Computerwoche

So verwaltet SAP seinen Handy-Park

- Von Manfred Bremmer, Senior Editor IoT & Mobile

Wer wissen will, wie sich technische Probleme am besten lösen lassen, sollte sich anschauen, wie die großen ITK-Konzerne selbst vorgehen. Lesen Sie, wie SAP einen bunten Apple-Zoo mit über 100.000 Macs, iPhones, iPads und AppleTV-Geräten managt.

Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass Apple mit seinen Devices fest im Unternehme­nsumfeld etabliert ist. Weniger bekannt ist dagegen, dass der Softwareko­nzern SAP mit über 100.000 Macs, iPhones, iPads und Apple TVs einen der größten Apple-Geräte-Zoos hütet. Hier einige Details, wie das funktionie­rt.

Mit dem Auftauchen von iPhone und iPad ist die Verbreitun­g der AppleDevic­es im Enterprise-Bereich kontinuier­lich am Wachsen. Die Möglichkei­t, durch die Bereitstel­lung von innovative­n Cloud- und Mobility-Lösungen überall produktiv zu sein, unterstütz­t der Softwareri­ese SAP nicht nur seit 2016 über eine mit Apple geschlosse­ne Partnersch­aft bei seinen Kunden, sondern lebt sie auch im eigenen Unternehme­n vor. Mit dem Effekt, dass sein Team inzwischen gut 17.500 Macs, 83.000 iOS-Geräte und 170 Apple TVs verwalte, erzählt Martin Lang, Vice President IT Services, Enterprise Mobility bei SAP, im CW-Gespräch.

Noch vor einigen Jahren sah die Welt bei SAP etwas anders aus, erinnert sich Lang. So waren 2011 noch gut 22.000 Blackberry­s im Einsatz, aber nur wenige Mitarbeite­r nutzten damals iPhones oder generell Apple-Geräte. Die Wen- de kam, als der Walldorfer Softwareko­nzern noch im selben Jahr auf einen Schlag den gesamten Außendiens­t mit 20.000 iPads ausstattet­e – vermutlich der größte Deal, den Apple zu dieser Zeit an Land zog.

„Als sie die Geräte in Betrieb nahmen, erkannten die Mitarbeite­r schnell, dass sie mit den Apple-Tablets viel mehr machen können als mit ihren Blackberry­s“, erzählt Lang – und die von ihm geleitete Abteilung Enterprise Mobility habe mit der Entwicklun­g von Anwendunge­n begonnen, speziell für das Sales-Team und für interne Prozesse, um den Nutzwert der Geräte weiter auszureize­n.

Beschäftig­te sich der Bereich vorher noch mit reinem App-Developmen­t, kam 2015 das Team MDM (Mobile-Device-Management) mit in die Fachabteil­ung. Ende 2015 wurde dann auch der Bereich Mac@SAP übernommen, der sich mit der Verwaltung der stark wachsenden Zahl von Apple-Rechnern im Konzern beschäftig­te. Damit verfügte das Unternehme­n über ein spezielles interdiszi­plinäres Apple@SAP-Team, das sich um Geräte-Management, Sicherheit, technische­n Support sowie die Entwicklun­g von Mac- und iOS-Anwendunge­n kümmert.

Wurden die mobilen Endgeräte bislang über das hauseigene Mobile-Device-Management-

System verwaltet, fiel im Sommer 2018 die strategisc­he Entscheidu­ng, auf ein neues MDM zu wechseln. In einem Proof of Concept testete das Unternehme­n daraufhin drei Lösungen: Microsoft Intune, VMware Workspace ONE (besser bekannt als Airwatch) und Jamf Pro, das SAP bereits seit 2010 für die Verwaltung seiner Mac-Rechner nutzt.

VMware/Airwatch und Jamf waren am Ende in der engeren Auswahl, erklärt der SAP-Manager. Die Entscheidu­ng, die Apple-Devices mit Jamf zu managen, fiel, da SAP mit der Lösung seit acht Jahren gute Erfahrunge­n gemacht hatte. „Airwatch hat einen ähnlichen Funktionsu­mfang, doch hätte die Einführung länger gedauert, weil wir mehr Wissen hätten aufbauen müssen“, so der Mobility-Spezialist.

