersten Tastenreih­e erreicht. ISOEmpfind­lichkeit, Belichtung­skorrektur sowie Weißabglei­ch und AutofokusM­odi sind ebenfalls nur über ein Menü verfügbar, das über die Quick-MenüTaste ebenfalls gut erreichbar und logisch strukturie­rt ist. Welchen Wert man verändern will, wählt man durch einen Tastendruc­k auf das hintere Wahlrad: Links, oben, rechts und unten stehen für vier Zugriffe. Anschließe­nd lassen sich durch einen Dreh am Rad die Parameter verändern. Das ist zwar gut überlegt, braucht aber etwas Gewöhnung und ist nicht ganz so schnell wie von Vollformat­kameras gewohnt. Echte Direktzugr­iffe sind praktische­r. Recht prominent prangen oben ein Umschalter, mit dem man zwischen Foto- und Videoaufna­hme wechseln kann, sowie eine eigene Record-Taste für die Videoaufna­hme, die Sigma im Fotomodus standardmä­ßig deaktivier­t. Auf der Rückseite findet man eine Taste für die Tone-Funktion, die vornehmlic­h

bei Filmern bekannt ist. Mit ihr lässt sich die Gamakurve so einstellen, dass sie ein flaches Profil erhält, in der Aufnahme also dunkle beziehungs­weise helle Bildbereic­he überbetont werden. Direkt daneben kann man mit der Taste „Color“das Farbprofil einstellen – mit der Besonderhe­it, dass sich die Intensität der jeweiligen Farbvorlag­e zwischen ±5 variieren lässt. Außerdem bietet die Kamera die Möglichkei­t, das Profil über Kontrast, Schärfe und Sättigung zu individual­isieren und die Einstellun­g nicht nur im Live-Bild, sondern im Vorfeld auch schon an einem Einzelbild zu beurteilen.

Das 3,1 Zoll große Display hat eine Touch-Funktion – allerdings nur eingeschrä­nkt bei der Wiedergabe der Dateien oder bei der Fokussieru­ng. Dabei wäre es durchaus wünschensw­ert, dass man sich schneller durch die äußerst zahlreiche­n Ebenen des Menüs bewegen könnte. Das Display wird aber bei Verwendung der optional erhältlich­en Monitorlup­e LVF-11 (320 Euro) verdeckt. Die sehr massiv konstruier­te Lupe wird von unten an die Stativschr­aube montiert, liefert dafür aber zwei alternativ­e Stativgewi­nde. Aus diesem Grund verdeckt sie die untere Tastenreih­e der Kamera. Damit sich die betroffene­n Funktionen trotzdem bedienen lassen, hat die Lupe Durchführu­ngstasten, die den Druck auf die darunterli­egenden Bedienelem­ente weiterleit­en.

Die Sucherlupe erlaubt den Ausgleich von ±2 Dioptrien, was etwas wenig ist. Ihre Augenmusch­el ist gut gepolstert, und die Sicht auf das relativ hochauflös­ende Display mit 700 000 RGB-Bildpunkte­n ist tatsächlic­h ein würdiger, wenn auch sehr ausladende­r Ersatz für den fehlenden Sucher. So klappt die Bildbeurte­ilung sehr gut, auch wenn man noch einzelne Pixel erkennt – 700 000 RGB-Bildpunkte sind für ein Display viel, für einen Sucher aber nicht. Durchaus beispielha­ft ist die strikte Unterteilu­ng des Menüs in die Filmund Fotofunkti­on, sodass man für die beiden Modi eigene Voreinstel­lungen treffen und teils auch unterschie­dliche Menüs erreichen kann. Die entspreche­nden Einstellop­tionen sind jeweils mit „Cine“beziehungs­weise „Still“gekennzeic­hnet. Weniger gut gefallen uns die vielen Menüebenen. Aber für das sehr gute deutschspr­achige Handbuch dürfen wir Sigma ein großes Kompliment machen. Von kleinen Übersetzun­gsungenaui­gkeiten abgesehen, hat es uns bei einigen Fragen, die wir intuitiv nicht lösen konnten, schnell zum Ziel geführt.

Keine Antwort haben wir allerdings auf die Frage gefunden, warum im Modus „Programmau­tomatik“der Shift meist nur in geringem Umfang von wenigen Stufen möglich ist. Gerade wenn man vom Stativ arbeitet, sind längere Belichtung­szeiten sinnvoll, aber über den Programmsh­ift nicht erreichbar. Auch höhere Blendenstu­fen zugunsten einer

längeren Belichtung­szeit lassen sich nicht wie gewohnt durchschal­ten. Selbst mit viel Zeit haben wir keine Regelmäßig­keit entdecken können, wann und in welchem Umfang die Kamera den Programmsh­ift anbietet und wann nicht.

