Fujitsu macht Hybrid zum Topthema
Die vor Kurzem angekündigte Werksschließung in Augsburg und eine umfassende Restrukturierung überschatteten das Fujitsu Forum 2018 in München, auf dem die Japaner die „Service-orientierte Company“ausriefen.
Auf dem Fujitsu Forum waren die Schließung der Augsburger Hardwareproduktion und ein Aderlass im Management die großen Themen. Dabei ging fast unter, dass sich der Konzern als One-Stop-Shop für die Integration und Orchestrierung hybrider IT-Welten neu aufstellt.
President Tatsuya Tanaka nutzte anlässlich einer internationalen Pressekonferenz die Gelegenheit für glasklare Ansagen. Die Japaner seien dabei, den Konzern umfassend umzubauen und vor allem profitabler aufzustellen. Tatsächlich verfolge der Konzern seit Jahren das Ziel, eine operative Profitmarge von zehn Prozent zu erreichen. Jetzt mache Fujitsu Ernst: Bis 2022 soll dieses Ziel um jeden Preis erreicht werden. Die Schließung der zuletzt unwirtschaftlichen Hardwareproduktion in Augsburg mit ihren 1800 Mitarbeitern sei vor diesem Hintergrund zu sehen, ebenso ein heftiger Aderlass im internationalen Management. Auf der Geschäftsführungsebene will Fujitsu das weltweite Management-Team halbieren. Prominentes Opfer ist der für Europa, den Nahen Osten, Indien und Afrika (EMEIA) verantwortliche Brite Duncan Tait. Er wurde zum „Senior Executive Vice President“degradiert, was ihn aber nicht davon abhielt, in München eine schwungvolle Rede zu halten.
Tait betonte, dass es in der Augsburger Hardwarefertigung „brillante Leute“gebe, deren Einstellung habe immer gestimmt. Gleichwohl habe Fujitsu keine Wahl gehabt: Mit Computern made in Germany könne der Konzern sein Ziel, höhere Gewinnmargen zu erzielen, nicht erreichen. Man müsse effizient produzieren und sich gleichzeitig auf margenträchtige Umsatzströme konzentrieren, was mit einem Fokus auf Themen wie Hybrid-IT, SAP, Transformation der Applikationswelten, Business Services, Security, Blockchain, Robotic Process Automation und Internet of Things (IoT) gelingen soll.
Fujitsu kündigte an, die Forschung und Entwicklung, den Einkauf und die Herstellung von Hardware in Japan beziehungsweise Asien zu konzentrieren. Bis September 2020 sollen
Produktentwicklung, Herstellung und SupplyChain-Aktivitäten in Deutschland – wie bereits bekannt gegeben – auslaufen. „Das war eine sehr harte Entscheidung“, sagte Tait. „Wir haben uns dazu verpflichtet, sozialverträgliche Lösungen für alle betroffenen Mitarbeiter zu finden.“
Zur Werksschließung in Augsburg äußerten sich auch die für Augsburg verantwortliche Managerin Vera Schneevoigt sowie der für Zentraleuropa zuständige Geschäftsführer Rupert Lehner, der im Sommer Rolf Werner abgelöst hatte. Schneevoigt betonte erneut das stets große Engagement der Mitarbeiter und sagte, dass „globale Wettbewerbsverschiebungen“die Maßnahmen unvermeidlich gemacht hätten. „Wir haben jetzt bis September 2020 eine lange Zeit zu überbrücken, aber alle ziehen mit.“Allerdings gab es Proteste vor dem Münchner Kongresszentrum ICM, wo das Fujitsu Forum am 7. und 8. November stattfand.
BS2000-Geschäft bleibt strategisch
Auch Lehner machte kein Hehl daraus, dass es wirtschaftliche Gründe für die Schließung von Augsburg gegeben habe: „Die Kunden haben für Hardware ja nicht mehr gezahlt, weil sie aus Deutschland kam.“Er betonte, die Entscheidung bedeute nicht, dass Fujitsu sein Produktgeschäft in Deutschland und Europa einschränken werde. Im Gegenteil, man wolle hier wie bisher eng mit dem Channel zusammenarbeiten. Außerdem bleibe das Mainframe-Geschäft mit den BS2000-Boliden unangetastet und „strategisch“.
Generell werde aber eine weitere Verlagerung der Investitionen auf das Servicegeschäft stattfinden. Fujitsu lege hier den Fokus auf die Branchen Public Sector, Automotive und Manufacturing – was nicht heiße, dass man etwa den Finance-Sektor oder die Logistik fallen lassen werde. Der Zentraleuropa-Chef betonte außerdem die weltweit wichtige Rolle des „Digital Transformation Center“in München, das sich – Tür an Tür mit dem strategischen Partner Microsoft – um Industrie-4.0 Themen kümmert.
Das Fujitsu-Management verfolgt zudem eine veränderte Weichenstellung, indem es stärker als bisher auf Partnerschaften setzt. Das gilt insbesondere für Cloud Computing, wo die Asiaten heute Abkommen unter anderem mit den Hyperscalern Amazon und Microsoft sowie mit VMware unterhalten. Die eigene Cloud-Plattform K5 wird allerdings nicht mehr als konkurrierende Plattform zu diesen Marktgiganten vermarktet. „Einige wenige Hersteller haben die Plattformfrage für sich entschieden“, zog Joseph Reger, Fujitsus Chief Technology Officer (CTO) für EMEIA, eine nüchterne Bilanz. Mit den Hyperscalern konkurrieren zu wollen, sei sinnlos – auch weil diese ihre Cloud-Angebote aufgrund konzerninterner Querfinanzierung konkurrenzlos billig anbieten könnten. Fujitsu bleibe aber im Cloud-Geschäft stark engagiert mit Themen wie Integration, Aufbau und Steuerung von Hybrid-CloudUmgebungen oder auch Cloud-Security.
„Wir haben große Erfahrung mit Hybrid IT und sehen uns als One-Stop-Shop für Integration und Orchestrierung“, ergänzte Tait – „egal wie komplex die Aufgabe ist.“Unternehmen nutzten heute zehn bis 20 verschiedene CloudDienste und bewegten sich somit in einer Multi-Cloud-Umgebung, deren Komplexität zu verstehen und zu managen eine Herausforderung sei.
Als VMwares „Global OEM Alliance Partner of the year 2018“sei man gut aufgestellt, um hybride Landschaften zu managen und dabei seine Produkterfahrung zu den VMware-Produkten Cloud Foundation, Cloud on AWS sowie den neuesten Netz- und Sicherheitsprodukten einzubringen. Zudem konnte Fujitsu mit Microsoft eine weltweite SystemintegrationsPartnerschaft unterzeichnen und sei nun in der Lage, große, unternehmenskritische Workloads in die Azure-Cloud zu transferieren.