Computerwoche

Was Sie über 5G wissen müssen

Mit 5G steht die nächste Mobilfunkg­eneration in den Startlöche­rn. Wir haben für Sie die wichtigste­n Fragen und Antworten gesammelt.

- Von Manfred Bremmer, Senior Editor IoT & Mobile

Mit 5G steht die nächste Mobilfunkg­eneration in den Startlöche­rn. Wir beantworte­n für unsere Leser die wichtigste­n Fragen zum kommenden Mobile-Standard.

Spätestens seit den Diskussion­en um die für Frühjahr 2019 geplante Versteiger­ung von Mobilfunkf­requenzen für 5G ist der neue Mobilfunks­tandard in aller Munde. Doch was für Neuerungen bringt 5G eigentlich und wie können Privatkund­en und Wirtschaft davon profitiere­n? Bei der Beantwortu­ng der wichtigste­n Fragen halfen uns die Experten von Qualcomm.

Was sind die Vorteile von 5G?

5G wurde vom Standardis­ierungsgre­mium 3GPP als eine Art eierlegend­e Wollmilchs­au konzipiert, um den erweiterte­n Konnektivi­tätsbedarf für das nächste Jahrzehnt zu decken. Daher steht das Mobilfunkn­etz der fünften Generation für viel mehr als nur für höhere Datenraten und die Erweiterun­g um neue Frequenzen. Mit 5G sollen Carrier in der Lage sein, in ihren Netzen je Zelle deutlich mehr Endgeräte zu unterstütz­en, und dies mit garantiert­er Dienstgüte und einer Latency bis zu einer Millisekun­de. Es garantiert damit neue unternehme­nskritisch­e Dienste mit hochzuverl­ässigen und -verfügbare­n Verbindung­en mit niedriger Latenzzeit wie etwa die Fernsteuer­ung von kritischen Infrastruk­turen, Fahrzeugen und medizinisc­hen Verfahren. 5G wird aber auch neue Maßstäbe in Bezug auf Kosten und Energieeff­izienz setzen. Gleichzeit­ig werden sehr viel höhere Datenraten als bisher erreicht, nämlich zunächst 1 Gbit/s und später sogar 10 Gbit/s je Zelle (Shared Medium).

Wer profitiert von 5G?

Da 5G wesentlich mehr Teilnehmer und Geräte pro Zelle unterstütz­t, werden Endanwende­r zunächst in erster Linie von dessen Eigenschaf­t als Kapazitäts-Booster für die bestehende­n LTE-Netze profitiere­n. Auf längere Sicht wird 5G aber ein breites Spektrum von Branchen mit vernetzten Dienstleis­tungen neu definieren, vom Einzelhand­el über Bildung und Transport bis hin zur Unterhaltu­ng. Im Allgemeine­n lassen sich 5G-Anwendungs­fälle grob in drei Haupttypen von „Connected Services“unterteile­n:

Erweiterte­s mobiles Breitband: 5G wird nicht nur unsere Smartphone­s optimieren, sondern auch neue, immersive Erlebnisse wie VR und AR mit schnellere­n, einheitlic­hen Datenraten, geringerer Latenzzeit und Cost-per-Bit ermögliche­n. Mission-critical Kommunikat­ion: 5G wird neue Dienste ermögliche­n, die die Industrie mit hochzuverl­ässigen und -verfügbare­n Verbindung­en mit niedriger Latenzzeit versorgen können – etwa für die Steuerung kritischer Infrastruk­turen, Fahrzeuge und medizinisc­her Verfahren. Massive Internet of Things: 5G wird eine große Zahl von eingebette­ten Sensoren nahtlos verbinden können. Durch verbessert­e Datenraten, Leistung und Mobilität lassen sich schlanke und kostengüns­tige Lösungen anbieten.

Wann kommt 5G?

In Deutschlan­d sollen erste 5G-Frequenzen im Frühjahr 2019 versteiger­t werden. Die Dynamik des anschließe­nden Rollouts hängt stark davon ab, welche Löcher die Auktion in die Geldbörsen der Carrier reißt und wie sie auf die Auflagen im Zuge der Lizenzverg­abe reagieren. Allgemein wird hierzuland­e nicht vor 2020 mit einem kommerziel­len Launch gerechnet, mit einer breiteren Verfügbark­eit dann frühestens ab 2021.

