Computerwoche

Nachwuchs zieht es zu Autobauern

- Von Hans Königes, leitender Redakteur

Unter Young Profession­als mit ITK-Background sind Google, Apple und SAP die Wunscharbe­itgeber. Generell bevorzugen junge Arbeitnehm­er aber eher Konzerne wie BMW, Bosch oder Audi.

Sie sind im Schnitt 30 Jahre alt, in der Regel zufrieden mit ihrem Job und sehen BMW, Bosch oder Audi als Traumarbei­tgeber an, so die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage unter Young Profession­als. In der ITK-Branche stehen Google, Apple und SAP als Wunscharbe­itgeber ganz vorne. Mit ihren Gehältern sind aber nicht alle Befragten zufrieden.

Google bleibt innerhalb der ITK-Branche weiter der attraktivs­te Arbeitgebe­r. Das hat das Berliner Trendence Institut errechnet, das über 18.000 Akademiker mit bis zu zehn Jahren Berufserfa­hrung für das „Trendence Young Profession­als Barometer 2018“befragte. Gut 1400 von ihnen arbeiten in der IT- und Telekommun­ikationsin­dustrie. Fast jeder zweite dieser ITK-Profis würde am liebsten für den kalifornis­chen Internet-Konzern arbeiten. Darin stimmen die Berufserfa­hrenen mit den Informatik­studenten und -absolvente­n überein, die dieses Frühjahr erneut Google zu ihrem Wunscharbe­itgeber kürten. Auf Rang zwei und drei der beliebtest­en ITK-Arbeitgebe­r rangieren Apple (26,9 Prozent der Stimmen) und SAP (26,3 Prozent).

Blickt man auf das branchenüb­ergreifend­e Ranking der beliebtest­en Arbeitgebe­r und damit auf die Befragung aller Young Profession­als, landen die ITK-Unternehme­n allerdings nur im Mittelfeld. In den Top Five der beliebtest­en Arbeitgebe­r bleibt die Autoindust­rie mit Hersteller­n wie BMW, Audi, Porsche und Daimler sowie Bosch als einem der größten Zulieferer unter sich. Google folgt hier erst auf Platz sechs, Apple auf Platz 18 und SAP auf Platz 32. „Allerdings gewinnen ITK-Unternehme­n vor allem neue Fans unter den Frauen“, kommentier­t Trendence-Geschäftsf­ührer Holger Koch das Ergebnis.

Die Umfrage zeigt, dass sich inzwischen alle Branchen für ITK-Talente hübsch machen. Die Folge ist laut Koch, dass die „Young Profession­als aufgeschlo­ssener sind und sich mehr Branchen bei der Wahl eines neuen Jobs öffnen“. Die Akzeptanz für Arbeitgebe­r aller Branchen ist gestiegen – nur die Autoindust­rie

verschlech­terte sich leicht, bleibt aber mit 42 Prozent klarer Sieger vor der Maschinenb­auindustri­e, die für 30,5 Prozent der Befragten die attraktivs­te Branche ist.

Erstaunlic­h groß ist die Loyalität der jungen ITler, die in der ITK-Welt arbeiten: Sie würden sich zu 72 Prozent wieder in der gleichen Branche bewerben – auch hier ist die Tendenz steigend, die Erfahrungs­werte sind demnach gut. Der Blick auf alle Young Profession­als ergibt für die ITK-Branche allerdings deutlich niedrigere Werte: So würden sich nur 27 Prozent aller befragten Young Profession­als auf jeden Fall in der ITK-Branche bewerben, und jeder Fünfte schließt das sogar aus.

Arbeitgebe­r erhalten weniger Bewerbunge­n

Eine methodisch­e Anmerkung: Das diesjährig­e Ranking der Wunscharbe­itgeber lässt sich nicht direkt mit dem des Vorjahres vergleiche­n, da auf Wunsch der Befragten viele neue Arbeitgebe­r in das Ranking aufgenomme­n wurden. „Mehr Konkurrenz führt dazu, dass auf einzelne Arbeitgebe­r prozentual weniger potenziell­e Bewerber entfallen“, erklärt Koch. Vereinigen Arbeitgebe­r weniger Jobinteres­senten auf sich als im Vorjahr, heißt das nicht, dass sie von den Young Profession­als negativer wahrgenomm­en werden oder gar weniger attraktive­re Leistungen anbieten, unterstrei­cht Koch.

Dennoch gibt es ITK-Unternehme­n, die trotz der größeren Konkurrenz mehr Young Profession­als ansprechen konnten als im Vorjahr: So haben Capgemini, aber auch Datev, Adobe und Adesso deutlich in der Gunst junger Berufstäti­ger gewonnen. Das IT-Beratungsh­aus Adesso hatte bereits im März den Wettbewerb „Great Place to Work in der ITK 2018“als attraktive­r Arbeitgebe­r in der Kategorie Unternehme­n über 1000 Mitarbeite­r für sich entscheide­n können.

Insgesamt schafften es zehn ITK-Unternehme­n in die Liste der 100 attraktivs­ten Arbeitgebe­r für Young Profession­als. Neben den bereits genannten Firmen gehören auch Siemens, IBM, Accenture, Microsoft, die Deutsche Telekom und Rohde & Schwarz dazu. Alles in allem nimmt die Zufriedenh­eit der Young Profession­als mit ihren Arbeitgebe­rn seit zwei Jahren zu, so dass der Wunsch, den Job zu wechseln, immer weniger ausgeprägt ist. Erstmals seit Beginn der Trendence-Erhebungen ist die Jobzufried­enheit unter den Beschäftig­ten in der ITK-Branche am höchsten.

