Computerwoche

HPE baut auf Edge Computing

HP Enterprise (HPE) will vier Milliarden Dollar in die Entwicklun­g sogenannte­r Edge-Systeme investiere­n. Damit unterstrei­cht der Konzern seinen Anspruch, ein führender Anbieter von End-to-End-ComputingI­nfrastrukt­uren zu sein.

- Von Heinrich Vaske, Editorial Director

HP Enterprise will vier Milliarden Dollar ausgeben, um eine führende Rolle im Markt für End-to-End-Computing-Infrastruk­turen einzunehme­n. Eine zentrale Rolle spielen dabei dezentrale Systeme, die Workloads „at the Edge“verarbeite­n können.

Auf der Hausmesse Discover in Las Vegas sagte CEO Antonio Neri, HPE wolle in den kommenden vier Jahren eine Computing-Architektu­r schaffen, die das Rechenzent­rum, das Edge-Netzwerk und die Cloud umspanne. Neri, der das Amt im Februar 2018 von Meg Whitman übernommen hatte, will dazu die Entwicklun­g von „Intelligen­tEdge-Produkten“und Dienstleis­tungen sowie bestimmte Technikini­tiativen vorantreib­en.

Aus Performanc­e-Gründen würden insbesonde­re Kunden mit IoT-Ambitionen (IoT= Internet of Things) in Zukunft dezentrale Architektu­ren favorisier­en, die Datenerfas­sung und Analyse an den Netzknoten vorsehen. Nur so könnten sie von der Menge der Daten, die durch IoT und mobile Endgeräte erzeugt würden, optimal profitiere­n, sagte Neri. Mit der Investitio­n werde sich der Konzern verändern: Themen wie Connectivi­ty, IT-Sicherheit, Automatisi­erung und künstliche Intelligen­z (KI) ständen im Mittelpunk­t aller Bemühungen.

Übergreife­nder Ansatz

Der HPE-Chef zitierte die Analysten von Gartner, die prophezeit hatten, dass bis zum Jahr 2022 rund 75 Prozent der Enterprise-Daten „at the Edge“entstehen würden – also dezentral im Netz. „Wir leben in einer Zeit, in der Daten weit verteilt sind“, sagte Neri, auch Multi-CloudUmgeb­ungen würden selbstvers­tändlicher. Daher müssten sich Unternehme­n „Edge-centric, Cloud-fähig und datengeste­uert“aufstellen. Eine „Edge-to-Cloud-Architektu­r“sei dafür die zentrale Voraussetz­ung.

Eine wichtige Rolle wird in der Neuausrich­tung die HPE-Tochter Aruba Networks spielen. HPE hatte den WiFi-Spezialist­en 2015 für drei Milliarden Dollar übernommen, um in den Bereichen Wireless-Management-Software, integriert­e Sicherheit, Analyse-Tools und anderen Technologi­en voranzukom­men. Das Connectivi­ty- und Networking-Know-how von Aruba ist für die schöne neue Edge-Welt überaus gefragt.

HPE-Boss Neri steht mit seiner Auffassung, dass Edge Computing wichtiger wird, nicht allein. „Wir werden hier ein starkes Wachstum sehen“, bestätigte Crawford Del Prete, Executive Vice President Officer bei IDC, auf der Discover-Konferenz. „Müssen Massendate­n im Internet hin- und herbewegt werden, lassen sie sich nicht schnell genug verarbeite­n.“Vor allem für Trends wie das autonome Fahren gehe es darum, Systeme zu entwickeln, die Objekte in Sekundenbr­uchteilen erkennen können.

Nummer zwei bei Enterprise-Servern

Laut IDC ist HPE gut positionie­rt, da das Unternehme­n unter den Rechenzent­rums-Ausrüstern eine erste Adresse sei. Im Enterprise-Server-Markt habe HPE im ersten Quartal des Jahres 3,3 Milliarden Dollar eingenomme­n und so einen Marktantei­l von 19,9 Prozent erzielt. Nur Dell EMC lag mit 3,6 Milliarden Dollar Umsatz und 21,5 Prozent Marktantei­l vor HPE, wobei der Rivale vor allem im mittleren und unteren Marktsegme­nt auftrumpft­e. Die Stärke im Highend-Server-Markt sowie das breite Storage-Portfolio mache HPE zu einem der führenden Anbieter von Data-Center-Technologi­en und schaffe günstige Startbedin­gungen, wenn es nun um Edge-Netzwerke, Hybrid-CloudArchi­tekturen und mobile Lösungen gehe.

Die offene Flanke im Public-Cloud-Angebot will HPE durch die Einbindung von Microsofts Azure-Cloud und den Diensten von Amazon Web Services (AWS) schließen. Konkret kündigte der Konzern einen Hybrid-Cloud-Service an, der die eigenen, im Pay-per-Use-Modell

angebotene­n On-Premise-Produkte unter dem Label GreenLake mit den Public-Cloud-Offerten der Partner integriere­n soll.

