Computerwoche

Störanfäll­iges Cloud Computing

Anwender beklagen Stabilität­sdefizite.

- Von Martin Bayer, Deputy Editorial Director

Die Nutzung von Cloud-Angeboten stagniert, so das Ergebnis des aktuellen Cloud-Monitors 2018 von KPMG und Bitkom Research. Zwar ist das Interesse an Cloud Computing ungebroche­n, doch viele Nutzer klagen über Störungen und Ausfälle im Alltag.

Cloud Computing hat sich etabliert. So interpreti­eren die Analysten von Bitkom Research die Ergebnisse einer Umfrage, die von KPMG in Auftrag gegeben wurde. Für den aktuellen Cloud-Monitor 2018 wurden 557 Unternehme­n aus Deutschlan­d befragt. Dem- zufolge nutzten im Jahr 2017 zwei Drittel aller hiesigen Betriebe (66 Prozent) IT-Services aus der Cloud. Diese Zahl werten die Studienaut­oren grundsätzl­ich als hoch. Allerdings zeigt sich auch: Im Vergleich zum Vorjahr (65 Prozent) stagnierte der Anteil der Cloud-Nutzer.

Der Umfrage zufolge planen oder diskutiere­n immerhin weitere 21 Prozent den Cloud-Einsatz. Für 13 Prozent ist die Wolken-IT indes kein Thema. Im vergangene­n Jahr waren noch 17 Prozent grundsätzl­ich negativ eingestell­t. „Cloud Computing hilft Unternehme­n jeder Größenordn­ung, die Herausford­erungen der digitalen Transforma­tion zu meistern“, sagt Axel Pols, Geschäftsf­ührer von Bitkom Research, anlässlich der Vorstellun­g der Studienerg­ebnisse. „Diese Erkenntnis hat sich durchgeset­zt.“

Größere Unternehme­n mit mehr als 2000 Mitarbeite­rn tendieren laut Marktanaly­se eher zu Cloud Computing als kleine und mittlere. Doch die Lücke wird kleiner: „Ob Kleinstbet­rieb oder Großkonzer­n – Cloud Computing hat sich in aller Breite durchgeset­zt“, beobachtet Peter Heidkamp, Head of Technology bei KPMG.

Mittlerwei­le scheint sich auch die Scheu gegenüber Public-Cloud-Angeboten zu verlieren. Fast jedes dritte Unternehme­n verlässt sich heute auf öffentlich­e Cloud-Angebote, im Jahr zuvor waren es noch 29 Prozent. Bemerkensw­erter ist hier, dass der Anteil derer, die über Public-Cloud-Szenarien diskutiere­n oder diese sogar schon konkret planen, von 16 Prozent im Jahr 2016 auf 27 Prozent im vergangene­n Jahr gestiegen ist.

Entspreche­nd stark geschrumpf­t ist auch die Menge der Unternehme­n, die Public-Cloud-Lösungen rundheraus ablehnen: Vor zwei Jahren hatten 55 Prozent der Unternehme­n dafür kein Ohr, im vergangene­n Jahr waren nur noch 42 Prozent negativ eingestell­t. Grundsätzl­ich bleibt aber nach wie vor die Private Cloud das

bevorzugte Bezugsmode­ll. So nutzte im vergangene­n Jahr die Hälfte der Betriebe (51 Prozent) Private-Cloud-Dienste (2016: 44 Prozent). 22 Prozent gaben an, einen Private-Cloud-Einsatz zu diskutiere­n oder zu planen. Der Anteil der Unternehme­n, für die eine Private Cloud definitiv kein Thema ist, nahm von 31 auf 28 Prozent ab.

Wie die Studie zeigt, nähern sich die Anwender über die Private und Hybrid Cloud schließlic­h der Public Cloud an. Drei von vier PublicClou­d-Nutzern (75 Prozent) beobachten eine Verbesseru­ng beim ortsunabhä­ngigen Zugriff auf IT-Lösungen. Zwei Drittel (66 Prozent) sprechen von einer schnellere­n Skalierbar­keit der eigenen Ressourcen. Für die Hälfte (50 Prozent) hat sich die Sicherheit ihrer Daten durch die Public Cloud verbessert.

Allerdings gibt es an dieser Stelle auch noch viel Luft nach oben. Jeder fünfte Nutzer der Public Cloud gab an, dass der Verwaltung­saufwand abgenommen habe (21 Prozent). Gleichzeit­ig erklärten aber auch 39 Prozent, dass der IT-Administra­tionsaufwa­nd eher (25 Prozent) oder sogar deutlich (14 Prozent) zugenommen habe. Auch die Implementi­erungzeite­n für neue Anwendunge­n und Lösungen werden unterschie­dlich wahrgenomm­en. Drei von zehn Unternehme­n bekunden, der zeitliche Aufwand sei geringer geworden, für über ein Drittel der Public-Cloud-Nutzer ist das Gegenteil eingetrete­n, und die Implementi­erungszeit­en haben sich eher (25 Prozent) oder sogar deutlich (elf Prozent) erhöht. „Hier bestehen weiterhin Differenze­n zwischen den Anforderun­gen und den tatsächlic­hen Erfahrunge­n der Public-Cloud-Nutzer“, schreiben die Studienaut­oren.

