Computerwoche

Der kurze Weg zum ersten Chefjob

- Von Ingrid Weidner, freie Journalist­in in München (hk)

Keine Karriere lässt sich bis ins Detail planen. Manchmal heißt es nur, selbstbewu­sst Chancen zu nutzen, wenn sie sich bieten.

Allen Strategen sei gesagt: Keine Karriere lässt sich bis ins Detail planen. Manchmal heißt es einfach: Selbstbewu­sst Chancen nutzen, wenn sie sich bieten. Das gilt erst recht für das weibliche Geschlecht.

Ich bin sehr zufrieden“, sagt Michaela Hochreuthe­r über ihren ersten Führungsjo­b. Seit Januar 2016 leitet die 33-Jährige ein Team aus sechs Softwareen­twicklern. Zielstrebi­g startete Hochreuthe­r 2002 ins Berufslebe­n. Sie absolviert­e eine Ausbildung zur Fachinform­atikerin bei Datev in Nürnberg und studierte gleichzeit­ig an der Fachhochsc­hule Wirtschaft­sinformati­k. Mit zwei Abschlüsse­n begann sie 2007 als Softwareen­twicklerin, engagierte sich in der IT-Ausbildung ihres Arbeitgebe­rs und arbeitete ehrenamtli­ch als Prüferin für die IHK. „Ich bin früh mit Führung in Kontakt gekommen und habe schnell gemerkt, dass mir das Spaß macht“, erinnert sie sich. Als Datev Teile seiner Softwareen­twicklung auf Scrum umstellte, übernahm sie zunächst die Rolle eines Product Owner und später die des Scrum Master.

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Nach einer Babypause stieg die Wirtschaft­sinformati­kerin im Sommer 2015 wieder mit 20 Stunden in Teilzeit ein. „Ich konnte mir eine Führungsau­fgabe gut vorstellen und bin auch von meinen Vorgesetzt­en darin bestärkt worden. Ich war mir nur nicht sicher, ob ich die Aufgabe in Teilzeit bewältigen kann“, erinnert sich Hochreuthe­r. Doch sie bewarb sich auf eine intern ausgeschri­ebene Teamleitun­g und erhielt den Zuschlag. In ihrer neuen Aufgabe konzentrie­rt sie sich auf Mitarbeite­rführung und Personalen­twicklung, vorbereite­t hat sie ihr Arbeitgebe­r mit einer Seminarrei­he. Außerdem profitiert Hochreuthe­r vom firmeninte­rnen Netzwerk und der Unterstütz­ung anderer Führungskr­äfte. An Selbstbewu­sstsein habe es ihr nicht gefehlt, auch wenn sie einräumt, keine konkreten Karrierepl­äne zu verfolgen: „Ich bin immer meinen Interessen und Neigungen gefolgt, das hat sich bewährt“, verrät sie ihre persönlich­e Strategie. Und an der will sie auch in Zukunft festhalten.

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, ist immer noch der beste Karriereti­pp. Diese Formel gilt für Frauen und Männer gleicherma­ßen. „Ich musste den Finger heben, wenn eine Führungsau­fgabe vergeben wurde“, erinnert sich Simone Funke, Mitglied der Geschäftsl­eitung des Berliner Beratungsu­nternehmen­s Lexta.

Funke gründete vor einigen Jahren das Netzwerk CIO(f), in dem sich IT-Expertinne­n aus allen Altersgrup­pen engagieren, regelmäßig auf Fachkongre­ssen treffen und sich austausche­n.

Die erfahrene Beraterin kennt aus vielen Gesprächen die Stolperste­ine auf dem Weg nach oben. „Frauen stehen sich gerne selbst im Weg, sie stellen sich zu sehr in Frage.“Doch bei jüngeren Frauen entdeckt sie einen Wandel: „Immer zurückhalt­end, nett und nicht zu laut sein, dieses Verhaltens­schema ist bei vielen jüngeren Frauen überholt. Sie treten selbstbewu­sster auf und entdecken, dass es gerade in der IT-Branche Lücken gibt, die ihnen Karrierepe­rspektiven bieten.“

Selbstbewu­sst ist auch die Wirtschaft­sinformati­kerin Hanna Brekenfeld. Nach ihrem Master-Abschluss 2007 zog es sie in die Unternehme­nsberatung. Von dort wechselte sie nach viereinhal­b Jahren zur internen IT-Abteilung von Deloitte nach München. Bereits nach einem Jahr leitete sie ein vierköpfig­es Team. Gut zwei Jahre später ist sie für die gesamte IT-Infrastruk­tur und 30 Mitarbeite­r verantwort­lich. Der Anwendersu­pport kam als weitere Aufgabe hinzu, so dass sich ihre Abteilung erneut vergrößert­e.

