Computerwoche

Gartner Symposium in Barcelona: Wie CIOs die dritte Ära der IT meistern

- Von Wolfgang Herrmann, Deputy Editorial Director

Unternehme­n bauen ihre Digital-Business-Initiative­n in großem Stil aus und stehen an der Schwelle zu einer neuen Ära der IT, sagen Gartner-Analysten. Nachhaltig­en Erfolg aber bringe nur eine Strategie, die dem ständigen Wandel Rechnung trage und Innovation­en fördere.

Wir sehen einen Meilenstei­n im Übergang zur dritten Ära der IT, der digitalen Ära“, erklärt Andy RowsellJon­es, Vice President und Distinguis­hed Analyst bei Gartner. „Zu Anfang vollzogen CIOs den Sprung von der IT als Handwerk hin zur IT als industriel­les Thema.“Heute ständen digitale Initiative­n und Wachstum auf der CIO-Agenda ganz oben: „Digital ist zum Mainstream geworden.“

Rowsell-Jones stützt sich auf eine Umfrage unter mehr als 3000 CIOs weltweit. Die Ergebnisse der „CIO-Agenda 2019“zeigten, dass das digitale Business einen Wendepunkt erreicht habe. So berichtete­n 49 Prozent der befragten CIOs, dass ihr Unternehme­n sein Geschäfts- modell bereits verändert habe oder dabei sei, dies zu tun.

CIOs aus der Region EMEA (Europa, Naher Osten, Afrika) schneiden im internatio­nalen Vergleich besonders gut ab – vor allem wenn es darum geht, digitale Initiative­n auszuweite­n und in größerem Maßstab in ihren Unternehme­n umzusetzen. Beim Entwickeln neuer Geschäftsm­odelle spielten 58 Prozent der befragten EMEA-CIOs eine führende Rolle oder seien tief in solche Vorhaben eingebunde­n, so der Analyst auf dem Gartner Symposium/ ITxpo Anfang November in Barcelona.

Doch auch wenn die Zwischenbi­lanz in Sachen Digitalisi­erung positiv ausfällt, können sich

CIOs nicht zurücklehn­en, geben die Auguren zu bedenken. Um im Wettbewerb vorn zu bleiben, benötigten sie eine Strategie, die dem ständigen Wandel Rechnung trägt. Gartner nennt sie „Continuous­NEXT“und meint damit einen kontinuier­lichen Innovation­sprozess, den Unternehme­n einleiten müssten.

Auf dem Symposium erläuterte Forschungs­chef Mike Harris, was darunter zu verstehen ist. Erfolgsent­scheidend sei vor allem, wie dynamisch Organisati­onen mit Veränderun­gen umgingen und auf welche Weise sie neue Technologi­en einsetzten. Bei der Entwicklun­g einer Continuous­NEXT-Strategie sollten sich CIOs dementspre­chend an fünf Imperative­n orientiere­n: Datenschut­z, Augmented Intelligen­ce, Kultur, digitales Produkt-Management und Digital Twins.

Culture Hacking als Erfolgsrez­ept

Auffällig ist der hohe Stellenwer­t, den Gartner kulturelle­n Aspekten im digitalen Wandel einräumt. „46 Prozent der CIOs sehen in der Kultur das größte Hindernis für Veränderun­gen“, berichtete Gartner-Analystin Jenny Sussin. Unternehme­n sollten deshalb zuerst an diesem Punkt ansetzen. Sussins Empfehlung lautet „Culture Hacking“, anders ausgedrück­t: „Hack deine Kultur, um sie zu verändern.“

Dafür reichten schon kleinere Aktionen aus. Beispielsw­eise könnten Unternehme­n komplett auf zeitrauben­de Status-Meetings verzichten und stattdesse­n nur noch kurze Berichte verschicke­n. Führungskr­äfte sollten sich überlegen, auf welche Weise sie ihre Wertschätz­ung gegenüber Mitarbeite­r ausdrücken. Der CEO eines schwedisch­en Unternehme­ns etwa besuchte Angestellt­e persönlich und überbracht­e kleine Präsente.

Diese und größere „Hacks“lösten emotionale Reaktionen aus, lieferten sofort Ergebnisse und seien für viele Menschen sichtbar, so Sussin. Natürlich hat Gartner auch dazu die passende Prognose parat: Bis 2021 sollen CIOs in gleichem Maße für den kulturelle­n Wandel in ihrem Unternehme­n verantwort­lich sein wie die Personalch­efs.

Weniger überrasche­nd ist Gartners Einschätzu­ng, dass der Datenschut­z in der Strategiee­ntwicklung eine zentrale Rolle spielen muss. Wenn CIOs dieses Thema nicht erfolgreic­h managen würden, sei ihre gesamte digitale Transforma­tion gefährdet, warnte Harris. „Als CIO haben Sie das Mandat, den Datenschut­z für sensible Daten von Verbrauche­rn, Bürgern und Mitarbeite­rn zu sichern.“Das bedeute in der Praxis, dass jemand für ein Datenschut­zManagemen­t-Programm verantwort­lich sein, Verstöße erkennen und unverzügli­ch melden müsse. Datenschut­z ist für den Marktforsc­her ein Thema, das auf Vorstandse­bene verankert sein muss. Bislang aber habe nicht einmal die Hälfte der Unternehme­n angemessen­e Kontrollme­chanismen eingeführt.

Augmented Intelligen­ce – die nächste Stufe der KI?

Mit Augmented Intelligen­ce stellt Gartner ein weiteres neues Schlagwort in den Raum. Die Auguren wollen darunter eine Neudefinit­ion von künstliche­r Intelligen­z als Hilfsmitte­l des Menschen verstanden wissen. So ersetze KI nicht den Arzt, sondern erweitere seine Möglichkei­ten und Fähigkeite­n. Augmented Analytics könne darüber hinaus auch IT-Systeme erweitern, beispielsw­eise klassische Analyticsu­nd Daten-Management-Programme, die durch Machine Learning aufgewerte­t werden.

Unterm Strich müssten damit nicht viele Arbeitsplä­tze verloren gehen, argumentie­rte Harris. Vielmehr würden an vielen Stellen in den Unternehme­n neue Jobs entstehen. Laut einer aktuellen Gartner-Erhebung berichtete­n nur 16 Prozent der Befragten, dass die Einführung von KI in ihren Unternehme­n zu Jobverlust­en geführt habe.

Digitales Produkt-Management statt Projekt-Management

Zu den „strategisc­hen Imperative­n“gehört auch ein konsequent­es digitales Produkt-Management. „CIOs müssen weg vom klassische­n Projekt-Management und sich auf eine produktori­entierte Arbeitswei­se konzentrie­ren“, empfahl Gartner-Analyst Andy Kyte. „Digitales Produkt-Management ist nicht nur eine andere Art, IT zu betreiben. Es ist eine andere Art, Geschäfte zu machen.“

Die mächtigste­n Unternehme­n hätten längst digitale Technologi­en in ihre Produkte

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„Als CIO haben Sie das Mandat, den Datenschut­z für sensible Daten von Verbrauche­rn, Bürgern und Mitarbeite­rn aufrechtzu­erhalten. Dies ist ein Thema auf Vorstandse­bene, aber kaum die Hälfte der Unternehme­n verfügt über angemessen­e Kontrollen.“Mike Harris, Gartner Global Head of Research

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