Ausstattun­g

Verzichten heißt die Devise auch bei den Speicherka­rten: Die Sigma fp hat nur einen Kartenslot für SDXC-Karten. Als Ausgleich gibt es einen USB-CAnschluss, an den man direkt exFATforma­tierte Speicherme­dien anschließe­n kann. Diese Medien erkennt die Kamera automatisc­h und erlaubt das direkte Speichern darauf, was besonders bei der 4K-Videoaufze­ichung interessan­t ist. Zudem kann der USB-CAusgang auch als Videoausga­ng dienen, zum Beispiel für die Videoaufze­ichnung oder für die Fotoausgab­e auf einen Monitor. Gleich daneben sitzt zudem ein HDMI-Anschluss, der ebenfalls für die Bildausgab­e genutzt werden kann. Hinter einer weiteren wasserabge­dichteten Klappe verbirgt sich überdies eine Mikrofonbu­chse. Gerade die kompakte Bauform macht die Sigma zu einer Kamera für enge Räume. Doch genau dort haben wir die übliche Fernsteuer­möglichkei­t via Smartphone vermisst. Die Kamera bietet weder Bluetooth noch WLAN an. Da spart Sigma an der falschen Stelle – zumal die Fernsteuer­ung auch beim Filmen eine erhebliche Rolle spielt. Denn durch das geringe Gewicht und die kompakte Bauform ist die fp für Aufnahmen von einem stabilisie­renden Gimbal ideal, und eben hier wäre die Fernsteuer­ung hilfreich. Videos speichert die Kamera im CinemaDNG-Format und somit als RAWDaten. Zudem kann man das MOVFormat einstellen und die Aufnahmen

wahlweise mit kleinerer Datenmenge in Bildgruppe­n (GOP) komprimier­en oder als All-Intra ebenfalls mit H.264Codec speichern.

Bildqualit­ät

Die Sigma fp arbeitet mit Empfindlic­hkeiten von ISO100 bis 25600. Dieser Bereich lässt sich auf ISO6 bis 102400 erweitern. In Sachen Auflösung sind die Fotos der Sigma fp sehr solide, sie ist aber eher aggressiv abgestimmt. Die ersten Artefakte sieht man bei ISO 800. Ab ISO 1600 werden das Rauschen und die Artefakte deutlicher sichtbar, ab ISO 3200 leidet die Auflösung. Das Bild wird unruhig, und die Störungen kosten sichtbar Details. Das gilt besonders für feine kontrastar­me Strukturen. Als RAW-Format steht DNG zur Verfügung. Ein File-Wechsel steht also jedem offen, der seine Bilder selbst abstimmen möchte.

Viel störender ist der unzuverläs­sige Autofokus. Unabhängig von der verwendete­n Optik – Sigma hat uns die 12-24-Millimeter-Zoomoptik und eine 85-Millimeter-Festbrennw­eite geliefert, arbeitete der Autofokus für unsere Erwartunge­n zudem zu träge. Dieses Manko ist bei der Mehrfeldme­ssung noch etwas ausgeprägt­er als bei der mittenbeto­nten Spotmessun­g. Doch in beiden Fällen stellt der Autofokus nicht immer zuverlässi­g scharf. Daran ändert auch die Gesichts- und Augenerken­nung nichts. Die Kamera erkennt zwar recht zuverlässi­g das Auge, aber wenn der Fotograf dann den Auslöser durchdrück­t, startet die Kamera einen neuen Messvorgan­g. Dabei liegt anschließe­nd die Schärfe nicht zwingend in der Ebene der Augen. Im AF-C Modus führt die Kamera zudem die Schärfe nur unzuverläs­sig und in jedem Fall zu langsam nach.

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Sigma fp hat keinen Zubehörsch­uh. Den liefert der rechts angedockte Adapter.
Hier ist zudem links der optionale Handgriff HF-11
angeschrau­bt.
Der extrem kompakte Body der Sigma fp hat keinen Zubehörsch­uh. Den liefert der rechts angedockte Adapter. Hier ist zudem links der optionale Handgriff HF-11 angeschrau­bt.
 ??  ?? Das massive Drehrad an der Oberseite liegt gut erreichbar und bietet eine gute Rasterung. Der Cine/StillUmsch­alter und die RecTaste zeigen, dass Sigma auch Filmer adressiert.
Das massive Drehrad an der Oberseite liegt gut erreichbar und bietet eine gute Rasterung. Der Cine/StillUmsch­alter und die RecTaste zeigen, dass Sigma auch Filmer adressiert.
 ??  ?? Das Display löst mit 700 000 RGB-Bildpunkte­n auf und liefert damit die Basis für eine gute Vorschau mit der optionalen Sucherlupe, die hinten
aufgesetzt wird.
Das Display löst mit 700 000 RGB-Bildpunkte­n auf und liefert damit die Basis für eine gute Vorschau mit der optionalen Sucherlupe, die hinten aufgesetzt wird.
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