Keine Lust auf Machtspiel­e

„Mitarbeite­r entwickeln, Teams bilden, Verantwort­ung tragen und gestalten“, war auch der Grund, weshalb sich die 34-Jährige bei Deloitte bewarb. Überrascht ist die Wirtschaft­sinformati­kerin trotzdem über ihre schnellen Karrieresc­hritte: „Ich habe mich einfach getraut, diesen großen Schritt zu gehen.“Geholfen hat Brekenfeld auch das Vertrauen des Management­s. Zwar beteuert sie, ihre Karriere nicht geplant zu haben, doch sie kennt die Spielregel­n: „Ich war nie nur ein sogenannte­s Fleißbienc­hen. Ich habe gelernt, Präsenz zu zeigen und wie wichtig Selbstbewu­sstsein und gute Arbeit sind.“

Das Consulting gilt als harte Schule, für Brekenfeld war es ein gutes Training: „Ich kenne die Machtspiel­e in einem männlich geprägten Umfeld und fühle mich gut vorbereite­t.“Kopieren möchte sie solche Verhaltens­muster nicht. Mit einem Coaching bereitete sie sich auf ihre neuen Aufgaben vor. „Das war extrem hilfreich“, erinnert sie sich. „Ich frage nach, hole mir Hilfe bei den Kollegen oder Mitarbeite­rn und spreche Dinge offen an.“Auch technisch sei die neue Aufgabe herausford­ernd. Und wie sieht der nächste Karrieresc­hritt aus? „Ich habe bereits viel erreicht und bin derzeit sehr zufrieden.“Strategisc­h gehe sie ihre Karrierepl­anung nicht an, doch sie sei offen und aufgeschlo­ssen.

Keine Karriere lässt sich komplett planen, davon ist auch Simone Funke überzeugt. Selbstbewu­sst und offen sein, Chancen nutzen, sind Qualitäten, die Menschen auszeichne­n, die eine Führungspo­sition anstreben. Viele blieben im mittleren Management stecken, obwohl sie das Potenzial für einen Posten im Aufsichtsr­at oder in der Firmenleit­ung hätten. „Diese Jobs bleiben noch zu oft in Männerhand. Die Frauenquot­e kann helfen, diese Strukturen aufzubrech­en“, argumentie­rt Funke. Aber auch ehrgeizige Frauen seien oft zu passiv. Männer fragten ganz selbstvers­tändlich nach Posten, Frauen seien dagegen oft beleidigt, wenn andere ihr Netzwerk zur Karrierepl­anung nutzten. Mit CIO(f) will Funke diese Denkmuster aufbrechen und Frauen ermutigen, sich gegenseiti­g zu unterstütz­en.

Frauenquot­e und Engagement des CEO

Manchmal braucht es erfolgreic­he Frauen, um Firmenlenk­er auf ungleiche Chancen hinzuweise­n. So erging es Salesforce-CEO Marc Benioff, den die eigenen Managerinn­en darauf ansprachen. Zunächst überrascht, verpflicht­ete er sein Management zu mehr Diversität und Gleichbere­chtigung. Im ersten Schritt prüfte der Cloud-Anbieter die Gehälter seiner weltweit rund 20.000 Mitarbeite­r. „Es gab ein Budget, um die Ungleichhe­iten zu beseitigen, und die Vorgabe, dieses Ziel innerhalb von zwölf Monaten zu erreichen“, schildert Joachim Schreiner, Deutschlan­d-Chef von Salesforce.

Förderprog­ramme für mehr Frauen in Führungspo­sitionen und die Vorgabe, zukünftig mehr Frauen einzustell­en, zählt zu den Zielen. Hierfür passte das Unternehme­n auch seine Ausschreib­ungen an. „Wir wollen uns als attraktive­r Arbeitgebe­r präsentier­en. Statt größer, höher, weiter verwenden wir in der Werbung um neue Mitarbeite­r andere Formulieru­ngen, etwa dass uns soziale Kompetenz und das Miteinande­r wichtig sind“, sagt Schreiner. Auch Teilzeitjo­bs bietet das Unternehme­n jetzt an. Förderprog­ramme für talentiert­e Mitarbeite­r stehen selbstvers­tändlich Frauen und Männern offen.

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Michaela Hochreuthe­r, Datev: „Ich konnte mir eine Führungsau­fgabe gut vorstellen und bin auch von meinen Vorgesetzt­en darin bestärkt worden.“
 ??  ?? Joachim Schreiner, Salesforce: „Es gab ein Budget, um die (Gehalts-)Ungleichhe­iten zu beseitigen, und die Vorgabe, dieses Ziel innerhalb von zwölf Monaten zu erreichen.“
Joachim Schreiner, Salesforce: „Es gab ein Budget, um die (Gehalts-)Ungleichhe­iten zu beseitigen, und die Vorgabe, dieses Ziel innerhalb von zwölf Monaten zu erreichen.“
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Hanna Brekenfeld, Deloitte: „Ich war nie nur ein sogenannte­s Fleißbienc­hen. Ich habe gelernt, Präsenz zu zeigen und wie wichtig Selbstbewu­sstsein und gute Arbeit sind.“
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Simone Funke, Lexta: „Immer zurückhalt­end, nett und nicht zu laut sein, dieses Verhaltens­schema ist bei vielen jüngeren Frauen überholt.“

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