HPE baut auf Edge Computing
HP Enterprise (HPE) will vier Milliarden Dollar in die Entwicklung sogenannter Edge-Systeme investieren. Damit unterstreicht der Konzern seinen Anspruch, ein führender Anbieter von End-to-End-ComputingInfrastrukturen zu sein.
HP Enterprise will vier Milliarden Dollar ausgeben, um eine führende Rolle im Markt für End-to-End-Computing-Infrastrukturen einzunehmen. Eine zentrale Rolle spielen dabei dezentrale Systeme, die Workloads „at the Edge“verarbeiten können.
Auf der Hausmesse Discover in Las Vegas sagte CEO Antonio Neri, HPE wolle in den kommenden vier Jahren eine Computing-Architektur schaffen, die das Rechenzentrum, das Edge-Netzwerk und die Cloud umspanne. Neri, der das Amt im Februar 2018 von Meg Whitman übernommen hatte, will dazu die Entwicklung von „IntelligentEdge-Produkten“und Dienstleistungen sowie bestimmte Technikinitiativen vorantreiben.
Aus Performance-Gründen würden insbesondere Kunden mit IoT-Ambitionen (IoT= Internet of Things) in Zukunft dezentrale Architekturen favorisieren, die Datenerfassung und Analyse an den Netzknoten vorsehen. Nur so könnten sie von der Menge der Daten, die durch IoT und mobile Endgeräte erzeugt würden, optimal profitieren, sagte Neri. Mit der Investition werde sich der Konzern verändern: Themen wie Connectivity, IT-Sicherheit, Automatisierung und künstliche Intelligenz (KI) ständen im Mittelpunkt aller Bemühungen.
Übergreifender Ansatz
Der HPE-Chef zitierte die Analysten von Gartner, die prophezeit hatten, dass bis zum Jahr 2022 rund 75 Prozent der Enterprise-Daten „at the Edge“entstehen würden – also dezentral im Netz. „Wir leben in einer Zeit, in der Daten weit verteilt sind“, sagte Neri, auch Multi-CloudUmgebungen würden selbstverständlicher. Daher müssten sich Unternehmen „Edge-centric, Cloud-fähig und datengesteuert“aufstellen. Eine „Edge-to-Cloud-Architektur“sei dafür die zentrale Voraussetzung.
Eine wichtige Rolle wird in der Neuausrichtung die HPE-Tochter Aruba Networks spielen. HPE hatte den WiFi-Spezialisten 2015 für drei Milliarden Dollar übernommen, um in den Bereichen Wireless-Management-Software, integrierte Sicherheit, Analyse-Tools und anderen Technologien voranzukommen. Das Connectivity- und Networking-Know-how von Aruba ist für die schöne neue Edge-Welt überaus gefragt.
HPE-Boss Neri steht mit seiner Auffassung, dass Edge Computing wichtiger wird, nicht allein. „Wir werden hier ein starkes Wachstum sehen“, bestätigte Crawford Del Prete, Executive Vice President Officer bei IDC, auf der Discover-Konferenz. „Müssen Massendaten im Internet hin- und herbewegt werden, lassen sie sich nicht schnell genug verarbeiten.“Vor allem für Trends wie das autonome Fahren gehe es darum, Systeme zu entwickeln, die Objekte in Sekundenbruchteilen erkennen können.
Nummer zwei bei Enterprise-Servern
Laut IDC ist HPE gut positioniert, da das Unternehmen unter den Rechenzentrums-Ausrüstern eine erste Adresse sei. Im Enterprise-Server-Markt habe HPE im ersten Quartal des Jahres 3,3 Milliarden Dollar eingenommen und so einen Marktanteil von 19,9 Prozent erzielt. Nur Dell EMC lag mit 3,6 Milliarden Dollar Umsatz und 21,5 Prozent Marktanteil vor HPE, wobei der Rivale vor allem im mittleren und unteren Marktsegment auftrumpfte. Die Stärke im Highend-Server-Markt sowie das breite Storage-Portfolio mache HPE zu einem der führenden Anbieter von Data-Center-Technologien und schaffe günstige Startbedingungen, wenn es nun um Edge-Netzwerke, Hybrid-CloudArchitekturen und mobile Lösungen gehe.
Die offene Flanke im Public-Cloud-Angebot will HPE durch die Einbindung von Microsofts Azure-Cloud und den Diensten von Amazon Web Services (AWS) schließen. Konkret kündigte der Konzern einen Hybrid-Cloud-Service an, der die eigenen, im Pay-per-Use-Modell
angebotenen On-Premise-Produkte unter dem Label GreenLake mit den Public-Cloud-Offerten der Partner integrieren soll.