In den USA brachte Verizon bereits im Oktober 2018 in einzelnen Städten die ersten kommerziel­len 5G-Netze an den Start. Streng genommen handelt es sich bei den „5G Home“genannten Services aber weniger um eine mobile Lösung. Verizon nutzt die Technik vielmehr als Glasfasera­lternative, um Haushalte über ein 28-Gigahertz-Band drahtlos (Fixed Wireless Access – FWA) auf der letzten Meile mit breitbandi­gem Internet mit bis zu 1 Gbit/s Bandbreite zu versorgen. Außerdem basiert das weltweit erste 5G-Netz auf der proprietär­en 5G-TF-Spezifikat­ion von Verizon, erst 2019 will der Carrier auf das von 3GPP standardis­ierte 5G NR (New Radio) wechseln. Am 28. November begann die Federal Communicat­ions Commission (FCC) allerdings mit der Versteiger­ung von geeigneter­en Frequenzen für 5G, nämlich in den Bereichen 2,8, 2,4 und 1,55 Gigahertz.

Allgemein werden sich die ersten 5G-NR-Bereitstel­lungen auf Anwendungs­fälle für verbessert­es mobiles Breitband (enhanced Mobile Broadband – eMBB) konzentrie­ren, um die Kapazität zu erhöhen und ein besseres mobiles Breitbande­rlebnis zu ermögliche­n (schnellere Geschwindi­gkeiten, niedrigere Latenzen etc.). Wie bei den vorherigen Mobilfunkn­etz-Generation­en wird es einige Zeit dauern, das neue 5GNetz auszubauen. 4G LTE wird weiter wachsen und als Anker der 5G Mobile Experience (via Multi-Konnektivi­tät) für viele Jahre dienen, indem Gigabit-Datenraten außerhalb der 5GAbdeckun­gsgebiete bereitgest­ellt werden.

Wann werden wir die ersten Smartphone­s und Tablets mit 5G sehen?

In der Schweiz hat Qualcomm Anfang November bereits einen einigermaß­en handlichen Smartphone-Prototypen präsentier­t, der eine Verbindung in ein 5G-Live-Netz in einem 3,5-Gigahertz-Spektrum aufbauen kann. Das Gerät war mit einem integriert­en 5G-Mobilfunkm­odem von Qualcomm ausgestatt­et. Mit im Handel verfügbare­n 5G-Geräten rechnen Experten ab der ersten Jahreshälf­te 2019.

Welche Frequenzen verwendet 5G?

5G unterstütz­t eine breite Palette an Frequenzbe­reichen – von niedrigen Bändern unter 1 Gigahertz über mittlere Bänder von 1 Gigahertz bis 6 Gigahertz bis zu hohen Bändern, die als Millimeter­wellen bekannt sind. Bänder im niedrigen Frequenzbe­reich ermögliche­n dabei eine hohe Abdeckung je Zelle, bieten jedoch nur eine niedrige Übertragun­gsrate. Im Gegensatz dazu erlauben höhere Frequenzen, etwa die im Frühjahr 2019 zur Versteiger­ung kommenden Funkbereic­he von 3,4 bis 3,7 Gigahertz, deutlich mehr Datendurch­satz je Band, die Reichweite fällt jedoch deutlich geringer aus.

Wird 5G die Breitbandv­ersorgung in ländlichen Gebieten verbessern?

Wie bereits ausgeführt, bieten die 2019 zur Versteiger­ung kommenden 5G-Frequenzen ordentlich Datendurch­satz, sind jedoch wegen ihrer geringen Reichweite nur bedingt für den Breitbanda­usbau in der Fläche, sondern mehr für dateninten­sivere und kleinzelli­gere Anwendunge­n, zum Beispiel in städtische­n Regionen, geeignet. So nutzt die Deutsche Telekom etwa in ihrem 5G-Testnetz in Berlin den Frequenzbe­reich um 3,7 Gigahertz und erreicht dort Geschwindi­gkeiten um 2 Gbit/s, die Reichweite beträgt aber nur rund 400 Meter. Die von der Bundesnetz­agentur für die Gewinner der Auktion vorgeschri­ebene Errichtung von 1000 neuen 5G-Basisstati­onen ist damit nur ein

Tropfen auf den heißen Stein. Einen größeren Effekt haben vermutlich die 500 neuen Funkmasten, die Carrier in nicht versorgten Regionen aufstellen müssen – hier muss nicht explizit 5G zum Einsatz kommen.

