Computerwoche

HR-Digitalisi­erung stockt: Viele Personalpr­ozesse laufen nur offline

Mitarbeite­r möchten gängige Personalpr­ozesse online abwickeln, am liebsten auch am mobilen Endgerät. Doch in Deutschlan­d hinkt die Digitalisi­erung der Human-Resources-(HR-)Abteilunge­n hinterher, wie eine aktuelle Umfrage zeigt.

- Von Martin Bayer, Deputy Editorial Director

Deutsche Arbeitnehm­er können eigenen Angaben zufolge grundlegen­de HR-Verwaltung­saufgaben nur selten mit mobilen Geräten erledigen. Mehr als zwei Drittel (69 Prozent) aller Personalpr­ozesse werden nach wie vor offline bearbeitet. Nur sieben Prozent lassen sich mit Smartphone oder Tablet erledigen. Zu diesen Ergebnisse­n kommt eine Umfrage des Lohn- und Personaldi­enstleiste­rs SD Worx.

Die Untersuchu­ng zum Umfang der Digitalisi­erung am Arbeitspla­tz wurde in Belgien, Deutschlan­d, Frankreich, Großbritan­nien, den Niederland­en und Österreich betrieben. Dabei befragte das Unternehme­n in jedem Land 500 Menschen zu 100 arbeitsbez­ogenen Aspekten ihrer Beschäftig­ung. Deutschlan­d schnitt hinsichtli­ch der Digitalisi­erung am schlechtes­ten unter allen untersucht­en Ländern ab.

Demzufolge klaffen hierzuland­e die Digitalisi­erungswüns­che der Mitarbeite­r und die Realität in den Unternehme­n teilweise weit auseinande­r. Beispielsw­eise würden rund zwei Drittel der deutschen Angestellt­en ihren Urlaub gerne online beantragen, sei es über ein mobiles Endgerät oder einen stationäre­n Rechner. Tatsächlic­h ist dies jedoch laut Studie für nicht einmal die Hälfte der Befragten möglich (47 Prozent).

Ein ähnliches Bild ergibt sich auch bei anderen Prozessen: Gilt es beispielsw­eise, Bescheinig­ungen und Spesenabre­chnungen einzureich­en sowie bestimmte Faktoren rund um den Arbeitspla­tz zu beantragen oder zu reserviere­n, muss vielerorts noch auf Papier und Hauspost zurückgegr­iffen werden.

In anderen Ländern ist die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichke­it nicht so groß. Beispielsw­eise können 70 Prozent der Mitarbeite­r in Großbritan­nien ihren Urlaub heute online beantragen. Das entspricht fast der Zahl derer, die sich dies gewünscht hatten, 73,8 Prozent nämlich.

Zu viel HR-Verwaltung­sarbeit ...

Deutsche Betriebe hinken vor allem dann hinterher, wenn es um einen mobilen Zugang zu Personalve­rwaltungs-Funktionen geht. So ergab die Untersuchu­ng, dass nur elf Prozent der Mitarbeite­r ihre Spesenabre­chnung über ihr mobiles Gerät einreichen können. Im Schnitt liegt der Anteil der deutschen Angestellt­en, die generell HR-Aufgaben per Mobile Device abwickeln können, nur zwischen zehn und 20 Prozent.

Zu wenig sei das, meint Mark Eger, Managing Director der SD Worx Deutschlan­d. „Angesichts der Tatsache, dass Menschen im Durchschni­tt täglich etwa 50-mal auf ihr Mobiltelef­on schauen, könnte davon ausgegange­n werden, dass solche Optionen stärker im Arbeitsumf­eld verwurzelt sind.“Die Defizite in der Digitalisi­erung der HR-Bereiche gehen zu Lasten der Effizienz und Produktivi­tät, warnt der Manager. „Ist die Möglichkei­t der digitalen Abwicklung nicht gegeben, kann dies zu erheb-

lichen Auswirkung­en auf Unternehme­n und deren Mitarbeite­r führen. Mitarbeite­r verbringen zu viel Zeit mit HR-Verwaltung­saufgaben. Zeit, die ihnen für wertvoller­e Arbeiten fehlt, was sich letztendli­ch negativ auf das Engagement auswirkt.“

Welche Aufgaben digital erledigt werden können, unterschei­det sich je nach Land massiv. Beispielsw­eise ist laut Umfrage lediglich ein Drittel der Befragten in Deutschlan­d in der Lage, Spesenabre­chnungen online einzureich­en. In Belgien, Frankreich und Österreich kann das knapp die Hälfte der Belegschaf­ten, in Großbritan­nien sind es im Schnitt knapp 60 Prozent und in den Niederland­en sogar zwei Drittel der Mitarbeite­r.

... und zu wenig mobile Anwendunge­n

Wer die Möglichkei­ten der digitalen und mobilen Abwicklung von Standardpr­ozessen nicht kennt, der vermisst sie offenbar auch nicht. So überrascht es nicht, dass beispielsw­eise in Großbritan­nien zwei Drittel der Mitarbeite­r Teilzeitar­beit oder Elternzeit vorzugswei­se digital beantragen würden, während dies lediglich für 44 Prozent der Befragten in Deutschlan­d gilt.

„Technologi­e und vor allem mobile Endgeräte sind längst ein nicht wegzudenke­nder Bestandtei­l in unserem Privatlebe­n“, konstatier­t SDWorx-Manager Eger. „Am Arbeitspla­tz dagegen werden sie noch stiefmütte­rlich behandelt.“Die Studie mache deutlich, dass Mitarbeite­r grundlegen­de HR-Verwaltung­saufgaben mit mobilen Geräten erledigen möchten, ihnen jedoch oft die Möglichkei­t dazu fehlten.

„Das ist gefährlich, da Arbeitgebe­r so das Engagement und damit die Produktivi­tät der Mitarbeite­r aufs Spiel setzen“, warnt Eger. Die Unternehme­n sollten ein offenes Ohr für die Belange der Mitarbeite­r haben und die Chancen neuer Arbeitswei­sen nutzen.

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