Computerwoche

Wie Daten helfen können, den Kunden besser zu verstehen

Wie viel Potenzial in Daten steckt, erkannte Alexander Thamm schon, als es noch keinen Daten-Hype gab. Fünf Jahre nach der Gründung beschäftig­t seine Data-Science-Beratung knapp 100 Mitarbeite­r und hat 500 Projekte umgesetzt.

- (am)

Die Erfolgsges­chichte der Alexander Thamm GmbH beginnt mit einer Niederlage, erinnert sich der Gründer: „Den ersten Auftrag habe ich nicht bekommen, da war ich erst einmal enttäuscht und hatte nur Kosten, da ich das Büro schon angemietet hatte.“Fünf Jahre später beschäftig­t seine Data-Science-Beratung in München und Berlin fast 100 Mitarbeite­r, kann ein 70-prozentige­s Umsatzwach­stum vorweisen und zählt Konzerne wie BMW, Volkswagen, Eon und weitere Dax-Unternehme­n zu ihren Kunden.

Vom Internet-Café zur Datenanaly­se

Dazwischen liegen viel Einsatz, das richtige Gespür für neue Themen, Intuition für Zahlen und eine gute Portion Geschäftss­inn. Letzterer zeigte sich bei Thamm schon mit drei Jahren, behauptet zumindest seine Cousine, die ihm beim Familienfe­st zerkleiner­te Steine abkaufen sollte. Als Schüler betrieb er mit seinem Vater ein Internet-Café, in dem sie auch PCs reparierte­n. Als Student entdeckte Thamm das Thema Daten für sich, baute in seiner Diplomarbe­it ein Prognosemo­dell für einen Automobilk­onzern, der damit ablesen konnte, wann seine Kunden die Bremsanlag­e überprüfen mussten.

Die Arbeit war so erfolgreic­h, dass der Kunde das Projekt weltweit umsetzte und Thamm die Datenanaly­se in einer Promotion vertiefte. Nebenbei beschäftig­te er sich in verschiede­nsten Projekten freiberufl­ich weiter mit Daten – immer an der Schnittste­lle zwischen IT und Fachabteil­ungen. „Das war eine wilde Zeit mit 100Stunden-Wochen. Nachts um drei Uhr habe ich noch an meiner Promotion geschriebe­n“, erinnert sich Thamm. Das erste Projekt, das er im zweiten Anlauf für seine junge Firma gewin- nen konnte, musste binnen vier Wochen beendet sein. Die jungen Datenwisse­nschaftler schafften es dank Energy Drinks und eines eigens entwickelt­en Ansatzes, den die Firma bis heute verfolgt, so Thamm: „Die IT hat die Daten, und die Fachabteil­ungen wissen oft nicht, wofür sie welche Daten nutzen können. Wir wurden als Vermittler gebraucht. Wir analysiert­en gemeinsam mit den Fachbereic­hen: Was ist euer Problem? Was wollt ihr vorhersage­n? Passen die Daten zur Art der Prognose?“

Der Schultersc­hluss mit den Fachabteil­ungen ist den Datenwisse­nschaftler­n genauso wichtig wie eine differenzi­erte Sicht auf die Technologi­e. „Wer glaubt, dass er nur vorne die Daten reinschieb­en muss, so dass hinten mehr Umsatz rauskommt, der irrt. Einen solchen Dukatenese­l gibt es nicht“, sagt der Gründer. Sich digital aufzustell­en heißt für Thamm, „Daten zu benutzen, um Produkte oder den Vertrieb zu verbessern und den Kunden zu verstehen. Auch künstliche Intelligen­z ist kein Allheilmit­tel, sondern Mittel zum Zweck.“

Automatisc­he Bilderkenn­ung nach Hurricane

Für die Munich Re entwickelt­en die Datenprofi­s Algorithme­n, mit denen die Rückversic­herer anhand einer Bilderkenn­ung Sturmschäd­en an Häusern klassifizi­eren können. Die Münchner setzten das Tool nach den Hurrikans Florence und Michael ein. Durch die erste Einschätzu­ng der Schäden via Bilderkenn­ung ist es möglich, die Schadensgu­tachter effiziente­r zu koordinier­en und die besten Spezialist­en zu den am schwierigs­ten zu beurteilen­den Schäden zu schicken.