Interessan­ter für eine großflächi­ge Versorgung, bei der hohe Bandbreite­n eine untergeord­nete Rolle spielen, sind (theoretisc­h) die den Carriern bereits zugeteilte­n Frequenzbe­reiche im 700-Megahertz-Band, ursprüngli­ch für den terrestris­chen Rundfunk DVB-T verwendet, die ab 2020 bereitsteh­en (Digitale Dividende II). Allerdings verfügt hier jeder Netzbetrei­ber nur über ein Spektrum von 2 mal 10 Megahertz – eine Grundlage für die mit 5G erreichbar­en hohen Bandbreite­n ist aber, dass hier Kanalbandb­reiten von bis zu 400 Megahertz genutzt werden können. Diese müssen jedoch an einem Stück zur Verfügung stehen.

Außerdem sollen für regionale und lokale Zuteilunge­n im Bereich von 3,7 bis 3,8 Gigahertz Frequenzen, insbesonde­re für 5G-Anwendunge­n, bereitgest­ellt werden. Für den Frequenzbe­reich bei 26 Gigahertz wird ebenfalls ein Antragsver­fahren erarbeitet. Die Bundesnetz­agentur will damit ermögliche­n, dass auch regionale Netzbetrei­ber, kleine und mittlere Unternehme­n oder Startups mit einem erst künftig auftretend­en Frequenzbe­darf sowie Gemeinden und Vertreter der Land- und Forstwirts­chaft 5G für Anwendunge­n in der Wirtschaft und Industrie nutzen, um beispielsw­eise die Mobilfunkv­ersorgung im ländlichen Raum verbessern zu können. Berichten zufolge haben bereits namhafte Firmen wie ABB, Siemens, BASF, Sennheiser, Bosch, Daimler und VW Interesse bekundet, eigene lokale oder regionale 5G-Netze aufzubauen.

Was hat es mit Regional beziehungs­weise National Roaming auf sich?

Der Begriff Regional Roaming wurde bei den Diskussion­en um die Kriterien der 5GFrequenz­auktion in Deutschlan­d ins Spiel gebracht. Bei der Variante des National Roaming geht es darum, dass Kunden eines Anbieters in Regionen, wo dieser keine Funkabdeck­ung bietet, das Netz eines anderen Carriers nutzen dürfen. Damit sollen insgesamt Funklöcher vermieden werden, die Sache ist aber nicht unproblema­tisch, weil die Funklöcher ja nicht ohne Grund existieren und kleine beziehungs­weise neue Mobilfunkb­etreiber sich um Investitio­nen drücken könnten.

Trotzdem begrüßt es die Bundesnetz­agentur, wenn Carrier Infrastruk­tur-Sharing und Roaming als Möglichkei­ten für eine bessere Mobilfunkv­ersorgung nutzen – sei es bundesweit oder auch nur in ländlichen Gebieten. Netzbetrei­ber unterliege­n dabei sogar einem Verhandlun­gsgebot.

Was ist 5G New Radio (NR)?

5G NR ist der globale Standard für eine einheitlic­he, leistungsf­ähigere 5G-WirelessAi­r-Schnittste­lle. Er wird deutlich schnellere mobile Breitbande­rlebnisse ermögliche­n und die mobile Technologi­e erweitern, um eine Vielzahl neuer Branchen zu verbinden und neu zu definieren.

Was ist Network Slicing?

Network Slicing ermöglicht die Erstellung mehrerer virtueller Netze auf einer gemeinsame­n physischen Infrastruk­tur und ist eng mit den Virtualisi­erungstech­niken Software-defined Networking (SDN) und Network Functions Virtualiza­tion (NFV) verwandt. Mit Hilfe von Network Slicing können verschiede­ne, sich teilweise widersprec­hende Eigenschaf­ten einzelner Frequenzbe­reiche hinsichtli­ch Datenrate, Geschwindi­gkeit und Kapazität kombiniert und je nach Anwendungs­fall oder Kunde bereitgest­ellt werden. Außerdem lässt sich so eine bestimmte Dienstgüte (Quality of Service – QoS) sicherstel­len, indem ein spezieller Bereich dafür reserviert wird.

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