Pay per Use für On-Premise-Angebote
Ende 2017 hatte HPE eine Reihe von vorpaketierten Lösungen unter der Marke GreenLake gebündelt und mit einem verbrauchsabhängigen Lizenzmodell vermarktet. GreenLake Big Data etwa bietet einen vorintegrierten HadoopData-Lake, der auf der neuesten HPE-Hardware getestet und lauffähig ist und unter anderem Software von Hortonworks oder Cloudera nutzt. Ähnliche vorgeschnürte Pakete auf der Basis von eigenen und Third-Party-Produkten gibt es für die Bereiche Backup (Commvault), Datenbank (EDB Postgres), SAP HANA (vorkonfigurierte Appliance) und Edge Computing.
Der jetzt angekündigte „HPE GreenLake Hybrid Cloud Service” soll Unternehmen unterstützen, Workloads in diesen Umgebungen, aber auch in der Public Cloud flexibel zu verwalten. Laut Ana Pinczuk, Managerin von HPE Pointnext, geht es für Unternehmen künftig generell darum, ihre IT serviceorientiert zu betreiben. „Wir gehen deshalb zu Verbrauchsmodellen über, die unseren Kunden Flexibilität bieten. Das gibt uns einen Einstieg in eine viel längerfristige Beziehung mit einem Kunden.“
„HPE weiß, dass die Workloads künftig weit verteilt sein werden“, kommentiert IDC-Analyst Rob Brothers. Ohne eine Strategie, die Kunden auch in der Public Cloud zu unterstüt- zen, brauche man als Infrastrukturanbieter nicht mehr anzutreten. Das Know-how für das Hybrid-Cloud-Angebot hatte HPE im Wesentlichen durch zwei Übernahmen gewonnen: So wurden in den vergangenen Monaten Redpixie aus London, ein auf Microsoft Azure spezialisierter Cloud-Berater und Anwendungsentwickler, sowie Cloud Technology Partners (CTP) aus Boston, ein Experte für AWS-Migrationen, akquiriert.
Wie der Hersteller verspricht, lassen sich mit der GreenLake-Hybrid-Cloud-Lösung entsprechende Umgebungen designen, implementieren, managen und optimieren. Dazu verwendet der Anbieter ein Toolset mit vielfältigen Automatisierungsfunktionen, das auf „HPE OneSphere“und diversen Software-defined-Technologien aufsetzt.
HPE-Unit Pointnext IT Services im Fokus
Im Konzern zuständig ist die Unit Pointnext IT Services mit weltweit 25.000 Mitarbeitern. Es handelt sich um den ehemaligen Geschäftsbereich Technical Services, der umbenannt wurde. Kernprodukt dieses Geschäftsbereichs ist der Service „GreenLake Flex Capacity“, der Anwendern für Produkte wie ProLiant-Server, die Converged Infrastructure „SimpliVity“oder Speichersysteme der Storage-Tochter 3PAR die Möglichkeit einer verbrauchsabhängigen Bezahlung einräumt.
Wie auf der Discover deutlich wurde, gibt HPE auch in anderen Bereichen Gas. So arbeitet das Unternehmen fieberhaft daran, alle Lösungen für das Infrastruktur-Management zu automatisieren und zu vereinfachen. Beispielsweise soll die Predictive-Analytics-Plattform „InfoSight“, die HPE mit der Übernahme von Nimble Storage erworben hatte, über das gesamte Produktportfolio ausgerollt werden, damit die Systeme intelligente Selbstheilungsfunktionen erhalten und insgesamt effizienter laufen. Auch die vor einem Jahr eingeführte „EdgeLine Services Platform“, ein Software-Layer, auf dem HPE und seine Partner Anwendungen für die Verwaltung von Daten aus zahlreichen Quellen schreiben können, soll intelligenter werden.
Vollautomatisiertes Rechenzentrum im Blick
Darüber hinaus arbeitet HPE seit einiger Zeit daran, seine Systeme zu automatisieren und intelligenter zu gestalten. Zum Beispiel sagte das Unternehmen im vergangenen November, dass es eine KI-basierte Empfehlungsmaschine zur Predictive-Analytics-Plattform Infosight für Flash-Speicher hinzufügt und damit einen weiteren Schritt in Richtung des sogenannten autonomen Rechenzentrums macht, in dem die Systeme sich selbst modifizieren, um effizienter zu arbeiten.