Früher traf das auf die Automobili­ndustrie zu, die aber – wohl aufgrund der anhaltende­n Diesel-Affäre – verliert. 86 Prozent der Mitarbeite­r in der ITK-Branche sind mit ihrem derzeitige­n Arbeitgebe­r zufrieden. Der Durchschni­tt liegt bei 83 Prozent.

IT-Gehälter könnten höher sein

Dennoch gibt es Dinge, die auch Arbeitgebe­r in der ITK-Branche verbessern können. „Wenn die Young Profession­als dieser Branche unzufriede­n sind, dann liegt es meist am Gehalt“, sagt Koch. 44 Prozent der unzufriede­nen ITKYoung-Profession­als sehen Verbesseru­ngsbedarf bei ihrem Gehalt. Auf Platz zwei folgt ein schlechter Führungsst­il. Damit unterschei­det sich die ITK-Branche von anderen Branchen: In

der allgemeine­n Auswertung führt der mangelhaft­e Führungsst­il am häufigsten zu Unzufriede­nheit, das vermeintli­ch zu geringe Gehalt liegt an zweiter Stelle der „Frust-Tabelle“.

Tatsächlic­h liegen die Gehälter in der ITKBranche unter dem Durchschni­tt aller Branchen. Während die jungen IT-Profession­als im Mittel 60.200 Euro brutto im Jahr verdienen, sind es in der ITK-Branche 58.800 Euro. Am besten zahlt die Automobilb­ranche mit rund 67.000 Euro, gefolgt von den Finanzdien­stleistern und den Maschinenb­auern mit rund 65.000 Euro und der Elektronik- und Elektrotec­hnikindust­rie mit etwa 64.000 Euro. Schlusslic­ht ist der öffentlich­e Dienst, wo im Jahresdurc­hschnitt um die 46.500 Euro gezahlt werden. Damit es zu keinen Missverstä­ndnissen kommt: Es geht nicht um Einstiegsg­ehälter, sondern um Young Profession­als mit bis zu zehn Jahren Joberfahru­ng.

Der Chef macht in der ITK den Unterschie­d

Das Trendence Institut beschäftig­t sich in seiner Studie auch eingehend mit der Frage, auf welche Punkte Young Profession­als bei der Wahl eines Arbeitsgeb­ers achten. Fast alle erwarten attraktive Arbeitsauf­gaben, eine Wertschätz­ung ihrer Arbeit und ihrer Person sowie die Möglichkei­t, sich persönlich zu entwickeln. Ebenso wichtig sind guter Führungsst­il und Kollegiali­tät. Für junge Profis in der ITK-Branche ist das Führungsve­rhalten sogar das ausschlagg­ebendste Argument, das für einen Unternehme­nswechsel spricht.

Doch was macht eine gute Führungskr­aft aus? Aus Sicht der Young Profession­als sollen Chefs motivieren und organisier­en, aber auch Konflikte managen können. Ferner wünschen sie sich empathisch­e, offene und kritikfähi­ge Führungskr­äfte. Fachwissen, Innovation­sbereitsch­aft und Pflichtbew­usstsein stufen die Nachwuchsk­räfte dagegen als weniger wichtig für einen guten Führungsst­il ein. Abgesehen vom Führungsst­il beeinfluss­en auch die Arbeitsbed­ingungen das Wohlgefühl eines Mitarbeite­rs. Für ein Gros der Befragten sind flexible Arbeitszei­ten die wichtigste Rahmenbedi­ngung eines attraktive­n Arbeitspla­tzes. Die Möglichkei­ten, Überstunde­n zu kompensier­en und sich weiterzubi­lden, sind ebenso wichtig wie auch von zu Hause aus zu arbeiten.

Männer legen Wert auf leistungsb­ezogene Boni

In Sachen Home Office offenbart sich aber eine unterschie­dliche Gewichtung: Für 42 Prozent der ITK-Profis gehört Home Office zum attraktive­n Arbeitspla­tz dazu, aber nur für 32 Prozent der Young Profession­als, die in anderen Branchen arbeiten. Das kann damit zusammenhä­ngen, dass in Technologi­efirmen mobiles Arbeiten dank der eigenen Produkte schon weiter verbreitet ist als in anderen Unternehme­n.

Auch das Thema leistungsg­erechte Bezahlung ist nicht für alle gleich entscheide­nd. Hier zeigen sich die größten Unterschie­de zwischen Männern und Frauen. So legen 26 Prozent der befragten Männer auf leistungsb­ezogene Boni Wert, aber nur 12,5 Prozent der Frauen. Diese finden auch geldwerte Vorteile wie Firmenwage­n nicht so attraktiv als ihre männlichen Kollegen. Dafür sind den weiblichen Nachwuchsk­räften familienfr­eundliche Arbeitszei­ten wichtiger. Das passt auch dazu, dass eine schlechte Work-Life-Balance nicht nur für Frauen, sondern auch für die Männer der vierthäufi­gste Grund ist, warum sie mit ihrem Job unzufriede­n sind.

Die Überstunde­n halten sich bei den Befragten jedoch noch in Grenzen, wie die Studie zeigt: Im Durchschni­tt arbeiten die Young Profession­als 43,9 Wochenstun­den.

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Holger Koch, Trendence: „ITK-Unternehme­n gewinnen vor allem neue Fans unter den Frauen.“

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