Starke Persönlichkeiten gefragt
Bevor sich eine Investmentgesellschaft bei einem Hightech-Startup engagiert, sieht sie sich das Profil der Gründer ganz genau an, wie Sven Oleownik im Gespräch mit CW-Redakteur Hans Königes versichert. Positiv wirken Macher, die ihre Schwächen kennen und
Worauf eine Investment-Gesellschaft achtet, ehe sie sich bei einem Startup engagiert, erklärt Sven Oleownik (Foto) im CW-Gespräch.
CW: Wie wichtig ist für Sie das Management eines Startups, wenn Sie über einen Einstieg nachdenken?
OLEOWNIK: Wirtschaftliches Handeln ist von Menschen für Menschen gemacht. Jeder Business-Plan und jeder Erfolg sind auf die handelnden Personen zurückzuführen; schließlich wird jeder Vertrag von Menschen unterschrieben, die sich auf eine gemeinsame Basis verständigen konnten. Dies ist und bleibt wichtig, unabhängig von der Unternehmensphase.
CW: Sehen Sie sich auch die Lebensläufe der Gründer an?
OLEOWNIK: Natürlich geht es uns auch um das Können und das Wollen der Menschen, in die wir investieren. Daher sehen wir uns die Lebensläufe an, aber nicht im technischen Sinne. Herausragende fachliche Kompetenz ist eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung. Da wir unternehmerische Partner suchen, wollen wir den Menschen dahinter verstehen. Die besten Unternehmer sind die, die viele zunächst widersprüchliche Kompetenzen vereinen können und deren Motivation nicht nur vom materiellen Erfolg abhängt.
CW: Was motiviert Gründer dann?
OLEOWNIK: Die berühmte Extrameile, auf die es gerade in schwierigeren Phasen ankommt, gehen echte Unternehmer nicht, weil man ihnen eine Karotte vor die Nase hält, sondern weil sie intrinsisch angetrieben sind. Nur wenn Gründer hier ein Vorbild sind, wirken sie integrierend und motivierend auf die Mitarbeiter. Daher sind für uns auch die Motive, Werte sowie das Verhalten von zentraler Bedeutung.
CW: Was imponiert Ihnen an Managern und Teams am meisten?
OLEOWNIK: Ein herausragendes Management findet eine Lösung für das tägliche Dilemma: Es muss führen, vorgeben und anleiten sowie integrieren. Zugleich muss es akzeptieren, dass es nicht allwissend ist. Am meisten imponieren mir Manager, die ihre Stärken, aber auch die Schwächen kennen und Menschen erfolgreich in ihr Team integrieren, die diese Schwächen ausgleichen können – und dies ohne Angst zu haben, dass damit ihre eigene Position erodieren könnte. Gut sind also Manager, die sich selbst nicht so wichtig nehmen und ihren Mitarbeitern Raum und Orientierung geben, ihre Kompetenzen voll zu entfalten. Folglich imponiert mir ein Team dann, wenn es sich entsprechend intelligent zusammmensetzt und seine Chancen nutzt.
CW: Hätten Sie ein Beispiel parat?
OLEOWNIK: Mir fällt ein Unternehmen ein, das global führend anspruchsvolle Sprach- und Datenkommunikationssysteme im sicherheitsrelevanten Umfeld entwickelt und installiert. Es kann sich mit seinen Lösungen keine Fehler leisten, da diese Menschenleben gefährden würden. Darum wurde eine Management-Kultur eingeführt, in der Fehler keine Schande sind und nicht bestraft werden. Jeder ist sogar aufgefordert, kontinuierlich nach eigenen Fehlern zu suchen und diese aufzudecken – auch wenn der Zeitpunkt spät ist und die Fehlerbeseitigung kostspielig werden kann. Täglich wird dort vorgelebt, dass Mitarbeiter in solchen Fällen nichts zu befürchten haben. Diese Kultur lässt sich bereits am Werkstor spüren und verhalf dem Unternehmen zu globaler
Technologie- und Serviceführerschaft mit hohen Marktanteilen, Umsatzzuwächsen und Margen.
CW: Was muss ein Gründertyp mitbringen, um auch die Wachstumsphase, etwa nach einem Einstieg Ihres Unternehmens, mitzugestalten?
OLEOWNIK: Er muss ein analytisch klar fundiertes, skalierbares und in den wesentlichen technischen und marktseitigen Eckpunkten tragfähiges Geschäftskonzept mitbringen, das er mit den beschriebenen Kompetenzen des idealen Managers vorantreiben will. Er muss offen für einen ebenso anspruchsvollen wie auch unternehmerischen Partner sein, der für sich die gleichen Maßstäbe ansetzt.
CW: Was für ein Skill-Set brauchen Führungsmannschaften Ihrer Portfolio-Unternehmen, um die Digitalisierung zu meistern?
OLEOWNIK: Heute geht es nicht mehr allein um Innovationen im eigenen Umkreis, die schon anspruchsvoll genug wären, sondern um die Integration völlig unterschiedlicher Kompetenzen. Das gilt nicht nur im technischen Sinne, sondern auch im strategischen und organisatorischen – bis hin zur Entwicklung und Durchsetzung neuer Geschäftsmodelle. Vielleicht kann man das am deutlichsten an der deutschen Automobilindustrie illustrieren, die auf Hersteller- und Zuliefererseite einen riesigen Umbruch erlebt. Dies betrifft den Antrieb ab oberer Mittelklasse und wird bis dato nur in Nischen ohne signifikantes Volumen sichtbar.
Es wird noch dauern, bis Tesla ein hochwertig verarbeitetes Fahrzeug bauen kann, das in den Volumenmärkten akzeptiert wird und bezahlbar ist. Dennoch haben sich schon die ersten gefragt, wann Apple oder Google mit voller Kasse einen Automobilhersteller kauft. Auch kamen die ersten Manager aufgeschreckt aus China zurück, als ihnen bewusst geworden war, wie viele zuvor nie gesehene Hersteller Mittelklassefahrzeuge mit E-Antrieb auf den Markt gebracht haben.
CW: Was passiert also, wenn sich im weitesten Sinne Metallverarbeiter mit IT-Unternehmen verbinden und völlig neue Wettbewerber entstehen? Und diese nicht über Auslastung von Gießereien oder Dreh- und Fräskapazitäten mit entsprechendem Fixkostendruck nachdenken müssen?
OLEOWNIK: Es wird völlig neue Angebote geben, die zudem auf derzeit neu entstehende Verkehrskonzepte und Konsumentenanforderungen treffen. Wenn der klassische Verbrennungsmotor und das dahinter notwendige Getriebe in den nächsten Jahren immer weniger gefragt sind und sich Lösungen wie Automated Parking and Drive oder Car-Sharing zunehmend durchsetzen, werden sich immense Veränderungen, aber auch Chancen in unseren wichtigsten Branchen in Deutschland ergeben. Diese Marktentwicklungen haben für zahlreiche Unternehmen Veränderungen zur Folge, hinsichtlich benötigter Kompetenzen, Kapazitäten, Organisation, Kultur und schließlich auch finanzieller Schlagkraft. Dafür den entsprechenden Wahrnehmungsradar zu haben, gilt als einer der wichtigsten Skills einer kompetenten Führungsmannschaft.