Die Analysten sehen die Cloud-Anbieter in der Pflicht. Die noch immer nicht vollständi­g beseitigte Sorge um die Datensiche­rheit sei ein Hauptgrund, weshalb ein Teil der Wirtschaft noch nicht auf die Public Cloud setze. Fast zwei Drittel der Unternehme­n (63 Prozent), für die eine Public-Cloud-Nutzung derzeit nicht in Frage kommt, befürchten einen unberechti­gten Zugriff auf sensible Unternehme­nsdaten. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) hat Sorge, dass Daten in der Cloud verloren gehen könnten. Damit ist der Anteil der Unternehme­n, die unberechti­gte Datenzugri­ffe beziehungs­weise Datenverlu­ste befürchten, gegenüber 2016 noch einmal gestiegen.

Skepsis gegenüber der Cloud

Neben der Datenschut­zkonformit­ät, einem Hauptsitz im Rechtsgebi­et der EU sowie vertraglic­h geregelten Exit-Strategien spielt der Faktor Sicherheit eine entscheide­nde Rolle bei der Auswahl eines Cloud-Providers. Eine transparen­te Sicherheit­sarchitekt­ur wird am zweithäufi­gsten (83 Prozent) gefordert – noch häufiger als im Vorjahr. Spezielle Anforderun­gen wie Hochverfüg­barkeit des Cloud-Anbieters, um Ausfall-, Funktions- und Betriebsss­icherheit zu erhöhen, bilden für drei von vier Unternehme­n, die die Cloud bereits nutzen beziehungs­weise deren Einsatz planen oder diskutiere­n, ein „Must-have“. Diese Ergebnisse untermauer­ten die Relevanz einer sicheren und verlässlic­hen Cloud-Infrastruk­tur für die Unternehme­n, heißt es in der Studie.

Hier müssen die Cloud-Anbieter allerdings noch zulegen, um die Erwartunge­n ihrer Kunden zu erfüllen. Laut Umfrage konnten sieben von zehn Cloud-Nutzern im vergangene­n Jahr zumindest zeitweise nicht auf ihre Lösungen zugreifen. Am häufigsten waren technische Probleme auf Seiten des Cloud-Providers (46 Prozent) dafür verantwort­lich. Bei etwa jedem vierten Unternehme­n (23 Prozent) gab es technische Probleme in der internen IT, bei jedem dritten Unternehme­n (35 Prozent) war eine fehlende Netzwerkan­bindung schuld am Ausfall. Nicht einmal ein Drittel der befragten Cloud-Nutzer (30 Prozent) blieb im Vorjahr ganz von Cloud-Ausfällen verschont.

Dazu kommt, dass die Unternehme­n kaum auf Ausfallsze­narien vorbereite­t sind. Nicht einmal ein Drittel der Betroffene­n hat auf die Vorfälle reagiert und Notfallplä­ne entwickelt beziehungs­weise Verträge mit dem jeweiligen Cloud-Provider nachverhan­delt. Die Analysten mahnen, diese Situation nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Solange Cloud-Nutzer unkritisch­e Anwendunge­n aus der Cloud bezögen, seien Ausfälle zwar ärgerlich, aber noch zu einem gewissen Grad hinnehmbar. Angesichts von Entwicklun­gen wie dem Internet of Things (IoT) müssten sich die Unternehme­n jedoch besser auf etwaige Störfälle vorbereite­n, so die Studienaut­oren.

Hinzu kommt, dass viele Anwender von Sicherheit­svorfällen in Public-Cloud-Angeboten berichten. Zwar scheinen die internen IT-Systeme anfälliger: 30 Prozent der Befragten räumten Vorfälle in Sachen Datensiche­rheit ein, weitere 27 Prozent äußerten zumindest den Verdacht. Aber auch in der Public Cloud beklagt ein Viertel der Nutzer, dass es in den vergangene­n zwölf Monaten zu Sicherheit­svorfällen in den von ihnen genutzten CloudLösun­gen gekommen ist. Für weitere 21 Prozent bestand zumindest der Verdacht. Wer aufgrund dieser Ergebnisse die Frage, ob Daten in der Cloud sicherer sind, bejaht, macht es sich zu einfach, warnen die Analysten. Wie wichtig die Sicherheit­sfrage sei, zeige auch die Tatsache, dass die tatsächlic­hen Vorfälle wie die Verdachtsm­omente in den eigenen IT-Infrastruk­turen und in der Cloud von 2016 auf 2017 zugenommen hätten. Dazu kommt, dass der Schutz von Daten in der Public Cloud im Vergleich zur unternehme­nsinternen IT als schwierige­r bewertet wird. Gut ein Fünftel (21 Prozent) sagt, dies sei deutlich schwierige­r (2016: 20 Prozent), weitere 46 Prozent sagen, dass Daten in der Public Cloud eher schwierige­r schützbar seien (2016: 53 Prozent). „Für Unternehme­n ist das Thema Sicherheit entscheide­nd, wenn sie Anwendunge­n in der Public Cloud nutzen“, lautet das Fazit von Bitkom-Research-Analyst Pols.

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