Microsoft befüllt Deutschland-Cloud
Nach Azure-Infrastrukturdiensten können Anwender nun auch Office 365 und Power BI aus der Microsoft Cloud Deutschland beziehen. Dabei sollen sämtliche Daten in Deutschland bleiben, verspricht der US-Konzern. Das Datentreuhändermodell mit T-Systems soll al
Anwender können ab sofort auch Office 365 und Power BI aus Microsofts Deutschland-Cloud beziehen. Um den Datenschutz kümmert sich T-Systems in der Rolle eines „Datentreuhänders“.
Microsoft bietet ab sofort neben den bereits seit September vergangenen Jahres verfügbaren Azure-Infrastrukturdiensten nun auch seine Office-365Suite sowie Power BI aus den deutschen Rechenzentren in Frankfurt am Main und Magdeburg an. Kundendaten würden ausschließlich in Deutschland gespeichert, verspricht der amerikanische Softwarekonzern. Dafür soll vor allem das System des Datentreuhänders sorgen, das Microsoft eigens für den besonders sensiblen deutschen Markt geschaffen hatte. Als solcher fungiert T-Systems International, das den Zugang zu den in der Microsoft-Cloud abgelegten Daten kontrollieren und überwachen soll.
Mit seinen neuen Cloud-Services wendet sich Microsoft an Unternehmen in Deutschland, der Europäischen Union und der Europäischen Freihandelszone (EFTA). Das Angebot richtet sich besonders an datensensible Branchen mit strengen Datenschutz- und Compliance-Richtlinien wie dem öffentlichen Sektor, dem Bildungswesen oder der Finanzindustrie, heißt es in einer offiziellen Mitteilung Microsofts.
Mehr Wahlfreiheit für Kunden
„Mit Office 365 Deutschland ermöglichen wir auch jenen Unternehmen Zugang zu unseren Cloud-basierten Produktivitätswerkzeugen, die aufgrund strenger Datenschutz- und Compliance-Anforderungen nur Cloud-Dienste aus deutschen Rechenzentren beziehen können“, sagte Sabine Bendiek, Vorsitzende der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland. „Das ergänzende Angebot bietet ihnen mehr Wahlfreiheit und treibt zugleich lokale Innovationen: Sie profitieren von den Vorteilen der Public Cloud für ihre digitale Transformation und erhalten gleichzeitig mehr Kontrolle über die Verarbeitung und Speicherung ihrer Daten.“
Microsoft zufolge nutzen monatlich bereits mehr als 85 Millionen aktive Nutzer weltweit die Office-Suite aus der Cloud. Die spezielle Variante „Office 365 Deutschland“bietet die bekannten Office-365-Dienste der Microsoft Cloud aus deutschen Rechenzentren: Das umfasst unter anderem die Desktop-Versionen der kompletten Office-Suite (zum Beispiel Powerpoint, Word, Excel, Outlook), Exchange Online, Sharepoint Online, Skype for Business und OneDrive for Business sowie die ProjectOnline-Produktfamilie und Visio Pro. Einige Dienste wie zum Beispiel „Microsoft Teams“sollen im Laufe des Jahres folgen.
Zusätzlich ist auch „Power BI Pro Deutschland“ab sofort verfügbar. Die Cloud-Lösung für Datenanalyse und -visualisierung soll es Geschäftskunden ermöglichen, große und komplexe Datenmengen zu strukturieren und in interaktive Grafiken und Berichte für den PC und mobile Endgeräte umzuwandeln,
„Office 365 können jetzt auch Unternehmen mit strengen Datenschutzund ComplianceAnforderungen nutzen.“ Sabine Bendiek, Vorsitzende der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland
verspricht der Anbieter. Darüber hinaus plant Microsoft bereits den weiteren Funktionsausbau seines hiesigen Cloud-Angebots. Die Preview für die Business-Software-Suite „Dynamics 365“ist bereits im vergangenen Jahr an den Start gegangen. Offiziell soll das ERP- und CRM-Funktionen umfassende Anwendungspaket in der ersten Jahreshälfte 2017 verfügbar sein.
