Lernen mit dem Chatbot
Die IT-Beratung MaibornWolff setzt auf kurze, situativ nutzbare Lernangebote, an denen sich Mitarbeiter unkompliziert bedienen können – auch dank digitaler Helfer.
Lebenslanges Lernen in der IT bedeutet einen Zustand zu erreichen, in dem immer wieder neue Probleme schnell gelöst werden können. Die IT-Beratung MaibornWolff setzt darum auf kurze, situativ nutzbare Lernangebote, die sich die Mitarbeiter unkompliziert holen können – auch dank digitaler Helfer.
Für IT-Berater ist ständiges Lernen essenziell, schließlich sollen sie ihren Kunden immer einen Schritt voraus sein, um sie in die digitale Zukunft zu begleiten. So weit die Theorie. Im Berufsalltag verflüchtigt sich jedoch das Erlernte, das man in einer Weiterbildung gewonnen hat, nur allzu schnell. Das erkannte auch die Münchner IT-Beratung MaibornWolff und begann vor zwei Jahren, Lernen neu und vor allem digital zu denken.
Am Anfang stand der Gedanke, dass sich ITSpezialisten die Kompetenzen, die sie zur Lösung einer Aufgabe benötigen, selbstständig aneignen werden – solange sie ihre Wissenslücken benennen können. Also legte man Wert darauf, den Mitarbeitern ihre Potenziale bewusst zu machen, damit sie ihre Fähigkeit zum Lernen stärken, anstatt stumpf Wissen anzuhäufen.
Kurze Einheiten mit Podcasts, Videos und Gruppenübungen
Heute ermöglicht MaibornWolff Lernen im Joballtag, ohne eine klassische Seminarsituation zu benötigen. „Wissen und Können werden nicht mehr im Tagesseminar vermittelt und geübt, sondern in kürzeren Einheiten und über verschiedene Wege. Das kann über einen halbstündigen Podcast, ein Video, einen Buchtipp, aber auch über Diskussionsrunden oder Gruppenübungen für Teams passieren“, erklärt Franziska Schleuter. Sie leitet das Leadership Program bei MaibornWolff, in dem die Führungskräfte als Erste mit den neuen Lernformen experimentieren sollen.
Zu den kürzeren Einheiten passt auch, dass Lernen dank digitaler Lerncoaches wie dem Chatbot skim.io nun jederzeit möglich und damit gut in den Joballtag integrierbar ist. Einstellungsgespräche zum Beispiel werden bei MaibornWolff nicht von HR-Spezialisten, sondern von fachlichen Mitarbeitern aus der Beratung geführt, die dafür bisher zweimal im Jahr ein Training von professionellen Recruitern erhielten. Mittlerweile bereiten sich diese Fachleute mit einem Bot auf solch ein Vorstellungsgespräch vor. Der Roboter erhebt zunächst anhand von einigen Fragen den Wissens- und Erfahrungsstand, um dann für jeden Tag einen kleinen Auftrag zu erteilen. Die Mitarbeiter müssen etwa darüber nachdenken, was sie selbst an ihrem Unternehmen schätzen, und auch die Kollegen danach fragen. Oder sie werden aufgefordert, Unterlagen zu lesen oder sich zu einem Bewerbungsgespräch dazuzusetzen.
„Ich lerne, wenn ich weiß, wofür“
Volker Maiborn, der als einer von fünf Geschäftsführern das neue Lernen vorantreibt, ist überzeugt: „Lernen funktioniert immer intrinsisch.
Wenn ich ein konkretes Problem lösen muss, etwa ein erstes Bewerbergespräch zu führen, weiß ich, wofür ich lerne. In dem Fall erfahre ich, welche Fragen ich dem Bewerber stellen sollte und wie ich das Unternehmen präsentieren kann. Für uns ist darum wichtig, die Mitarbeiter mit vielen unterschiedlichen und situationsbezogenen Lernangeboten abzuholen.“
Jedes Lernangebot als U-Bahn-Haltestelle
MaibornWolff hat sich mit diesem Lernansatz erfolgreich beim Digital Leader Award (DLA) von IDG und Dimension Data Deutschland beworben. Seine Lernangebote stellt das Unternehmen als Verkehrsplan mit unterschiedlichen Linien, Haltestellen und Tarifzonen dar: Die Linien des Plans beschreiben Themen, etwa Unternehmertum oder humane Führung. Jede Haltestelle entspricht einem Lernangebot. Wie echte U-Bahnhöfe sieht auch jede Lern-Haltestelle anders aus: Neben dem Buchtipp über laterales Führen gibt es einen zweistündigen Impuls über Attributionstheorien. Die Tarifzonen entsprechen verschiedenen Kompetenzlevels, etwa personaler oder Methodenkompetenz.
„Der Liniennetzplan schafft viel Transparenz“, sagt Franziska Schleuter. „Wir erkennen, zu welchen Themen wir ausreichend Angebote haben und auf welche Kompetenzen ein Lernangebot einzahlt.“So stellte man fest, dass sich die Lernangebote stark auf Kompetenzen konzentriert und das Thema Wirtschaftlichkeit zu wenig berücksichtigt hatten.
Schleuter legt Wert darauf, dass Lernen als iterativer Prozess abläuft. „Lernen ist bei uns grundsätzlich immer im Experimentierstadium. Wir wollen experimentieren und vieles zusammen mit den Trainern ausprobieren, um dann herauszufinden, was am besten passt. Das heißt auch: Wenn etwas nicht funktioniert, lassen wir es wieder bleiben.“Und für Volker Maiborn gilt für die Lernkultur wie für den digitalen Wandel an sich: „Echte Transformation braucht Zeit, man kann nicht alles beliebig beschleunigen.“