Actbots automatisieren Standardtransaktionen
Aus der Verknüpfung von Chatbots, Robotic Process Automation (RPA) und Cognitive Computing entstehen sogenannte Actbots. Erste Anwendungsfälle zeigen, dass erhebliche Produktivitätssprünge bei Standardtransaktionen mit Kunden und Lieferanten realisierbar sind.
Gibt man „Chatbot“bei Google Trends ein, zeigt sich, welche steile Karriere der Begriff seit Mitte 2016 zurückgelegt hat. Aber nicht nur das Wort, auch die Technik hat sich erstaunlich schnell verbreitet. In einer US-amerikanischen Studie von Anfang 2018 gaben bereits 15 Prozent der Teilnehmer an, einen Chatbot genutzt zu haben. Die Vorzüge liegen auf der Hand: Die Verfügbarkeit rund um die Uhr und die Schnelligkeit der Reaktion überzeugen die Nutzer. Und die Aussicht auf geringere Kosten überzeugt die Unternehmen.
Gleichzeitig hat im Back Office der Unternehmen eine zweite Technik einen rasanten Aufstieg erlebt: Robotic Process Automation, die Automatisierung von Geschäftsprozessen mit Bots. Nach einer Untersuchung der Everest Group hat sich der RPA-Software-Markt allein im Jahr 2017 auf eine halbe Milliarde Dollar verdoppelt. Für die nächsten Jahre wird ein jährliches Wachstum von 75 bis 90 Prozent erwartet.
RPA-Systeme reduzieren Fehler und sind schneller als der Mensch
Das ist nicht ganz so überraschend, wenn man bedenkt, dass fehleranfällige Aktionen wie Bestelländerungen, Saldenbestätigungen, Aufgaben des Internen Kontrollsystems (IKS) oder die Rechnungserstellung von einem Bot zuverlässiger und schneller erledigt werden können als von Menschenhand.
Zudem sinken die Kosten, und das Risiko ist gering. Ein RPA-Bot ahmt manuelle Nutzeraktionen wie Mausbewegungen oder Klicks schließlich nur nach. Er bleibt also an der Benutzeroberfläche von CRM- oder ERP-Systemen und interagiert auf nichtinvasive Weise mit jeder Art von Infrastruktur.
Zugleich agieren Computer durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz im Rahmen des Cognitive Computing immer menschenähnlicher. Das macht Cognitive Computing gerade im Umfeld gut kalkulierbarer Standardtransaktionen mit Kunden oder Lieferanten attraktiv. Die Verbindung von Chatbot, RPA und Cognitive Computing ist daher keine allzu ferne Zukunftsmusik. In der Branche hat man dafür auch schon neue Abkürzungen gefunden: Cognitive Process Automation (CPA) oder Intelligent Process Automation (IPA).
Bei der Auswahl von RPA- und Cognitive-Software ist es wichtig, sowohl die fachlichen An-
forderungen eines Unternehmens als auch dessen vorhandene IT-Landschaft zu betrachten. Je nachdem, welcher Anwendungsfall automatisiert werden soll, haben die Anbieter unterschiedliche Stärken. Beim Use Case Actbot wird ein RPA-Bot durch eine Mail oder einen Chatbot gesteuert. Dadurch entsteht etwas Neues, was heute in den Unternehmen noch nicht etabliert ist.
Bearingpoint, Cognesys und Servicetrace arbeiten zusammen
In unserem Actbot-Beispiel wurden die Anforderungen an die Software anhand einer Entscheidungsmatrix ermittelt und bewertet. Im Fall Cognitive Computing und Chatbot sprach das semantische Konzept für den KI-Anbieter Cognesys. Für die RPA-Interaktion mit Salesforce und SAP S/4HANA fiel die Entscheidung auf das patentierte Bilderkennungsverfahren sowie das REST-API des Darmstädter RPA-Spezialisten Servicetrace.
Gemeinsam mit diesen Partnern haben wir eine Entwicklung gestartet, die einen deutlichen Mehrwert für die Prozesse des Kunden und seine Organisation bringen soll. Dabei wird zunächst der Eingangskanal – also Chat oder E-Mail – semantisch interpretiert, und aufgrund des Ergebnisses werden ein oder mehrere RPABots gesteuert. Diese sorgen für die Verarbeitung der jeweiligen Prozesse in Standardsoftwareprodukten wie CRM von Salesforce oder ERP/MM von S/4HANA.
Drei Use Cases zeigen die Möglichkeiten
Um einen gemeinsamen Piloten für Produktionsunternehmen zu entwickeln, haben Bearing- point, Cognesys und Servicetrace drei Use Cases ausgewählt, die in den meisten Unternehmen vorkommen. Sie veranschaulichen, wie durch die Koppelung von Mail-Bearbeitung beziehungsweise Chat und RPA Unternehmensbereiche wie Kunden-Support, Finanzbuchhaltung oder Reklamations-Management deutlich effizienter betrieben werden können.
Use Case 1: Direkte Kundenkommunikation mit Salesforce und Abgleich des Produktbestands in SAP S/4HANA im Modul MM. Abwicklung und Änderung der Bestellung zu einer Expressbestellung mit abschließendem Rechnungsversand über das SAP-Modul SD.
Dieser Use Case geht vom Wunsch des Kunden aus, mehr Informationen zu seinen Bestellungen (etwa zu Ersatzteilen) zu erhalten. Wie funktioniert das mit einem Actbot? Der Kunde befindet sich auf der Website beziehungsweise im Portal eines produzierenden Unternehmens und fragt über einen Chatbot seinen Bestellstatus ab. Der Chatbot ist über eine direkte Schnittstelle mit dem CRM-System von Salesforce verbunden und prüft den Status ab. Der durch das semantische Konzept mögliche generische Dialog hat zur Folge, dass der Chat dem Kunden alle Bestellungen anzeigt und zugehörige Informationen übermittelt.
Danach kann der Kunde fragen, ob für eine seiner Bestellungen eine Expresslieferung möglich ist. Der Chatbot gibt die Informationen über ein REST API an den RPA-Bot weiter, und der prüft im SAP-S/4HANA-Modul MM, ob eine kritische Bestandsmenge vorhanden ist. Ist das der Fall, übergibt der RPA-Bot die Information an den Chatbot, und der bestätigt dem Kunden, dass eine Expresslieferung zu einem bestimmten Preis möglich ist.
Wenn der Kunde die Expresslieferung über den Chatbot bestätigt und seine E-Mail-Adresse übergibt, wird nach einer Zustimmung zum Datenschutz und wieder über den RPA-Bot der Prozess der Rechnungserstellung eingeleitet. Der RPA-Bot meldet sich im S/4HANA-Modul FI/SD an, erstellt eine Ausgangsrechnung und versendet diese an die Kunden-Mail-Adresse. Der Chatbot weist den Kunden darauf hin, dass er in Kürze die Rechnung in seinem elektronischen Postfach finden wird.