Microsoft erhebt Deutschland-Zuschlag
Für Office 365 Deutschland und Power BI Pro Deutschland gelten Microsoft zufolge die gleichen Service-Level-Agreements (SLAs) wie für Office 365. Zusätzlich gebe es technischen Support rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche. Dieser Support werde in deutscher – wahlweise auch englischer – Sprache aus Deutschland heraus gewährt. Wer explizit Microsofts Deutschland-Cloud-Dienste nutzen möchte, muss allerdings tiefer in die Tasche greifen. Der Konzern bietet Office 365 in sechs verschiedenen Variationen an, die sich funktional und im dazugehörigen Serviceangebot unterscheiden. Für das globale Angebot ruft Microsoft Preise zwischen 4,20 und 19,70 Euro pro Nutzer und Monat bei Abschluss eines Jahres-Abonnements auf. Für Office 365 aus der Deutschland-Cloud müssen Anwender zwischen 5,30 und 24,60 Euro auf den Tisch legen. Für Power BI Pro verlangt der Konzern 10,50 Euro pro User und Monat.
Microsofts Cloud-Deutschland-Dienste werden aus den Rechenzentren in Frankfurt und Magdeburg bereitgestellt. Damit würden die Kundendaten in Deutschland gespeichert, beteuern die Verantwortlichen. Den Zugang zu den Kundendaten kontrolliert T-Systems in der Rolle eines sogenannten Datentreuhänders: Die Telekom-Tochter soll sicherstellen, dass Kundendaten nicht an Dritte weitergegeben werden – es sei denn, der Kunde erteilt seine Zustimmung beziehungsweise deutsches Recht erfordert die Herausgabe.
Letzteres ist zumindest ein Hebel, mit dem auch ausländische Regierungen an Kundendaten kommen könnten, räumt Microsoft ein. Der Datentreuhänder sei verpflichtet, Anfragen nach Kundendaten in Übereinstimmung mit dem deutschen Recht zu behandeln. Schlage eine ausländische Regierung einen entsprechenden Rechtsweg in Deutschland ein, beispielsweise über ein Rechtshilfeab- kommen, dann sei es möglich, dass ein deutsches Gericht vom Datentreuhänder verlangen könne, Kundendaten offenzulegen. Gleiches gelte allerdings auch für jeden lokalen deutschen Hosting-Anbieter.
Auch Microsoft erhalte eigenen Angaben zufolge ohne Zustimmung des Datentreuhänders oder des Kunden keinen Zugriff auf die in der Microsoft Cloud Deutschland abgelegten Daten. Wird diese Zustimmung durch den Datentreuhänder erteilt, greift Microsoft nur unter dessen Aufsicht zeitlich begrenzt auf die Kundendaten zu, hieß es von Seiten des Softwarekonzerns. Das könne erforderlich sein, um beispielsweise Wartungsarbeiten oder Verbesserungen an der Cloud-Infrastruktur durchzuführen. Der Datentreuhänder steuert durch zwei Cloud Control Center in Berlin und Magdeburg die Rechenzentren der Microsoft Cloud Deutschland. Durch den redundanten Aufbau könne Microsoft zufolge der Ausfall eines Control Centers problemlos abgefangen werden.
Einstiegshürden in die Cloud werden niedriger
Experten gehen davon aus, dass mit der Microsoft Cloud Deutschland das Thema Cloud Computing hierzulande einen Schub bekommen könnte. „Viele mittelständische Unternehmen haben sich mit Blick auf interne Compliance und Sicherheit ihrer Daten bislang bewusst gegen die Vorteile Cloud-basierter Lösungen entschieden“, konstatierte beispielsweise Eric Schott, Gründer und Geschäftsführer von Campana & Schott. Für diese Zielgruppe reduziere die Microsoft Cloud Deutschland die Einstiegshürden deutlich.
„So fühlen sich viele Kunden regelrecht befreit, dass sie nun deutsche Rechenzentren nach deutschem Recht für die bekannten Microsoft Cloud Services nutzen können“, sagt Schott. Damit verbessere sich das Vertrauen – „ein nicht zu unterschätzender psychologischer Aspekt“.