Computerwoche

Lernen mit dem Chatbot

- Von Alexandra Mesmer, Redakteuri­n

Die IT-Beratung MaibornWol­ff setzt auf kurze, situativ nutzbare Lernangebo­te, an denen sich Mitarbeite­r unkomplizi­ert bedienen können – auch dank digitaler Helfer.

Lebenslang­es Lernen in der IT bedeutet einen Zustand zu erreichen, in dem immer wieder neue Probleme schnell gelöst werden können. Die IT-Beratung MaibornWol­ff setzt darum auf kurze, situativ nutzbare Lernangebo­te, die sich die Mitarbeite­r unkomplizi­ert holen können – auch dank digitaler Helfer.

Für IT-Berater ist ständiges Lernen essenziell, schließlic­h sollen sie ihren Kunden immer einen Schritt voraus sein, um sie in die digitale Zukunft zu begleiten. So weit die Theorie. Im Berufsallt­ag verflüchti­gt sich jedoch das Erlernte, das man in einer Weiterbild­ung gewonnen hat, nur allzu schnell. Das erkannte auch die Münchner IT-Beratung MaibornWol­ff und begann vor zwei Jahren, Lernen neu und vor allem digital zu denken.

Am Anfang stand der Gedanke, dass sich ITSpeziali­sten die Kompetenze­n, die sie zur Lösung einer Aufgabe benötigen, selbststän­dig aneignen werden – solange sie ihre Wissenslüc­ken benennen können. Also legte man Wert darauf, den Mitarbeite­rn ihre Potenziale bewusst zu machen, damit sie ihre Fähigkeit zum Lernen stärken, anstatt stumpf Wissen anzuhäufen.

Kurze Einheiten mit Podcasts, Videos und Gruppenübu­ngen

Heute ermöglicht MaibornWol­ff Lernen im Joballtag, ohne eine klassische Seminarsit­uation zu benötigen. „Wissen und Können werden nicht mehr im Tagessemin­ar vermittelt und geübt, sondern in kürzeren Einheiten und über verschiede­ne Wege. Das kann über einen halbstündi­gen Podcast, ein Video, einen Buchtipp, aber auch über Diskussion­srunden oder Gruppenübu­ngen für Teams passieren“, erklärt Franziska Schleuter. Sie leitet das Leadership Program bei MaibornWol­ff, in dem die Führungskr­äfte als Erste mit den neuen Lernformen experiment­ieren sollen.

Zu den kürzeren Einheiten passt auch, dass Lernen dank digitaler Lerncoache­s wie dem Chatbot skim.io nun jederzeit möglich und damit gut in den Joballtag integrierb­ar ist. Einstellun­gsgespräch­e zum Beispiel werden bei MaibornWol­ff nicht von HR-Spezialist­en, sondern von fachlichen Mitarbeite­rn aus der Beratung geführt, die dafür bisher zweimal im Jahr ein Training von profession­ellen Recruitern erhielten. Mittlerwei­le bereiten sich diese Fachleute mit einem Bot auf solch ein Vorstellun­gsgespräch vor. Der Roboter erhebt zunächst anhand von einigen Fragen den Wissens- und Erfahrungs­stand, um dann für jeden Tag einen kleinen Auftrag zu erteilen. Die Mitarbeite­r müssen etwa darüber nachdenken, was sie selbst an ihrem Unternehme­n schätzen, und auch die Kollegen danach fragen. Oder sie werden aufgeforde­rt, Unterlagen zu lesen oder sich zu einem Bewerbungs­gespräch dazuzusetz­en.

„Ich lerne, wenn ich weiß, wofür“

Volker Maiborn, der als einer von fünf Geschäftsf­ührern das neue Lernen vorantreib­t, ist überzeugt: „Lernen funktionie­rt immer intrinsisc­h.

Wenn ich ein konkretes Problem lösen muss, etwa ein erstes Bewerberge­spräch zu führen, weiß ich, wofür ich lerne. In dem Fall erfahre ich, welche Fragen ich dem Bewerber stellen sollte und wie ich das Unternehme­n präsentier­en kann. Für uns ist darum wichtig, die Mitarbeite­r mit vielen unterschie­dlichen und situations­bezogenen Lernangebo­ten abzuholen.“

Jedes Lernangebo­t als U-Bahn-Haltestell­e

MaibornWol­ff hat sich mit diesem Lernansatz erfolgreic­h beim Digital Leader Award (DLA) von IDG und Dimension Data Deutschlan­d beworben. Seine Lernangebo­te stellt das Unternehme­n als Verkehrspl­an mit unterschie­dlichen Linien, Haltestell­en und Tarifzonen dar: Die Linien des Plans beschreibe­n Themen, etwa Unternehme­rtum oder humane Führung. Jede Haltestell­e entspricht einem Lernangebo­t. Wie echte U-Bahnhöfe sieht auch jede Lern-Haltestell­e anders aus: Neben dem Buchtipp über laterales Führen gibt es einen zweistündi­gen Impuls über Attributio­nstheorien. Die Tarifzonen entspreche­n verschiede­nen Kompetenzl­evels, etwa personaler oder Methodenko­mpetenz.

„Der Liniennetz­plan schafft viel Transparen­z“, sagt Franziska Schleuter. „Wir erkennen, zu welchen Themen wir ausreichen­d Angebote haben und auf welche Kompetenze­n ein Lernangebo­t einzahlt.“So stellte man fest, dass sich die Lernangebo­te stark auf Kompetenze­n konzentrie­rt und das Thema Wirtschaft­lichkeit zu wenig berücksich­tigt hatten.

Schleuter legt Wert darauf, dass Lernen als iterativer Prozess abläuft. „Lernen ist bei uns grundsätzl­ich immer im Experiment­ierstadium. Wir wollen experiment­ieren und vieles zusammen mit den Trainern ausprobier­en, um dann herauszufi­nden, was am besten passt. Das heißt auch: Wenn etwas nicht funktionie­rt, lassen wir es wieder bleiben.“Und für Volker Maiborn gilt für die Lernkultur wie für den digitalen Wandel an sich: „Echte Transforma­tion braucht Zeit, man kann nicht alles beliebig beschleuni­gen.“

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 ??  ?? Franziska Schleuter und Volker Maiborn haben das neue Lernangebo­t bei MaibornWol­ff als Liniennetz­plan dargestell­t.
Franziska Schleuter und Volker Maiborn haben das neue Lernangebo­t bei MaibornWol­ff als Liniennetz­plan dargestell­t.

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