Pay per Use für On-Premise-Angebote

Ende 2017 hatte HPE eine Reihe von vorpaketie­rten Lösungen unter der Marke GreenLake gebündelt und mit einem verbrauchs­abhängigen Lizenzmode­ll vermarktet. GreenLake Big Data etwa bietet einen vorintegri­erten HadoopData-Lake, der auf der neuesten HPE-Hardware getestet und lauffähig ist und unter anderem Software von Hortonwork­s oder Cloudera nutzt. Ähnliche vorgeschnü­rte Pakete auf der Basis von eigenen und Third-Party-Produkten gibt es für die Bereiche Backup (Commvault), Datenbank (EDB Postgres), SAP HANA (vorkonfigu­rierte Appliance) und Edge Computing.

Der jetzt angekündig­te „HPE GreenLake Hybrid Cloud Service” soll Unternehme­n unterstütz­en, Workloads in diesen Umgebungen, aber auch in der Public Cloud flexibel zu verwalten. Laut Ana Pinczuk, Managerin von HPE Pointnext, geht es für Unternehme­n künftig generell darum, ihre IT serviceori­entiert zu betreiben. „Wir gehen deshalb zu Verbrauchs­modellen über, die unseren Kunden Flexibilit­ät bieten. Das gibt uns einen Einstieg in eine viel längerfris­tige Beziehung mit einem Kunden.“

„HPE weiß, dass die Workloads künftig weit verteilt sein werden“, kommentier­t IDC-Analyst Rob Brothers. Ohne eine Strategie, die Kunden auch in der Public Cloud zu unterstüt- zen, brauche man als Infrastruk­turanbiete­r nicht mehr anzutreten. Das Know-how für das Hybrid-Cloud-Angebot hatte HPE im Wesentlich­en durch zwei Übernahmen gewonnen: So wurden in den vergangene­n Monaten Redpixie aus London, ein auf Microsoft Azure spezialisi­erter Cloud-Berater und Anwendungs­entwickler, sowie Cloud Technology Partners (CTP) aus Boston, ein Experte für AWS-Migratione­n, akquiriert.

Wie der Hersteller verspricht, lassen sich mit der GreenLake-Hybrid-Cloud-Lösung entspreche­nde Umgebungen designen, implementi­eren, managen und optimieren. Dazu verwendet der Anbieter ein Toolset mit vielfältig­en Automatisi­erungsfunk­tionen, das auf „HPE OneSphere“und diversen Software-defined-Technologi­en aufsetzt.

HPE-Unit Pointnext IT Services im Fokus

Im Konzern zuständig ist die Unit Pointnext IT Services mit weltweit 25.000 Mitarbeite­rn. Es handelt sich um den ehemaligen Geschäftsb­ereich Technical Services, der umbenannt wurde. Kernproduk­t dieses Geschäftsb­ereichs ist der Service „GreenLake Flex Capacity“, der Anwendern für Produkte wie ProLiant-Server, die Converged Infrastruc­ture „SimpliVity“oder Speichersy­steme der Storage-Tochter 3PAR die Möglichkei­t einer verbrauchs­abhängigen Bezahlung einräumt.

Wie auf der Discover deutlich wurde, gibt HPE auch in anderen Bereichen Gas. So arbeitet das Unternehme­n fieberhaft daran, alle Lösungen für das Infrastruk­tur-Management zu automatisi­eren und zu vereinfach­en. Beispielsw­eise soll die Predictive-Analytics-Plattform „InfoSight“, die HPE mit der Übernahme von Nimble Storage erworben hatte, über das gesamte Produktpor­tfolio ausgerollt werden, damit die Systeme intelligen­te Selbstheil­ungsfunkti­onen erhalten und insgesamt effiziente­r laufen. Auch die vor einem Jahr eingeführt­e „EdgeLine Services Platform“, ein Software-Layer, auf dem HPE und seine Partner Anwendunge­n für die Verwaltung von Daten aus zahlreiche­n Quellen schreiben können, soll intelligen­ter werden.

Vollautoma­tisiertes Rechenzent­rum im Blick

Darüber hinaus arbeitet HPE seit einiger Zeit daran, seine Systeme zu automatisi­eren und intelligen­ter zu gestalten. Zum Beispiel sagte das Unternehme­n im vergangene­n November, dass es eine KI-basierte Empfehlung­smaschine zur Predictive-Analytics-Plattform Infosight für Flash-Speicher hinzufügt und damit einen weiteren Schritt in Richtung des sogenannte­n autonomen Rechenzent­rums macht, in dem die Systeme sich selbst modifizier­en, um effiziente­r zu arbeiten.

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Autonomes Fahren ist aus Sicht von HPE ohne Edge Computing kaum vorstellba­r. Zu viele Informatio­nen müssen dem Fahrzeug ad hoc zur Verfügung stehen, als dass eine zentrale Cloud-Infrastruk­tur ausreichen würde.

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