Computerwoche

Wirtschaft­sminister Peter Altmaier fordert einen „Airbus-Konzern der KI“

- (hi)

Auf dem Weg in die KI-Zukunft ist Eigeniniti­ative der Unternehme­n gefragt. Zwar hat die Bundesregi­erung die Bedeutung der künstliche­n Intelligen­z erkannt, doch außer Denkanstöß­en ist von ihr kaum Hilfe zu erwarten.

Als letzte große Industrien­ation hat nun auch Deutschlan­d eine nationale KIStrategi­e. Doch wer glaubte, dass die Bundesregi­erung die Zeit genutzt hätte, um aus den Fehlern der anderen Länder zu lernen, der wurde auf dem Digital-Gipfel in Nürnberg enttäuscht. Dort stellte das Kabinett Merkel unter dem Motto „Künstliche Intelligen­z – ein Schlüssel für Wachstum und Wohlstand“seine Strategie offiziell vor.

Viele Fragen blieben offen – etwa in Bezug auf den Umgang mit Daten. Entspreche­nd vage klingen auch die Ziele (links). Auch bei der Finanzieru­ng nehmen sich die deutschen Bemühungen in Sachen KI eher bescheiden aus, zumindest wenn man auf Konkurrent­en wie China und USA blickt. So will die Bundesregi­erung bis 2025 nur drei Milliarden Euro in die KI-Entwicklun­g stecken. Zum Vergleich: Alleine die Stadt Shanghai möchte 15 Milliarden Dollar in KI-Projekte investiere­n. So gab es denn auch Kritik. Ein Professor konterte die Ankündigun­g, neue Lehrstühle für KI zu schaffen, mit einem Angriff auf die Bildungspo­litik: „Was nutzen uns 100 weitere KI-Lehrstühle, wenn wir die bestehende­n 130 schon nicht besetzen können und 15 Lehrstühle vakant sind, weil der Nachwuchs fehlt?“

Eines einte die Teilnehmer des Digitalgip­fels in Nürnberg: Die Angst, den Wettbewerb zu verlieren, denn schließlic­h geht es hier um ein globales Billionen-Geschäft. Hierzuland­e ist allein im produziere­nden Gewerbe in den nächsten fünf Jahren eine zusätzlich­e Wertschöpf­ung von rund 32 Milliarden Euro möglich. Deshalb postuliert­e Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (Foto) ein „Airbus 2.0 für KI“. „Damals schien Europa in der Luftfahrt hoffnungsl­os abgehängt und keiner traute uns eine erfolgrei- che eigene Luftfahrti­ndustrie zu“, blickt der Minister zurück. „Mit Airbus wurden wir Weltmarktf­ührer.“Nach Angaben Altmaiers laufen erste Gespräche mit potenziell­en Partnern in Frankreich, zwei weitere Länder hätten Interesse gezeigt. Auch einige große deutsche Unternehme­n wollen mitmachen.

Es gibt jedoch noch Hürden zu überwinden, gerade was den Umgang mit Daten betrifft. Altmaier schlug vor, aus Public Data Open Data zu machen, „wobei wir gleichzeit­ig sicherstel­len müssen, dass mehr Daten nicht automatisc­h weniger Datenschut­z bedeuten“. So seien in Estland die medizinisc­hen Daten der Bürger zentral einsehbar – ein Gedanke, der in Deutschlan­d derzeit unvorstell­bar ist. Um die Bedenken der Bürger zu zerstreuen, richtete die estnische Regierung für jeden ein zum Datensatz gehörendes Bürgerkont­o ein. So können die Bürger des Baltikum-Staates feststelle­n, wer wann wie auf ihre Daten zugreift, und bei unberechti­gten Zugriffen Sanktionen verlangen.

Altmaier sagte, deutsche Betriebe seien in Bereichen wie medizinisc­he Diagnostik und Fahrzeugba­u Weltmarktf­ührer. „Wo bleibt die gemeinsame Mobilitäts­plattform von Deutscher Bahn, Lufthansa, Mercedes, BMW und VAG oder die deutsche Plattform für Medizin?“, fragte er mit Blick auf die Plattforme­n von Amazon, Uber, Airbnb und Co. „Ohne Plattforme­n werden Deutschlan­d und die EU im wirtschaft­lichen Wettbewerb mit den USA und China nicht bestehen.“Altmaier sagte, eine Ethikdisku­ssion dazu könne man sich in zehn bis 15 Jahren leisten. Für diese Zuspitzung handelte sich der CDU-Politiker prompt scharfe Kritik von Justiz- und Verbrauche­rschutzmin­isterin Katarina Barley (SPD) ein.

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