IT erobert den Maschinenraum
Ein Gang über die Nürnberger Fachmesse SPS.
Themen aus der IT-Welt wie Cloud- und Big-Data-Technologien, Augmented Reality, Machine Learning oder digitale Zwillinge rücken immer stärker in den Fokus der Industrieautomatisierung.
Siemens-Vorstand Klaus Helmrich kam im Rahmen einer Pressekonferenz auf der Nürnberger Messe SPS IPC Drives zu einem positiven Befund: „Immer mehr Industrieunternehmen, insbesondere aus dem Mittelstand, sind auf dem Weg zur Industrie 4.0 und erhöhen schon jetzt mit digitalen Lösungen ihre Wettbewerbsfähigkeit“, sagte der Manager. „Dies betrifft alle Branchen mit sich schnell wandelnden Marktanforderungen, wo zunehmend Produkte in kleinerer Stückzahl schnell und flexibel hergestellt werden müssen.“Die Euphorie unter den Anbietern sei groß: 2018 war laut Helmrich das Jahr, in dem die Kunden Industrie-4.0-Lösungen implementiert haben.
Auf der SPS zeigte Siemens zahlreiche Neuheiten aus den Bereichen Automation und industrielle Software, Kommunikation, Sicherheit und Services. Um Anwender in der Umsetzung ihrer IIoT-Projekte zu unterstützen, bieten die Münchner nun für ihre Plattform MindSphere die drei neuen Anwendungspakete „Connect & Monitor“, „Analyze & Predict“und „Digitalize & Transform“einschließlich umfassender Beratungsleistungen an. Die Pakete sollen unter anderem helfen, Assets schneller anzubinden, zu analysieren und zu optimieren sowie ungeplante Anlagenstillstände vorherzusagen und zu verhindern. Darüber hinaus sollen sie die Entwicklung neuer Services und Geschäftsmodelle vereinfachen.
Außerdem erläuterte Siemens-Vorstand Helmrich am Beispiel der HPE-Tochter Aruba, welche Bedeutung Kooperationen im Zeitalter von Industrie 4.0 haben. Die beiden Unternehmen haben im Rahmen einer strategischen Partnerschaft vereinbart, ihre komplementären Pro- duktportfolios zusammenzulegen, um Kunden bei der Realisierung von integrierten IT/OTNetzen von der Fabrikhalle bis in Büroumgebungen zu unterstützen.
Als weiteres Beispiel nannte der Siemens-Mann eine Zusammenarbeit mit Bentley Systems. Beide Unternehmen hatten kürzlich die gemeinsame Entwicklung der „PlantSight Cloud Services“bekannt gegeben. Damit haben Anwender über ein einfaches Web-Portal jederzeit Zugriff auf 1D/2D/3D-Daten und damit stets einen aktuellen digitalen Zwilling ihrer Maschinen im Blick. Dies ist insbesondere für Anlagenbetreiber angesichts der langen Lebensdauer ihrer Prozessanlagen und fortlaufender Investitionsprojekte ein entscheidender Vorteil.
Maschinenzustände in Echtzeit überwachen
Aber auch andere Unternehmen hatten in Nürnberg innovative Lösungen für die vernetzte Fabrik vorzuweisen. So gab ABB einen ersten Einblick in seine „Asset Management Application“. Die Software bietet Betreibern von Industrieanlagen eine Echtzeit-Zustandsüberwachung von Maschinen, um Ausfallzeiten zu reduzieren, Geräteausfälle zu vermeiden sowie den Betrieb und die Wartung der Installatio-
nen zu optimieren. ABB ermöglicht dazu eine vorausschauende und präventive Instandhaltung, indem die Anlagenzustände diagnostiziert und drohende Geräteprobleme vor Ort und auf globaler Unternehmensebene mit Hilfe von Machine-Learning-Methoden vorausgesagt werden.
„Eine unserer Prioritäten bei der Entwicklung der Asset Management App war es, den Kunden die vollständige Kontrolle über ihr Prozesswissen zu ermöglichen. Damit geben wir ihnen erstmals die Flexibilität, aus den gesammelten Informationen schnell eigene Anlagenmodelle zu erstellen“, erklärte Neil Shah, Global Product Manager für Device Management & Asset Optimization bei ABB. Die Asset Management Application soll in der zweiten Jahreshälfte 2019 eingeführt und dann ein Teil von ABBs IIoT-Plattform ABB Ability werden.
Daneben gab es auf dem ABB-Stand interessante Detaillösungen zu sehen. So nutzt der Konzern beim nichtinvasiven Temperaturfühler „NiTemp“zwei hintereinander angebrachte Sensoren und einen speziell entwickelten Berechnungsalgorithmus, um Messungen ohne Eingriffe in den laufenden Prozess vornehmen zu können. Auf diese Weise ist es möglich, nachträglich für die Verfügbarkeit und Produk- tivität einer Anlage wichtige Daten zu gewinnen, ohne dass ein Herunterfahren der Anlage, die Öffnung des Prozesses oder die Installation eines Schutzrohrs notwendig sind. Zielgruppe sind laut ABB Kunden aus der Öl- und Gasindustrie, der chemischen Industrie sowie der Lebensmittel- und Getränkeindustrie.
Zentrale Quelle für Betriebsdaten
Rockwell Automation wiederum zeigte die ersten Ergebnisse der im Sommer eingegangenen Partnerschaft mit dem Softwarehaus PTC. So soll die gemeinsame IIoT-Lösung „FactoryTalk Innovation Suite powered by PTC“als zentrale Datenquelle für einen vollständigen Überblick über Betriebs- und Systemzustände sorgen und damit eine weitere Verbesserung des Betriebsablaufs sowie Produktivitätssteigerungen ermöglichen.
Außerdem erlaubt die Softwaresuite Technikern unter anderem, während Entwicklungs-, Test- und Wartungsvorgängen mit Hilfe von Microsoft HoloLens genaue Maschinen- und Diagnosedaten einzusehen. Die gemeinsame Lösung umfasst FactoryTalk Analytics, die MOM-Plattformen sowie die Plattform ThingWorx von PTC inklusive der Middleware Kepware und der AR-Lösung Vuforia.