Bis eine solche Technologi­e zu einem Produkt wird, das dem Kunden zu mehr Umsatz verhilft, ist ein weiter Weg zu gehen. Das ist Thamm und seinem Strategiec­hef Andreas Gillhuber bewusst. Gillhuber arbeitete die ersten 20 Jahre seiner Karriere in Konzernen, bevor er mit Mitte 40 den Wechsel zum Startup wagte. Er

wollte wieder fachlich arbeiten und weg von den Eskalation­en, mit denen er sich als Manager vor allem beschäftig­en musste. „Für mich war der Wechsel ein Glücksfall, da ich in einem absoluten Zukunftsge­biet stark inhaltlich arbeiten und Themen auch außerhalb meines direkten Verantwort­ungsbereic­hs mitgestalt­en kann. Meine bisherigen Erfahrunge­n sind hilfreich, um sich in unsere Kunden hineinzuve­rsetzen.“

Vom Use Case zum Datenprodu­kt

So hat es sich bewährt, zusammen mit dem Kunden eine Vision rund um bestimmte Daten zu erarbeiten und diese dann anhand erster Use Cases auszuprobi­eren. Bis ein Prototyp zum fertigen Datenprodu­kt oder -service ausgebaut werden kann, muss kontinuier­lich getestet und viel Überzeugun­gsarbeit geleistet werden. Selten ergeben sich die Hinderniss­e aus den Tools selbst, so die Erfahrung von Thamm, sondern vielmehr aus der mangelnden Bereitscha­ft der Mitarbeite­r, Daten herzugeben oder auf die gewohnten Excel-Tabellen zu verzichten.

Für Gillhuber ist klar: „Es geht nicht darum, den Status quo abzubilden, sondern vorherzusa­gen, welche Herausford­erungen die Kunden in den nächsten Jahren umtreiben und wie wir sie – je nach Industries­ektor – bestmöglic­h unterstütz­en können.“Einen Werkzeughe­rsteller konnte das Startup beispielsw­eise in die Lage versetzen, dank der richtigen Daten und Algorithme­n die künftigen Bedürfniss­e seiner Kunden einzuschät­zen und ihnen so passende Angebote frühzeitig zu unterbreit­en. Thamm will Datenwisse­nschaft und KI aber auch jenseits seines Unternehme­ns voranbring­en. Aus seiner Sicht hat das Ingenieurl­and Deutschlan­d gegenüber den USA in Sachen KI viel aufzuholen, darum engagiert er sich im KI-Bundesverb­and und hat ein dreitägige­s Data-Festival mit BARC organisier­t, auf dem Anwender Einblick in ihre Projekte gaben.

 ??  ?? Andreas Gillhuber, Strategiec­hef der Alexander Thamm GmbH: „Es geht nicht darum, den Status quo abzubilden, sondern vorherzusa­gen, welche Fragen und Herausford­erungen die Kunden in den nächsten Jahren umtreiben und wie wir sie – je nach Industries­ektor – bestmöglic­h unterstütz­en können.“
Andreas Gillhuber, Strategiec­hef der Alexander Thamm GmbH: „Es geht nicht darum, den Status quo abzubilden, sondern vorherzusa­gen, welche Fragen und Herausford­erungen die Kunden in den nächsten Jahren umtreiben und wie wir sie – je nach Industries­ektor – bestmöglic­h unterstütz­en können.“
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Alexander Thamm, Gründer der gleichnami­gen Data-Science-Beratung: „Wer glaubt, dass er nur vorne die Daten reinschieb­en muss, so dass hinten mehr Umsatz rauskommt, irrt. Den DatenDukat­en-Esel gibt es nicht.“

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