Führen an der langen Leine
Im CW-Gespräch beschreibt VMware-Geschäftsführerin Annette Maier, wie sich ihre Rolle als Führungskraft in Zeiten der digitalen Transformation geändert hat.
Annette Maier, Deutschland-Chefin bei VMware, empfiehlt Führungskräften, ihren Führungsstil an die neue digitalisierte Arbeitswelt anzupassen. Wichtig sei es, eine Linie vorzugeben, dabei aber viele Freiheiten zu gewähren.
CW: Die digitale Transformation stellt Unternehmen und die Art des Arbeitens auf den Kopf. Inwiefern beeinflussen diese Veränderungen Ihre Rolle als Führungskraft? ANNETTE MAIER: Schnelle Reaktionen, innovative Ideen sowie ein agiles und kollaboratives Arbeiten über Grenzen hinweg werden immer wichtiger – Aspekte, die mit herkömmlichen Management-Methoden nicht immer zu vereinbaren sind. Das digitale Zeitalter erfordert deshalb nicht nur ein Umdenken der Mitarbeiter, sondern auch eine Anpassung des Führungsstils. Ich selbst richte mich nach dem Prinzip der agilen Führung. Indem ich Verantwortung an meine Mitarbeiter übergebe und auf ihr Know-how vertraue, schaffe ich es, das „Big Picture“im Auge zu behalten und gleichzeitig als Mentor beratend zur Seite zu stehen.
CW: Verantwortung abgeben bedeutet aber auch Kontrollverlust ...
MAIER: Ja, das stimmt, und für viele Chefs stellt die Abgabe von Kontrolle eine große Hürde dar. Ein regelmäßiger Austausch mit bestimmten Mitarbeitern ist dann nicht mehr selbstverständlich. Für mich als Führungskraft ist es aber wichtig, auf das Engagement, das Wissen und die Eigenverantwortung meiner Mitarbeiter zu vertrauen. Leader sollten deshalb die Rolle eines Strategen annehmen, der die Richtung vorgibt und die Mitarbeiter motiviert, ihnen aber auch Freiheiten gewährt.
CW: Wie kann es gelingen, die Mitarbeiter immer wieder neu zu motivieren?
MAIER: Motivieren heißt für mich, mehr Verantwortung zu übergeben und weniger zu kontrollieren. Wichtig für die Motivation meines Teams sind mir aber auch regelmäßiges Feedback, Anerkennung für gelungene Projekte sowie konkrete Entwicklungsmöglichkeiten. Auch ein gelegentlicher Tapetenwechsel sorgt für Spaß bei der Arbeit: So beteiligen sich alle deutschen VMware-Mitarbeiter an einem Tag im Jahr an einem gemeinnützigen Projekt.
CW: Wie wichtig sind flache Hierarchien und ein kooperativer Führungsstil?
MAIER: Flache Hierarchien sind in großen Unternehmen nicht nur möglich, sondern in meinen Augen sogar notwendig. Solche Organisationsmodelle haben etliche Vorteile: Unternehmen mit flachen Hierarchien können viel schneller und flexibler auf neue Situationen reagieren, innovativer sein und Entscheidungen besonders schnell treffen. Zudem ändert sich die Art der Kommunikation: Mitarbeiter haben eher die Möglichkeit, ihre Meinung frei zu äußern – auch gegenüber Führungspersonen. Gerade bei jüngeren Kollegen merke ich sehr häufig, dass sie kurze und offene Kommunikationswege bevorzugen.
CW: Wie reagieren Sie, wenn Ihre Mitarbeiter Fehler machen? Können deutsche Unternehmen von der amerikanischen „Kultur des Scheiterns“noch etwas lernen?
MAIER: Innovativ sein und Innovationen voranzutreiben bedeutet auch, Mitarbeitern ein hohes Maß an Selbständigkeit und Freiheit zu gewähren. Dazu gehört, auch Fehler zu tolerieren und ein Scheitern zuzulassen. Mitarbeiter, die keinerlei Risiken eingehen und keine Fehler machen dürfen, werden davor zurückscheuen, neue und außergewöhnliche Ideen zu äußern.
„Innovativ sein und Innovationen voranzutreiben bedeutet auch, Mitarbeitern ein Maß an Selbständigkeit und Freiheit zu gewähren.“ Annette Maier, VMware