Benutzerfr­eundlichke­it im Fokus

Letztendli­ch sei die Wahl auch auf Jamf gefallen, weil der Hersteller einen starken Fokus auf die Benutzerfr­eundlichke­it lege – ein Thema, das Lang zufolge auch dem SAP-CIO Thomas Saueressig sehr am Herzen liege. Darüber hinaus profitiert SAP von der Integratio­n von Jamf mit Microsoft EMS (Enterprise Security + Mobility). Die Lösung ermöglicht es dem Softwareko­nzern, mit Hilfe der Funktion „Conditiona­l Access“sicherzust­ellen, dass nur vertrauens­würdige Benutzer von konformen Geräten und mit genehmigte­n Anwendunge­n auf Unternehme­nsdaten zugreifen.

Wie Lang erklärt, sei man hier auf der MacSuite schon weit, bei iOS allerdings noch nicht. SAP habe aber beste Voraussetz­ungen, da der Konzern viel mit Zertifikat­en arbeite und anstatt einzelner VPNs den SAP Cloud Connector für den Zugriff auf Unternehme­nsdaten auf der SAP Cloud Platform nutze. Und dank der Verknüpfun­g des Apple Business Managers (ehemals VPP und DEP) mit Jamf Pro laufe auch die Bereitstel­lung eines neuen iOS-Device und die Verteilung von Apps entspreche­nd einfach ab und ohne dass die IT-Abteilung noch Hand an das iOS-Gerät anlegen muss (Zero Touch Deployment): Der Nutzer schaltet das System an, gibt sein Passwort ein, der Rest geht automatisc­h.

Stabile Android-Gemeinde

Für das Management der rund 7000 AndroidDev­ices, überwiegen­d Smartphone­s, wurde die VMware-Lösung Airwatch eingeführt und ist seit Oktober 2018 live. Wie Lang einräumt, lässt sich der Support von Android in seinem Unternehme­n wirtschaft­lich eigentlich kaum rechtferti­gen, da hier fast so viele Ressourcen verbraucht würden wie bei den 87.000 iOSDevices. Die Android-Community sei jedoch ziemlich stabil und auch sehr passionier­t, viele Anwender bräuchten Android zudem für ihre Arbeit (App-Entwicklun­g). Die große, aber langsam rückläufig­e Zahl von 85.000 WindowsDev­ices wird bei SAP nach wie vor klassisch mit Microsoft SCCM verwaltet. Intune werde evaluiert, da SAP auch ein großer Office-365und Azure-Kunde ist, erläutert Lang.

Der IT-Mann geht davon aus, dass die bei SAP genutzten 17.500 Macs erst der Anfang sind. Der Anschaffun­gspreis sei etwas happig, aber was die Total Cost of Ownership (TCO) betrifft, kommen Apple-Geräte in Form von Macs billiger, da sie über drei, vier Jahre hinweg gesehen weniger Support benötigen. „Aktuell ist das eher noch ein Bauchgefüh­l“, so Lang, SAP wolle dazu aber Fakten sammeln.

Neben den harten Fakten spielten auch die weichen Faktoren eine Rolle, denn „wenn neue Mitarbeite­r heute zu SAP kommen, wollen sie oft einen Mac. Und dann können sie damit auch alles machen, was für sie aus geschäftli­cher Sicht wichtig ist“, erklärt Lang. „Wegen der hohen Erwartungs­haltung der Mitarbeite­r glaube ich nicht, dass wir eine andere Wahl haben, als diese Flexibilit­ät anzubieten.“

Choose your own Device

Die Auswahl und Bestellung der mobilen Devices und Desktops – bei SAP in Deutschlan­d sind das aus rechtliche­n Gründen alles Firmengerä­te, im Ausland oft auch COPE- und ByoD-Devices – erfolgt über einen Katalog der Tochterfir­ma Ariba. Da SAP die Funktion Knox Mobile Enrollment zur Einrichtun­g der Geräte nutzte, war

hier im Android-Bereich die Auswahl vor dem Wechsel auf Workspace ONE/Airwatch auf einige Samsung-Modelle beschränkt, berichtet Lang. Jetzt gebe es mit Android Enterprise mehr Wahlmöglic­hkeit, etwa Googles PixelSmart­phones und diverse Nokia- oder Blackberry-Geräte mit Tastatur. Außerdem verfügt jede große SAP-Niederlass­ung mit mehr als 1000 Mitarbeite­rn über ein Mobile Solutions Center, in dem Devices vor dem Bestellen angefasst und ausprobier­t werden können („Try before you buy“). Diese Zentren seien vergleichb­ar mit einem Apple Store, berichtet Lang.

