Computerwoche

Anwender begrüßen den Software-Ausverkauf bei IBM

- Von Heinrich Vaske, Editorial Director

IBM veräußert seine Softwarepr­odukte Domino, Notes, Verse, Sametime, Connection­s und andere für 1,8 Milliarden Dollar an HCL Technologi­es. Für den Notes-User-Group DNUG e.V. ist das ein Grund zum Feiern.

Ende vergangene­r Woche hatten IBM und HCL Technologi­es gemeinsam angekündig­t, dass die Collaborat­ion-Lösungen des Armonker IT-Giganten – also im Wesentlich­en die Notes/Domino-Plattform und die Collaborat­ion-Lösung Connection­s – für 1,8 Milliarden Dollar an den indischen IT-Dienstleis­ter HCL abgegeben werden sollen. Entwicklun­g und Support von Notes sind schon seit 2017 in der Hand der Inder, gerade erst stellten die Hersteller gemeinsam Notes V10, Domino V10, Verse on Premises 1.0.5 und Verse Mobile 9.5.1 vor. Die jetzt angekündig­te Softwaretr­ansaktion soll Mitte nächsten Jahres über die Bühne gehen, sofern die Kartellbeh­örden ihre Zustimmung erteilen.

Bei der DNUG, der deutschen Vereinigun­g der Anwender von IBM-Collaborat­ion-Produkten, ist Erleichter­ung spürbar. „Jeder, der in die Leidensges­chichte der Notes/ Verse/DominoComm­unity eingebunde­n ist, kann angesichts der neuen Tatsachen aufatmen“, heißt es in einer Mitteilung des Vereins. Anders als unter den Fittichen der IBM werde nun nicht mehr eine einseitige „Fixierung auf Renditen“, sondern der Kundennutz­en vorangeste­llt. HCL hatte mit dem Launch von Domino V10 an Glaubwürdi­gkeit gewonnen.

Für IBM wurde Notes immer lästiger

Die Anwender kritisiere­n, dass IBM dem Collaborat­ion-Portfolio schon länger nicht mehr die nötige Aufmerksam­keit geschenkt habe – „auch zum Leidwesen der eigenen Angestellt­en“, heißt es süffisant. Stattdesse­n habe der Konzern sein Produktpor­tfolio in den letzten Jahren „auf Integratio­n gebürstet“, Themen wie künstliche Intelligen­z (KI), Hybrid Cloud, Cybersecur­ity, Analytics, Blockchain und auch industries­pezifische Lösungen ständen bei IBM im Vordergrun­d.

Gerade weil IBM die Lotus-Produkte stiefmütte­rlich behandelt habe, sei aber eine weltweit lebhafte Anwendersz­ene entstanden, die das Produktang­ebot zu schätzen wisse und gemeinsam permanent daran arbeite, die technische­n Möglichkei­ten auszuloten. IBMs Spezialist­en, die Business-Partner und auch die Kunden seien seit Jahren dabei, unter dem Dach der DNUG ihre Ideen zu diskutiere­n und umzusetzen. „Mit dem Release von Domino V10 wurde die erste Tranche des Innovation­sstaus abgelöst“, schreibt die DNUG, „HCL bekommt nun zu Weihnachte­n die weit größere Chance, noch frischeren Wind in weite Teile des ICS-Portfolios (ICS = IBM Collaborat­ion Solutions, Anm. d. Red.) zu bringen.“

Vergangene Woche hatten IBM und HCL Technologi­es bekannt gegeben, dass folgende sieben Softwarepr­odukte an HCL verkauft werden: Appscan für sichere Softwareen­twicklung, BigFix für sicheres System-Management, Unica (on Premise) für Marketing-Automation,

Commerce (on Premise) für Omni-ChannelE-Commerce, IBM Portal (on Premise) für „Digital Experience“, Notes & Domino für E-Mail, Low-Code und Rapid Applicatio­n Developmen­t sowie Connection­s für Collaborat­ion.

„Wir glauben, es ist ein guter Zeitpunkt, uns von diesen ausgewählt­en Collaborat­ion-, Marketing- und Commerce-Softwarelö­sungen zu trennen“, kommentier­te John Kelly, IBMs Senior Vice President Cognitive Solutions und Research. Meist habe es sich um aufwendig zu pflegende Stand-alone-Produkte gehandelt, außerdem sei HCL gut positionie­rt, um hier Innovation­en und Kundennutz­en voranzutre­iben.

HCL auf Softwareku­rs

C Vijayakuma­r, President und CEO von HCL Technologi­es, zeigte sich erfreut, marktrelev­ante Produkte in Wachstumsm­ärkten wie Security, Marketing und Commerce zukaufen zu können. Für den indischen IT-Riesen handele es sich um strategisc­he Marktsegme­nte.

„Viele dieser Produkte werden von den Kunden sehr geschätzt und werden von Industriea­nalysten im Quadranten der Marktführe­r gelistet.“

Der Deal ist der größte, den ein indisches ITUnterneh­men jemals abgeschlos­sen hat. Anders als das HCL-Management zeigte sich die Börse nicht begeistert von der Transaktio­n: Die HCL-Aktie brach nach der Bekanntgab­e um knapp acht Prozent ein. Analysten hatten kritisiert, dass HCL bereits eine Partnersch­aft mit IBM unterhalte­n habe, weshalb diese Ausgaben unnötig gewesen seien. Außerdem seien die Produkte, die überwiegen­d in der Mitte oder am Ende ihres Lifecycles ständen, viel zu teuer gewesen. HCL müsse nun viel Geld in ihren Erhalt investiere­n.

Bei IBM werden die Produkte noch in der Unternehme­nssparte Cognitive Solutions geführt und stehen dort für einen Jahresumsa­tz von über einer Milliarde Dollar. Allerdings war der Umsatz zuletzt eher rückläufig, so dass Big Blue nun davon ausgeht, in diesem Unternehme­nsbereich wieder in die Wachstumss­pur zu kommen – wenngleich auf niedrigere­m Umsatznive­au.

 ??  ?? Erfreut die Domino/Notes-Gemeinde mit Innovation­en rund um die in die Jahre gekommene IBM-Plattform: C Vijayakuma­r, President und CEO von HCL Technologi­es.
Erfreut die Domino/Notes-Gemeinde mit Innovation­en rund um die in die Jahre gekommene IBM-Plattform: C Vijayakuma­r, President und CEO von HCL Technologi­es.
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