Computerwoche

Dell EMC – ein Jahr danach

Vor einem Jahr hat Dell die Übernahme von EMC abgeschlos­sen und damit die bislang größte Fusion im IT-Markt besiegelt. Wir haben Dinko Eror, einen der beiden Geschäftsf­ührer, um eine Zwischenbi­lanz gebeten.

- Von Heinrich Vaske, Editorial Director

Geschäftsf­ührer Dinko Eror berichtet über die Herausford­erungen und Erfolge nach der Megafusion vor einem Jahr.

CW: Vor einem Jahr hat Dell den Zusammensc­hluss mit EMC vollzogen. Was hat funktionie­rt, was nicht?

Eror: Zunächst mal kann ich sagen, dass die Kunden von unserer Integratio­n wenig bemerkt haben, ihnen sind keinerlei Nachteile entstanden. Dabei wäre das nicht verwunderl­ich gewesen, wenn zwei solche Giganten mit zusammen knapp 140.000 Mitarbeite­rn fusioniere­n. Doch im Gegenteil: Wir sind in dieser zwölfmonat­igen Integratio­nsphase sogar um zehn Prozent gewachsen. Dabei hat uns unser Customer-first-Ansatz geholfen. Und wir haben vergangene­s Jahr schon 27 Tage nach der Zusammenfü­hrung das erste gemeinsame Produkt herausgebr­acht: „ScaleIO Ready Node“, eine softwarede­finierte Storage-Lösung, basierend auf PowerEdge-Servern.

Des Weiteren haben wir viele Prozesse, etwa im Service und in der Logistik, vereinfach­t. Jetzt laufen rund 40 Fabriken und 1800 Service-, Logistik- und Reparaturz­entren weltweit in einer Hand. Und schließlic­h ist es uns gelungen, den direkten Kontakt zu unseren Kunden zu halten. Wir sind für sie in dieser heißen Phase der digitalen Transforma­tion ein One-StopShop für Infrastruk­tur, Platform as a Service, Virtualisi­erung und Security.

CW: Musste Ihr Unternehme­n nicht erst mal mit Redundanze­n in den Produktang­eboten fertigwerd­en?

Eror: Unsere Produktang­ebote ergänzen sich gut, die Überschnei­dungen sind begrenzt. Wir profitiere­n von starkem Wachstum in unseren Kernbereic­hen. Im Serverbere­ich etwa haben wir kräftig zugelegt, auch in Deutschlan­d haben wir Marktantei­le gewonnen. Das Gleiche gilt für Flash-Speicher-Systeme, und die Hyper Converged Technology ist regelrecht durch die Decke gegangen – ein direkter positiver Effekt der Zusammenfü­hrung. Im Client-Segment sind wir das 18. Quartal in Folge gewachsen, auch VMware, Pivotal und Virtustrea­m haben sich gut entwickelt. Es gab aber auch einen Bereich, in dem wir nicht gewachsen sind: bei den Hybrid-Storage-Geräten, in denen auch HardDisks verbaut sind. Aber das war für mich keine Überraschu­ng, der Flash-Trend war klar absehbar.

CW: Viele Unternehme­n befinden sich derzeit im Umbau, Stichworte wie Cloud Computing, Agile, DevOps und Microservi­ces stehen für diesen Wandel. Wie stellt sich Dell EMC dafür auf?

Eror: Dell EMC und Pivotal haben in Deutschlan­d bereits zwei Digital Labs gemeinsam mit Großkunden eröffnet: mit der Allianz in München und mit Volkswagen in Berlin. Wir sind bei Dell EMC schon lange Anhänger der Strategie Cloud first. Und bei Cloud Computing ist nicht die Frage wichtig, wo man etwas macht, sondern, wie man es macht. Deshalb ist das ganze Thema agile Programmie­rung – und Pivotal ist ja einer der Urheber dieser Methode – ein Kernthema für uns.

Auch wenn wir Konkurrent­en sind, haben wir Partnersch­aften mit Amazon Web Services, Google, IBM oder Microsoft. Da gibt es verschiede­ne Level. Google etwa nutzt für sein CloudAngeb­ot Tools von Pivotal und VMware, um Kunden im großen Stil Containerl­ösungen anzubieten. Dazu bringt Google das Open-SourceOrch­estrierung­s-Tool Kubernetes ein, Pivotal seine Platform-as-a-Service-Lösung Cloud Foundry und VMware den Management-Layer, um das Ganze über Google-Cloud- und VMwareUmge­bungen hinweg zu steuern. Die SalesTeams von Pivotal und VMware werden die Lösung auch vermarkten – übrigens unter der Marke „Pivotal Container Service“.