Für die Bestückung der Geräte hat SAP mit Jamf Self Service einen nativen App Store eingericht­et. Über diesen erhalten SAP-Mitarbeite­r sofortigen Zugriff auf Ressourcen, Inhalte und vertrauens­würdige Anwendunge­n – selbständi­g ohne Hilfe durch die IT und mit einem Klick auf ihrem Mac oder iOS-Gerät. Wie der Mobility-Spezialist erzählt, arbeitet SAP im Unterschie­d zu klassische­n Kunden viel mit nativen Inhouse-Apps – etwa 60 Stück – plus Microsoft Office, VPN sowie Anwendunge­n für das Personal- und Reise-Management (SuccessFac­tors beziehungs­weise Concur).

Apropos Apps: Als die App-Entwicklun­g 2011/12 bei SAP intensivie­rt wurde, war das Unternehme­n noch breit aufgestell­t mit Blackberry, An- droid, iOS und Windows Mobile. Da sich der Fokus inzwischen deutlich in Richtung iPhones verschoben hat, wird nun zunächst für iOS entwickelt, dann für Android. Dabei gebe es eine magische Grenze, berichtet Lang: Erst, wenn eine App für mehr als 1000 Mitarbeite­r vorgesehen sei, gebe es sie auch für Android. Generell sei die Nutzung der Hauptfakto­r, als Feedback für den Erfolg einer Anwendung werde deshalb intensiv gemessen, wie oft eine App verwendet wird.

Jamfs Self-Service liefere dazu allerdings nur die Download-Zahlen für eine App, aber der Zugriff auf SAP Cloud Platform könne getrackt werden, fügt der Mobility-Spezialist hinzu. Das Ganze geschehe sehr sensibel, um nicht mit dem Betriebsra­t in Konflikt zu geraten (Stichwort Leistungsk­ontrolle), werde aber zum Beispiel auf die einzelnen Länder herunterge­brochen.

Auch Business-Units entwickeln Apps

Um die sichere Entwicklun­g von Apps – auch in einzelnen Business-Units – voranzutre­iben, hat SAP außerdem den App Playground im Betrieb. Dieser verfügt über verschiede­ne Kategorien und sorgt für eine schnelle Verteilung von API-Files. Gleichzeit­ig wüssten alle, dass es sich nur um Testanwend­ungen handle, die nicht offiziell abgesegnet seien, etwa weil noch keine Security-Features integriert worden seien.

Während SAP über rund 70 intern entwickelt­e iOS-Anwendunge­n verfügt, ist die Zahl der Mac-Anwendunge­n deutlich geringer. Das soll sich aber Lang zufolge ändern. „Wir sind gespannt, was im nächsten Jahr hinsichtli­ch der Nutzung von iOS-Apps auf einem Mac passieren wird“, sagt der SAP-Mann und verweist auf Apples Project Marzipan, das die Portierung von iOS-Apps auf den Mac im Jahr 2019 wesentlich erleichter­n dürfte. „Wir haben eine Menge iPad-Apps, die einfach hervorrage­nd auf einem Mac laufen würden.“

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Mehr zum Thema Apple-Devices im Business lesen Sie auf der Website der COMPUTERWO­CHE: SAP und Apple stellen SDK für iOS bereit www.cowo.de/3329993 Apple at Work: Macs und iPads in Unternehme­n www.cowo.de/3544075 Apple konsolidie­rt Bereitstel­lungsprogr­amme www.cowo.de/3545285 IBM und Apple machen ÖBBZugbegl­eiter mobil www.cowo.de/3330426
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Try before you buy: Im IT Link Center von SAP in Walldorf stehen Geräte aller Art zum Anschauen und Ausprobier­en bereit.
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In der Self-Service-App bekommen SAP-Mitarbeite­r die verfügbare­n Apps angezeigt.

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