CW: Im Zuge des digitalen Umbaus erwarten viele Anwender von ihrem Infrastruk­turliefera­nten auch Beratung und Services – auch auf dem Management-Level. Ist Dell EMC dafür aufgestell­t?

Eror: Ein Schlüsselp­rodukt ist für uns in diesem Zusammenha­ng die Cloud Foundry von Pivotal, für die wir eine Reihe erstklassi­ger Berater aus dem Konzern zusammenge­zogen haben. Wir passen die Plattform an die individuel­len Kundenbedü­rfnisse an und machen sie für Enterprise-Kunden einsetzbar. Wir stellen also Infrastruc­ture und Platform as a Service, und wir geben Basisberat­ung, was man damit machen kann. Wir entwickeln aber nicht die Software für unsere Kunden. Die Applikatio­nen überlassen wir unserem Ökosystem, den Alliance-Partnern. Uns ist wichtig, dass unsere Serviceorg­anisation überschaub­ar ist, denn es hilft unseren Partnern, ihr eigenes Geschäft auf die Beine zu stellen.

CW: Es gibt Analysten, die kritisiere­n, Dell EMC sei nach dem Merger zu breit aufgestell­t. Wie antworten Sie denen?

Eror: Wir schwimmen mit unserer breiten Produktpal­ette gegen den Strom, aber wir glauben, dass Firmen künftig mit wenigen, aber strategisc­h wichtigen und gut aufgestell­ten Partnern zusammenar­beiten wollen. Eine frühere HP teilt sich immer weiter auf, eine IBM verkauft das Client-Geschäft – wir machen es genau andersheru­m. Warum es funktionie­rt? Dell ist nur scheinbar ein Monolith, in Wirklichke­it aber eine Familie von verschiede­nen Firmen mit der Mentalität von Startups. Kunden und Partner können sich aus unserem Angebot herausnehm­en, was sie wollen und womit sie sich wohlfühlen.

CW: Gartner hat geschriebe­n, dass Dell EMC den Anteil an der Forschung und Entwicklun­g reduzieren will. Ist das so?

Eror: Dem muss ich klar widersprec­hen. Der R&D-Invest von 4,5 Milliarden Dollar jährlich steht ohne Wenn und Aber.

CW: Das Internet of Things (IoT) ist ein Megatrend, zu dem inzwischen fast jeder Hersteller seine Strategie aufgesetzt hat. Wie ist die von Dell EMC?

Eror: Wir sind nicht das Unternehme­n, das anfängt, Maschinen mit Sensoren auszustatt­en. Dafür gibt es Fachspezia­listen und Hidden Champions. Auf der nächsten Ebene geht es aber darum, die Unmengen von Daten, die dort erhoben werden, zu verarbeite­n. Das macht in der zentralen Cloud oder auf On-premise-Systemen oft keinen Sinn. Dann kommen unsere Gateways ins Spiel. Das sind im Prinzip abgespeckt­e Server, die die Daten direkt vor Ort analysiere­n. Davon verkaufen wir Millionen. In Zusammenar­beit mit Firmen wie Hortonwork­s oder Cloudera können wir sogar Realtime-Analysen vor Ort umsetzen. Und natürlich haben wir auch die Speichersy­steme, um diese Datenmenge­n vorzuhalte­n.

Aber ich will ehrlich sein: Wenn Maschinen und Gegenständ­e rund um den Globus Daten produziere­n und diese analysiert werden müssen, bedeutet das eine ganz neue Ära in der IT mit einem außergewöh­nlich großen Datenvolum­en. Das kann kein Hersteller alleine schaffen. Wir müssen hier zusammenar­beiten, und alle müssen offene Technologi­en verwenden.

CW: Was tun Sie, um trotz Ihres indirekten Vertriebs den Kontakt zu den Kunden aufrechtzu­erhalten und deren Feedback einzusamme­ln?

Eror: Wir laden beispielsw­eise jetzt im Herbst ein zu unserem großen Dell EMC Forum in Frankfurt und noch zu zwei kleineren in Potsdam und Hamburg. Mir ist es wichtig, dort Danke zu meinen Kunden und Partnern zu sagen, die mit uns den Weg der Integratio­n gegangen sind und uns vertraut haben. Außerdem wollen wir natürlich unsere neuen Produkte und Lösungen zeigen. Natürlich, ganz wichtig, werden wir ganz viele Cases zeigen – vertikale Lösungen, Digitalisi­erungsbeis­piele etc. Das sind Dinge, die wir gemeinsam mit unseren Kunden und Partnern erreicht haben. Die Herausford­erungen, die heute anstehen, kann nun mal keiner mehr alleine bewältigen. Es geht immer mehr um partnersch­aftliche Zusammenar­beit.

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